Der Wald
Der frische Morgenwind
Durch unsre Zweige geht,
Rührt jedes Blatt geschwind,
Wenn er so wohlgemuth durch alle Aeste weht.
Rühr' dich, o Menschenkind,
Was soll die Bangigkeit!
Wirf ab dein kleines Leid,
Komm, komm in unsern Schatten grün,
Wirf alle Sorgen hin,
Erschließ dein Herz der Freudigkeit.
Wir rühren mit Zweigen
In den Himmel hinein,
Und spüren so eigen
Den glänzenden Schein:
Mit Fingern, mit Zweigen, mit Aesten,
Durchrauscht von spielenden Westen,
Durchsungen von Vögelein,
Freun wir uns frisch bis in die Wurzeln hinein.
Wir rauschen, wir flüstern, wir wogen,
Geschirmt vom blauen Himmelsbogen,
Von freundlichen Lüften durchzogen.
Frühlingsglanz!
Frühlingsglanz!
Sey gegrüßt, sey gegrüßt von Abend zu Morgen,
Von Morgen zu Abend:
Komm, Mensch, sei frei von Sorgen
In unserm Schatten, der brüderlich labend. –
Jeder sein eigen,
Birken, Tannen, Eichen,
Stehn wir durchsammen verwirrt,
Doch keiner den andern irrt;
Der streckt die Zweig' in die Weite,
Rührt schirmend das Gras mit der Hand,
Der steht zum Himmel gewandt,
Führt jeder ein Rauschen, sein eigen,
Und schüttelt sich frisch in den Zweigen;
Doch fließt der mannigfalt'ge Klang
In Einen brüderlichen Chorgesang.
So auch die Menschen mitsammen
Die verschieden von Einem nur stammen,
Jeder rührt sich in seinen Zweigen,
Doch alle streben zum Licht zu steigen,
Wenn sich auch viele gegen die Erde neigen,
Sie alle Brüder sein,
Verschiedenheit ist nur Schein,
Sie rauschen verworren durch einander hinein,
Wird dem Klugen ein einziger Chorgesang sein.
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