Erziehung zur Kunst
Welch ein Leben, welch ein reges Treiben
Herrscht doch in Florenzens Galerien!
Weil hieher ja alle bessern Klassen
Aus dem nördlichen Europa ziehen.
Männer, die daheim in dem Berufe
Keine Zeit und keine Muße haben,
Müssen hier an ungewohnten Schätzen
Ihre ungewohnte Bildung laben.
Mütter, die der Häuslichkeit sich widmen
Und die Strümpfe ihrer Söhne stopfen,
Sind verpflichtet, ihr Gehirn mit Dingen,
Die sie bald vergessen, vollzupfropfen.
Seht die Guten mit erhitzten Wangen
Durch die lange Flucht der Säle eilen!
Länger nicht, als höchstens zwei Sekunden
Dürfen sie vor einem Bilde weilen.
»Halt! Das müssen wir genau betrachten«,
Spricht der Vater, »denn bedenkt, wir stehen
Offenbar vor einem Meisterwerke,
Mit zwei Kreuzen ist's im Buch versehen.«
Leere Augen glotzen, es ertönen
Ah! und Oh!'s vermischt mit Prädikaten,
Und sie stürzen fort in andre Säle
Von dem treuen Baedeker beraten.
Müde kehren wieder sie zur Heimat,
Wo sie die Erinnerung genießen.
Und wir sehen überall die Früchte
Der erworb'nen Bildung reichlich sprießen.
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