Weland

Wir hören große Wunder
Vom klugen Weland sagen,
Sein Vater, Riese Vade
Bracht' ihn in jungen Tagen

Zu Mimer, dem verständgen,
Dem Schmid im dunkeln Than,
Dann kam Weland zu Zwergen,
Wo er mehr Kunst gewann.

Zum König Nidung ging er,
Sein Ruhm war weit bekannt,
Er wirkte schöne Schwerdter,
Und manchen Schildesrand.

Und Messer, wunderkünstlich,
Auch Becher goldner Pracht,
Er wurde für den klügsten
Und besten Schmid geacht't.

Durch Welands Weisheit siegte
Nidung, vom Feind gequält,
Drum ward des Königs Tochter
Dankbar dem Mann vermählt.

Als nun der Feind geschlagen,
Weland zum König trat,
Doch zürnend hörte dieser
Nicht, was der Schmid ihn bat.

Er stieß ihn hart zurücke,
Du kannst nicht seyn mein Sohn,
Mein Kind find't ander Glücke! –
So gebt in meinen Lohn,

Laßt mich von dannen ziehen,
Rief Weland, fern von hier;
Du bleibst hier, rief der König,
Das Fortgehn hindr' ich dir.

Am Fuß ließ er die Sehnen
Ihm schneiden; nun geh hin,
Nicht fliehst du, sollt' ich wähnen,
Sprach er mit falschem Sinn.

Hinkend und ungemuthet
Schlich Weland in sein Haus,
Wie schwach er war, doch Rache
Sann seine List ihm aus.

Um schmieden ihn zu sehen
Der Sohn des Königs kam,
Beim Ambos stand der Listge,
Er schnell den Knaben nahm,

Und tödtete ihn heimlich,
Dann faßt' er sein Gebein,
Und goß von Erz und Silber
Viel Leuchter schön und fein,

Die Knochen in den Säulen,
Den Schädel nahm er dann,
Es machte den zum Becher
Von Gold der kluge Mann.

Man suchte wohl den Knaben,
Sie fragten auch Weland;
Der sprach: ich sah ihn nimmer,
Er ist zum Wald gerannt.

Des Königs schöne Tochter
Ein junges Mägdelein
Trug einen Ring von Golde
Mit manchem Edelstein,

Den ihr der Vater schenkte
Und gern ihn schimmern sah
An ihren weißen Fingern,
Im Garten es geschah

Als sie dort Blumen suchte,
Daß ihr der Ring zerbrach,
Die Jungfrau rang die Hände,
Und klagte Weh! und Ach!

Sie furchte ihres Vaters
Bestrafung, seinen Zorn,
Sie rief: o wär' ich Arme
Doch nimmermehr gebohrn!

Er wird gewiß mich tödten
Um dieses Ringelein,
Kein Mägdlein könnte ärmer
Auf dieser Welt doch seyn.

Da riethen die Freundinnen:
Geh heimlich zum Weland,
Von seinen klugen Sinnen
Wird bald dein Leid gewandt.

Sie trat in seine Schmiede,
Und klagte ihre Noth,
Er nahm den Ring und fachte
Schnell an das Feuer roth,

Er fügte ihn zusammen
Und schmolz wohl Gold und Erz,
Sie sah froh in die Flammen,
Vergessen war ihr Schmerz.

Sie lächelte ihm freundlich,
Da schloß der Schmid Weland
Schnell seine feste Thüre
Und nahm sie bei der Hand.

Er zwang das Mägdlein dorten,
Die Nidung ihm versprach,
Sie weinte in den Nöthen,
Und sah nie schlimmern Tag.

Sie kehrte heim zum Vater,
Sie hat ihm nichts gesagt.
Bald fühlte sie sich schwanger,
Da wurde viel geklagt.

So hatte sich gerächet
Weland, der kluge Mann,
Drauf macht er große Flügel
Und band sich diese an,

So stand er auf der Zinne,
Die Leute riefen: seht!
Weland ist nun ein Vogel,
Er fliegend von uns geht.

Auch Nidung kam, der König,
Es nahm ihn Wunder groß,
Weland rief: fort ich fliege,
Du bist nun erbelos.

Den Sohn hab' ich getödtet,
In Leuchtern, golden fein,
Die deine Tafel schmücken
Schmolz ich des Sohns Gebein.

Auch hast du einen Becher,
Leuchtend von Golde roth,
Du trinkst aus seinem Schädel,
Und kennst nicht deine Noth.

Und deine schöne Tochter
Geht nicht mehr Jungfrau dir,
Sie zwang ich dir erzürnet,
Sie trägt ein Kind von mir.

Der König nahm den Bogen,
Legt' auf den scharfen Pfeil,
Alle Ritter im Zorne
Spannten in grimmer Eil.

Da flogen scharfe Stralen
Und schossen durch das Licht,
Doch Weland hob die Schwingen,
Kein Eisen traf ihn nicht.

Er flog mit klugen Sinnen
Auf seines Vaters Schloß,
Und Nidung starb, der König,
Das Herzeleid war groß:

Sein jüngster Sohn ward König,
Die Schwester sein gebar
Wittich, den kühnen Helden
Noch in demselben Jahr.

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