Georgis
Georgis, Held Georgis, hast oft die Hände rot
Gefärbt in Türkenblute, gib Einem noch den Tod.
Wer aber bringt dir Kunde aus ferner Heimat her?
Du trägst nun Sklavenbande in unsrer Feinde Heer.
Der Türke Ariph schaltet in Kretas ebnem Land,
Er hat die stolze Botschaft den Rajas rings gesandt:
Es sollen eure Töchter erscheinen allzumal,
Zu meiner Lust zu tanzen vor mir in meinem Saal.
Und an Georgis' Vater sein Wort ergangen ist:
»Es werde deine Tochter beim Tanze nicht vermißt.«
Sie kam, und als am Abend er frei die andern sprach,
Da hatt er sie erkoren zu seines Bettes Schmach.
Die Jungfrau, stark und tüchtig, von aller Hülfe bloß,
Entwand sich dem Versucher und rang von ihm sich los;
Im schnellen Lauf entflohen dem prunkenden Gemach,
Erreichte, fromm und züchtig, sie bald das heim'sche Dach.
Zu ihres Vaters Hause am Morgen Ariph ging,
Der Greis auf seiner Schwelle den argen Gast empfing;
Er schickt ihn aus zum Frondienst und dringt ins Innre nun;
Die Jungfrau sucht der Wilde, Gewalt ihr anzutun.
Vor ihr in ihrer Kammer in Waffen er erscheint,
Die Türen sind verschlossen, er nun zu siegen meint;
Mit mannlichem Erkühnen greift selber sie ihn an,
Er liegt vor ihr entwaffnet, ein furchtsam feiger Mann.
Da schwur er beim Propheten ihr einen teuren Eid,
Er würde nun und nimmer versuchen eine Maid;
Da gab sie dem Bezwungnen die Freiheit, aufzustehn:
Und schenkt' ihm seine Waffen, und hieß hinaus ihn gehn.
Er aber zähneknirschend, der tiefen Schmach bewußt,
Nach blut'ger Rache dürstend, stößt schnell in ihre Brust
Denselben Dolch, den eben ihm ihre Hand gereicht;
Sie sinkt zu seinen Füßen, verblutet und erbleicht.
Vom Frondienst kommt der Alte zurück in böser Stund,
Er schaut die teure Leiche und ringt die Hände wund:
»Mein Sohn, mein Sohn Georgis, hast oft die Hände rot
Gefärbt in Türkenblute, gib Einem noch den Tod.«
Und Ariph hört den Jammer und schaut des Greises Schmerz; –
Es ist ein Schuß gefallen, die Kugel traf ins Herz;
Der Vater und die Tochter sind blutig nun vereint,
Und keiner ist vorhanden, der über beide weint.
Georgis, Held Georgis, hast oft die Hände rot
Gefärbt in Türkenblute, gib Einem noch den Tod.
Wer aber bringt dir Kunde aus ferner Heimat her?
Du trägst nun Sklavenbande in unsrer Feinde Heer.
Die Möven bringen Kunde von Kretas heim'schem Strand,
Er hört die Möven, schüttelt und sprengt sein Sklavenband,
Ein Landsmann schafft ihm Waffen, ein andrer Überfahrt,
Er brütet Tag' und Nächte auf Rache seltner Art.
Was wühlt er stumm und grausig ein neugeschüttet Grab,
Und stört die Leiche dessen, der ihm das Leben gab?
Wohl schneidet aus dem Herzen er Ariphs Blei hervor,
Und ladet vielbedächtig damit sein Feuerrohr.
Der Türke hat vernommen, sein Feind ist heimgekehrt,
Er schickt ihm eine Botschaft, daß seiner er begehrt.
»Er möge heim mich suchen, ich traur im öden Haus,
Ich komme nicht zu Ariph, und trete nicht hinaus.«
Wie jener es gehöret, erwacht der alte Groll,
Er rufet seine Türken und spricht bedeutungsvoll:
»Mir folgen zehn in Waffen! der Raja spricht mir Hohn, –
Dem Vater und der Tochter gesell ich noch den Sohn.«
Er schreitet zu Georgis wohl in das Haus hinein;
Der Held saß überm Tische und trank den kühlen Wein,
Er greift nach seiner Waffe: »Hab oft die Hände rot
Gefärbt in Türkenblute, dir schuld ich noch den Tod.«
Er spricht's, und schießt zurücke die Kugel, die er nahm
Aus seines Vaters Leiche, auf den, von dem sie kam;
Er zielte nach dem Herzen und trifft, der Schütze, gut, –
Der Ariph wälzt sich röchelnd in seinem schwarzen Blut.
Georgis, Held Georgis, hast oft die Hände rot
Gefärbt in Türkenblute, gabst Ariph auch den Tod;
Dein Nachruhm lebt in Liedern in aller Griechen Mund,
Und wird noch unsern Enkeln in späten Zeiten kund.
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