Das Burgfräulein von Windeck
Halt an den schnaubenden Rappen,
Verblendeter Rittersmann!
Gen Windeck fleucht, dich verlockend,
Der luftige Hirsch hinan.
Und vor den mächtigen Türmen,
Vom äußern verfallenen Tor
Durchschweifte sein Auge die Trümmer,
Worunter das Wild sich verlor.
Da war es so einsam und stille,
Es brannte die Sonne so heiß,
Er trocknete tiefaufatmend
Von seiner Stirne den Schweiß.
»Wer brächte des köstlichen Weines
Mir nur ein Trinkhorn voll,
Den hier der verschüttete Keller
Verborgen noch hegen soll?«
Kaum war das Wort beflügelt
Von seinen Lippen entflohn,
So bog um die Efeu-Mauer
Die sorgende Schaffnerin schon.
Die zarte, die herrliche Jungfrau,
In blendend weißem Gewand,
Den Schlüsselbund im Gürtel,
Das Trinkhorn hoch in der Hand.
Er schlürfte mit gierigem Munde
Den würzig köstlichen Wein,
Er schlürfte verzehrende Flammen
In seinen Busen hinein.
Des Auges klare Tiefe!
Der Locken flüssiges Gold! –
Es falteten seine Hände
Sich flehend um Minnesold.
Sie sah ihn an mitleidig
Und ernst und wunderbar,
Und war so schnell verschwunden,
Wie schnell sie erschienen war.
Er hat seit dieser Stunde,
An Windecks Trümmer gebannt,
Nicht Ruh, nicht Rast gefunden,
Und keine Hoffnung gekannt.
Er schlich im wachen Traume,
Gespenstig, siech und bleich,
Zu sterben nicht vermögend,
Und keinem Lebendigen gleich.
Sie sagen: sie sei ihm zum andern
Erschienen nach langer Zeit,
Und hab ihn geküßt auf die Lippen,
Und so ihn vom Leben befreit.
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