Der von Kürenberg
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Mittelhochdeutscher Dichter von Minneliedern
Der von Kürenberg war ein mittelhochdeutscher Dichter von Minneliedern im 12. Jahrhundert.
Überlieferung
Unter dem Namen Der von Kürenberg sind in der Großen Heidelberger Liederhandschrift (Sigle: C; entstanden knapp nach 1300) 15 Strophen überliefert; von der etwas älteren ‚Budapester Liederhandschrift‘ (Sigle: Bu; Vizkelety stellte Gemeinsamkeiten im Lautstand mit in den beiden letzten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts entstandenen Handschriften fest)‚ sind nur Fragmente, insgesamt drei Blätter, enthalten; darunter die Überschrift ‚Der Herr von Kürenberg‘ und die ersten 9 der ‚Kürenbergerstrophen‘. Dem sprachlichen Befund nach wurde Bu im bayrisch-österreichischen Dialekt im Donauraum zwischen Regensburg und Wien geschrieben.
Der Autor
Ob dem Sammler ein Autorname vorlag oder er den Namen nur aus den Worten „in Kürenberges wîse“ im so genannten ‚Zinnenlied‘ erschloss, ist unbekannt. Die Formel wird auch als Familienname gedeutet, wobei Worstbrock darauf hingewiesen hat, dass allein in der Überlieferung von Bu eine bereits für das 12. Jahrhundert gebräuchliche Bildung vorliegt. Er übersetzt entsprechend: „in der Melodie der Kürenberger“. Orte namens ‚Kürnberg‘ (bzw. ähnlich) gibt es mehrere: sie sind zu kvern; kürn ‚Mühle‘ gebildet. Unter diesen „Mühlenbergen“ wurde des Öfteren der Kürnberger Wald westlich von Linz an der Donau als mögliche Heimat des Dichters genannt. Als Argument dafür wurde angeführt, dass die stilistisch und thematisch nächstverwandten Dichtungen die Lieder Dietmars von Aist sind; die Aist mündet bei Linz in die Donau. Als Kürnberg wird neben mehreren Siedlungen in Bayern auch eine ebenfalls in der Nähe der Aistmündung liegende Siedlung im heutigen St. Peter in der Au bezeichnet.
Ob der Dichter dem Ministerialengeschlecht der Kürenberger angehörte, das im 12. Jh. an verschiedenen Orten in Bayern und im heutigen Ober- und Niederösterreich fassbar ist, ist den Strophen naturgemäß nicht zu entnehmen, doch ist diese Annahme plausibel. Eindeutig und unumstritten ist nur, dass er der Gruppe des donauländischen Minnesangs angehört. Da die Handschrift Bu der Heimat des Dichters entstammt und die gleiche Reihenfolge der Strophen in C und Bu zeigt, dass beide Handschriften auf eine ältere Sammlung zurückgehen, ist es wahrscheinlich, dass die Autornennung keine Fiktion der Zeit um 1300 ist, sondern dass tatsächlich ein ‚Herr von Kürenberg‘ der Autor war. Zur Identifikation mit einer bestimmten Person verhilft das jedoch nicht. Identifikationsversuche gab es mehrere; in jüngster Zeit von Peter Volk.
Volk will den Minnesänger Kürenberger als Sigihard, Bruder des Grafen Heinrich von Schala (beide gestorben um 1191/1192) aus dem Stamm der Tengelinger identifizieren und den mit ‚Kürenberg‘ gemeinten Ort als Kirnberg an der Mank (südlich von Melk, Niederösterreich). Diese Identifizierung von ‚Kürenberg‘ mit Kirnberg an der Mank nannte schon 1857 Moriz Haupt in den Anmerkungen zu ‚Minnesangs Frühling‘ eine mögliche Alternative zum Kürnberger Wald bei Linz; auch die Nennung von Urkunden, in denen Herren von Kürenberg von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis 1217 erwähnt werden, findet sich schon bei Lachmann – Haupt 1857. Beweiskraft können solche Zuweisungsversuche allerdings nie erlangen.
