Siegesfeier in Straßburg
Hallt, Glocken, hallt von Erwins Turm,
Und brausen mag der Jubelsturm
Von Berg zu Berg, von Strom zu Strome!
An jedes Ohr die Botschaft tragt:
In deutsche Luft nun wieder ragt
Der herrlichste der deutschen Dome!
Der alte Frevel ist gerächt,
Der von Geschlechte zu Geschlecht
Uns bittre Schmach vererbt und Schande:
Hallt, Glocken! Von des Nordens Meer
Bis zu den Alpen ruft sie her,
Die Söhne aller deutschen Lande!
Ja freier, wie gelöst vom Bann,
Aufatmet aller Brust; heran
Durchs Münsterthor seh' ich sie wogen,
Und wie ein himmlischer Orkan
Braust Orgelschall, indes sie nahn,
An Gurten hin und Strebebogen.
Und durch die Fensterrose bricht
Ein Farbenglanz herein, wie Licht
Des Regenbogens nach Gewittern;
Allhin bewegt sich's wunderbar,
Wie von Altare zu Altar
Die Strahlen durch den Tempel zittern.
Vom Mund der Cherubim von Stein,
Die oben längs der Pfeilerreihn
Und an den Marmorbecken hängen,
Tönt schmetternder Drommetenstoß,
Als wollt' im tiefsten Erdenschoß
Der Klang die Grabesriegel sprengen.
Der Beter jeder sinkt aufs Knie;
Und durch der andern Reihen, sieh!
Umklungen von den Dankchorälen,
Nahn sich Gestalten schattengleich;
Die sind nicht aus des Lebens Reich,
Sie kommen aus dem Land der Seelen.
Voran, die Locken silberweiß,
In Freudenthränen tritt ein Greis;
Um ihn erschallt von tausend Zungen –
Denn alle haben ihn erkannt –
Dein Lied vom deutschen Vaterland;
Nun ward erfüllt, was er gesungen.
Und rings knien sie, die opferfroh
Auf Leipzigs Feld, bei Waterloo
Um Tod fürs Vaterland geworben;
Lang wurde drüben in der Welt
Der Seligen ihr Glück vergällt
Vom Gram, daß sie umsonst gestorben.
Doch nun, verklärt im Morgenglanz,
Geschmückt mit ihrem Siegeskranz
Und mit der Wunden blut'gen Malen,
Begrüßen sie den hehren Tag
Nach langen Nächten dunkler Schmach
Und sonnen sich in seinen Strahlen.
Und hochher vom Gewölb herab,
Wie von den Engeln, die das Grab
Auf Golgatha erschlossen fanden,
Zu Glockenschall und Orgelklang
Ertönt ein himmlischer Gesang:
Deutschland ist aus der Gruft erstanden!
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