Der Mutter

I

Die Mutter schilt mich ohne Grund - ich wehre mich -
wir zanken --
wie kannst du wissen, was ich heimlich für und für gelitten
und immer wieder durchgelitten hab' . . . ich möchte um
Verzeihung bitten
für jeden Schlag, den du mir gabst, und dir für jede
Härte danken!
Weißt du denn, wie das ist, wenn in einsamer Nacht
ich wach sein muß und irgendein Tier vor mir flieht,
wenn man im Spiegel sich selbst wie entzaubert sieht
in roher Nacktheit, maskenlos ungeschlacht?
Ich möchte dir so gern, so gern! stets etwas Schönes schenken,
und hab' doch immer Angst vor deinem hilflos herben Staunen:
Du hieltest es erbittert, oh! für eine von meinen
erbarmungslosen Launen
und weintest heimlich -- aber ich muß »Martyrblume!
Schwester!« denken . . .

Und -- Gott ist krumm! -- ich muß dich immer wieder kränken!

II

Mein Leben ist aus deinem Glück und Gram
ein Kreuz von süßem und von bittrem Holze;
Entbehrung noch, der Fleck auf meinem Stolze,
sei gut, weil sie aus deinem Kelche kam.
Der Gang im Schnee; in Büchern wie in kalten,
verlassnen Korridoren stumm zu stehn;
oder wenn um die Stirne die Gestalten
des eignen Schöpfersturms gespenstisch wehn:
holt sich von dir Bestätigung und Stimme
und weint und lacht sich reif an deiner Brust,
denn dein war alles, eh es mir bewußt
und wichtig ward: der Fluß, in dem ich schwimme,
umflüsterte dein Haar. Ich rann wie Sand
ganz weiß aus deiner spielgewölbten Hand,
und wie ich selber mich im Spiel versinne,
fließt Ernst und Lust in deine Hand zurück,
und alles wird, was immer ich beginne,
zu deinem Grame und zu deinem Glück.

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