Nikolaus Lenau
13.08.1802 - 22.08.1850
Österreichischer Schriftsteller
Nikolaus Lenau, eigentlich Nikolaus Franz Niembsch (seit 1820) Edler von Strehlenau (* 13. August 1802 in Csatád (deutsch Tschadat, seit 1926 Lenauheim) im Banat, Königreich Ungarn, heute Rumänien; † 22. August 1850 in Oberdöbling, heute ein Stadtteil Wiens), war ein österreichischer spätromantischer Schriftsteller.
Leben
Nachdem sein Vater, ein habsburgischer Beamter, in Budapest im Jahre 1807 gestorben war, blieben die Kinder unter der Obhut der Mutter, die sich 1811 wieder verheiratete. Der Vater war der Spielsucht verfallen und ließ die Familie verarmt zurück. Durch den Einsatz ihres Erbes ermöglichte die Mutter Sohn Nikolaus, das Piaristengymnasium in Pest zu besuchen. 1822 ging Lenau an die Universität Wien und später nach Pressburg und studierte Philosophie, Landwirtschaft und Medizin. Er konnte sich für keinen Beruf entscheiden und begann schon als Jugendlicher Verse zu schreiben. Nach dem Tod seiner Mutter im Jahre 1829 versank er in Schwermut. Lenaus Melancholie mündete zwischen 1832 und 1844 in eine kreative Schaffensphase und ein umfangreiches Werk. Eine Erbschaft seiner Großmutter 1830 erlaubte es ihm, sich ganz der Poesie zu widmen. Seine ersten Gedichte waren schon 1827 in der Zeitschrift Aurora des jungen Verlegers Johann Gabriel Seidl erschienen.
Anfang November 1831 kam Lenau nach Heidelberg, um hier die medizinische Doktorprüfung abzulegen. Er wohnte im „König von Portugal“ (Hauptstr. 146). In Heidelberg lernte er Gustav Schwab kennen, der ihm die Veröffentlichung seiner Gedichte bei Cotta vermittelte. 1832 widmete Lenau ihm seinen ersten Gedichtband. In Heidelberg war Lenau Mitbegründer der Burschenschaft Frankonia, die am 13. Dezember 1831 nach langen vergeblichen Mühen vom Senat die Zulassung erhielt. Er hatte schon ab 1820 in Wien Kontakt zu Burschenschaftern und muss ihn unmittelbar nach seiner Ankunft in Heidelberg wieder aufgenommen und weiter gepflegt haben. Eine verbotene Burschenschaft, die nach ihrem damaligen Kneiplokal, dem „Goldenen Fäßchen“ (Ingrimstr. 16), den Namen „Fäßlerianer“ trug, nahm ihn auf, wovon ein Brief vom 1. Dezember 1831 an Karl Mayer Zeugnis ablegt.
Nach einer Fehlspekulation an der Börse, bei der er die Hälfte seines großen Erbes verlor, und wohl auch inspiriert durch überschwängliche Reisebeschreibungen Nordamerikas (Gottfried Duden, Bericht über eine Reise nach den westlichen Staaten von Nordamerika, Bonn 1829), beschloss Lenau, sich selbst in die USA einzuschiffen, Land zu kaufen und Pächter für sich arbeiten zu lassen: „Ich will meine Phantasie in die Schule - in die nordamerikanischen Urwälder schicken (...)“. Am 27. Juli 1832 brach Lenau auf dem Ostindienfahrer Baron von der Kapellen von Amsterdam aus auf. Aufgrund einer Kollision vor der holländischen Küste bei Texel verzögerte sich die Überfahrt. Er landete erst am 8. Oktober 1832 in Baltimore, wo er nur zehn Tage blieb. Kurze Zeit lebte er in Bedford, Pennsylvania und machte auf seinem weiteren Weg nach Pittsburgh Station in Old Economy, Pennsylvania (heute Harmony, PA, nicht zu verwechseln mit der späteren frühsozialistischen Kommune New Harmony in Indiana). Der deutsche Pietist und Asket Johann Georg Rapp hatte in Old Economy seit 1805 mit etwa 700 Anhängern eine Gütergemeinschaft gegründet, war allerdings schon 1814 weiter gezogen nach Indiana, weil die Ländereien in Ohio wenig tauglich waren für den Obstanbau. Gleichwohl blieb Old Economy auch nach dem Verkauf (1815) Anziehungspunkt für Künstler und Schriftsteller.
Lenau kaufte in Crawford County/Ohio 400 Morgen Land, um das er sich allerdings in der Folge bis zu seinem Tod nur noch widerwillig kümmerte. Ziel Lenaus waren die Niagarafälle, die den Romantiker in der Tat sehr beeindruckten (Gedichte Niagara, Die drei Indianer). Das Leben in Amerika und der dort seines Erachtens herrschende Materialismus enttäuschten ihn jedoch. Vermutlich im April/Mai 1833 schiffte er sich von New York City aus auf einem Segler ein und reiste zurück nach Europa. Er sprach später abfällig vom „englischen Talergelispel“ und bezeichnete die Vereinigten Staaten nach seiner Rückkehr nach Deutschland gegenüber seinem Freund Justinus Kerner als „verschweinte Staaten von Amerika“. Ferdinand Kürnbergers Roman Der Amerika-Müde (1855) thematisiert u. a. Lenaus Enttäuschung über Amerika, ist aber nicht dokumentarisch. Vielmehr schöpfte Kürnberger aus zeitgenössischen Reisebeschreibungen. Angekommen in Bremen, stellte Lenau fest, dass er in seiner Abwesenheit zu einem gefeierten Dichter geworden war. In Wolfgang Menzels Literatur-Blatt wurden ihm Lorbeerkränze geflochten. Von nun an lebte er wechselweise in Stuttgart und Wien. 1836 erschien seine Fassung des Faust, im nächsten Jahr „Savonarola“, ein episches Werk, in dem Freiheit von politischer und geistiger Tyrannei als wesentliches Merkmal des Christentums erscheint. Seine Neueren Gedichte, die 1838 erschienen, sind zum Teil von seiner hoffnungslosen Leidenschaft für Sophie von Löwenthal, geborene von Kleyle (1810–1889), die Frau eines Freundes, geprägt. 1842 erschienen „Die Albigenser“, und 1844 begann er mit der Niederschrift seines Don Juan, wovon ein Fragment nach seinem Tod erschien. Im selben Jahr verfiel er nach einem Schlaganfall in zunehmende geistige Umnachtung, wurde im Oktober 1844 in die Nervenheilanstalt Winnenthal bei Stuttgart eingeliefert und im Mai 1847 in die Pflegestätte des Dr. Görgen in Oberdöbling bei Wien verlegt, wo er noch drei Jahre bis zu seinem Tod verbrachte.
Sein Grab befindet sich am Friedhof von Weidling in Niederösterreich.