Die Strophenform
Die überlieferten Strophen des Kürenbergers benutzen zwei verschiedene Strophenformen; die Mehrzahl die zweite, die im ‚Zinnenlied‘ mit „Kürenberges wîse“ angesprochen wird und daher als eigentliche ‚Kürenbergerstrophe‘ gilt. Sie wurde vom Nibelungenlied übernommen und ist daher die bekannteste mittelalterliche Strophenform. Sie besteht aus vier Langzeilen, die jede durch eine Zäsur in zwei Halbzeilen getrennt ist. Die Anverse (erste Halbzeilen) sind vierhebig (= haben vier betonte Silben); die Abverse der ersten drei Verse sind dreihebig, der vierte ist vierhebig. Durch die längere Schlusszeile wird die Abgeschlossenheit der Strophe betont. Eine Melodie, auf die diese Strophen gesungen werden könnten, ist nicht überliefert.
Datierung und Bezug zum Nibelungenlied
Die Datierung der Kürenberger-Strophen ist sehr unsicher; sie erwecken einen ziemlich altertümlichen Eindruck, Langzeilenstrophen sind in der Lyrik nach 1200 nicht mehr zu erwarten. Ausgenommen einige anonyme Strophen (oder in den Sammelhandschriften, offensichtlich falsch, unter den Namen von Vortragenden des späteren 13. Jahrhunderts überlieferte, tatsächlich aber anonyme Strophen), machen keine Lieder des deutschen Minnesangs einen altertümlicheren Eindruck als die des Kürenbergers. Er wird daher als ältester namentlich bekannter Dichter von Liebeslyrik in deutscher Sprache bezeichnet. Diese relative Datierung zu den anderen Minnesängern bietet aber wenig Hilfe zur absoluten Datierung in Jahreszahlen. Die absolute Datierung des Kürenbergers spielt auch eine Rolle in der Diskussion, wie eng die Verbindung der Kürenberger-Strophen zum ‚Nibelungenlied‘ zu sehen ist. Die sehr frühe Datierung (vor 1160), die meistens, auch im ‚Verfasserlexikon‘-Artikel von Günther Schweikle, angegeben wird, erfolgt auf Grund nur eines Argumentes: Ein Heinrich nennt in seiner Dichtung ‚Von des todes gehugede‘ seinen Abt Erkenfried. Erkenfried von Melk starb 1163; es gab nur wenige Orte, an denen es einen Abt mit diesem seltenen Namen gab; die Identifikation ist also sehr wahrscheinlich, und die Bezeichnung dieses Autors als Heinrich von Melk und die Datierung besteht zu Recht. In dieser, vom Rittertum Askese statt Lebensgenuss fordernden Dichtung erwähnt er das troutliet singen (‚Liebeslieder singen‘) des Ritters, das zur Hölle führe. Man meint, dass das schon die Existenz des höfischen Minnesangs bezeuge, als dessen frühester Vertreter der Kürenberger anzusehen ist. Der Kürenberger wäre demnach spätestens um 1160 anzusetzen. Dieses Argument ist nicht nur schwach, sondern sogar unglaubwürdig: Heinrich von Melk meint mit den troutliet wohl unproblematische Liebesliedchen nach Art der anonymen Liedchen, wie sie für die frühere Zeit anzusetzen sind. Der Kürenberger zeugt von einem reflektierten Umgang mit der Problematik, die den naiven Liedchen, wie sie Heinrich von Melk den Rittern vorwirft, noch fremd ist. Der Kürenberger reflektiert bereits die höfische Minnekultur. Auch die Beliebtheit der Beizjagd und ihre Verfügbarkeit als literarisches Symbol sollte man nicht zu früh ansetzen. Es wird daher auch eine spätere Datierung, etwa um 1180, erwogen.
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