Wettgesang

Rudolf.

Wer hat den lieben Frühling aufgeschlagen
Gleichwie ein Zelt
In blüh'nder Welt?
Wer konnte Wolkenmacht verjagen?
Das Thal voll Sonne,
Der Wald mit Wonne
Und Lied durchklungen: –
Der Lieb' ist nur so schönes Werk gelungen.

Franz.

Der Lieb' ist nur so schönes Werk gelungen,
Daß Winter kalt
Entflohen bald,
Die holde Macht hat ihn bezwungen:
Die Blumen süße,
Der Quell, die Flüsse,
Befreit von Banden
Sind aus des Winters hartem Schlaf erstanden.

Rudolf.

Sind aus des Winters hartem Schlaf erstanden
Der Wechselsang,
Der Echoklang,
Daß sie im heitern Raum sich fanden.
Die Nachtigallen-
Gesänge schallen,
Die Lindendüfte
Umspielen liebekosend Frühlingslüfte.

Franz.

Umspielen liebekosend Frühlingslüfte
Gras, Blumen, Baum,
Wie Liebestraum
Hängt Rosenbluth um Felsenklüfte.
Um Grotten schwanken
Die Geisblattranken,
Des Himmels Ferne
Erhellen tausend goldne kleine Sterne.

Rudolf.

Erhellen tausend goldne kleine Sterne
Die Nacht so hold,
Der Brunnen Gold
Gießt strahlend sich zur Erde gerne:
Mit Liebesblicken
Uns zu beglücken
Schaut hoch hernieder
Die Liebe, giebt uns unsre Grüße wieder.

Franz.

Die Liebe giebt uns unsre Grüße wieder,
Drum Blumenwelt
Uns zugesellt,
Gesandt von ihr des Waldes Lieder:
Sie schickt die Rose
Daß sie uns kose,
Wie uns zu danken
Streckt sie die Zweig, webt Geisblatt-Epheuranken.

Rudolf.

Streckt sie die Zweig, webt Geisblatt-Epheuranken?
Ja, Lilienpracht
Glänzt auch mit Macht,
Ihr Glanz belebt den Liebeskranken,
Und leise drücken
Wir Kuß, Entzücken
Auf Lilien-Wange,
Daß hold die Liebe Dank von uns empfange.

Franz.

Daß hold die Liebe Dank von uns empfange
Wird Mädchenmund
In trauter Stund
Geküßt bei Nachtigallgesange:
Die Liebe höret
Was jeder schwöret,
Sie wacht den Eiden,
Sie straft den Frevelnden mit bittern Leiden.

Rudolf.

Sie straft den Frevelnden mit bittern Leiden,
Wenn er erglüht
Das Mädchen flieht,
Und selbst die Häßlichen ihn meiden;
In Händen welken
Ihm Ros' und Nelken,
Die Himmelslichter
Erblassen ihm, er singt als schlechter Dichter.

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