Geistergespräch

Melida.

Wohin seid ihr entschwunden,
Ihr lieblichen, dämmernden Gestalten?
Bin ich allein erschienen? –
Vernehmt ihr nicht in euren Hainen,
Auf euren lichten Gewölken,
Im duftenden Schooß der Blumen,
Die süßen Töne, die euch rufen?

Schwebt auf lichtem Glanzgefieder
Her aus euren Felsenklüften,
Unter süßen Blumendüften
Sinkt aus bunten Wolken nieder!

Chor von Sylphen und Sylphiden.

Wir kommen, wir kommen,
Wir haben vernommen,
In hohen Lüften,
In Felsenklüften,
Im einsamsten Thal,
Was der Herrscher befahl.

Chor der Geister.

Uns Sylphen und Sylphiden,
Mit buntem, gaukelndem Sinn,
Entfliehn im ew'gen Frieden,
Von Mensch und Welt geschieden,
Die tanzenden Stunden dahin.

Wir schwärmen im Hain,
Im Abendschein,
Und schlafen im Dunkeln,
Wenn Sterne funkeln,
In Büschen ein:
Und die düstern
Wipfel flüstern
Schlafgesang. –

Im leuchtenden Morgenstrahle
Küßt der Sylphe der Sylphide,
Im blühenden Thale,
Den letzten Schlaf vom Augenliede.
Still und rein,
Wie Mondenschein,
Leuchtet uns die holde Liebe!
Liebe! Liebe! holde Liebe!

Ariel kömmt.

Welche Töne flüsterten durch das Gebüsch?
Welch leiser, lieblicher Nachhall zieht
So wonniglich durch die wankenden Blumen hin? –
Welche frohe Ahndung erfüllt mein Herz? –
O kehrt zurück mit euren Gesängen!
Und singt mir Trost,
Und singt mir Muth
In meine leere Seele! –
Ich irre rastlos,
Durch Busch, durch Thal,
Erklimme Felsen,
Und strecke mit pochender Brust
Die Arme sehnsuchtsvoll
Dem Frühlingsschein entgegen:
Doch abgewandt entfliehn die Freuden, –
Wohin ich wandle,
Neigt sich die lachende Rose abwärts,
Der Hain rauscht ernster,
Und seine bunten Sänger werden stumm.

Ach! wann wird doch enden
Die Sehnsucht, die mich quält?
Und welcher Gott kann senden,
Was diesem Herzen fehlt?

Das Chor (in der Ferne).

Liebe! Liebe! holde Liebe!

Ariel.

Ha! enthüllet
Und gestillet
Ist dem Bangen
Sein Verlangen!
Liebe, Liebe fehlte meinem Herzen,
Darum, darum fühlt' ich diese Schmerzen. –
Die Götter enden,
Und schenken Ruh,
Die Güt'gen senden
Dem Armen die Geliebte zu!

(Melida kömmt ihm entgegen.)

Ariel.

O seel'ger seel'ger Augenblick!
Es ist gelungen,
Nun hab' ich errungen
Des Lebens wonnevolles Glück!

Melida.

Ich drücke dich hier an mein Herz,
Daß ich ihn mindre,
Und kosend dir lindre
Den unglückseel'gen, bangen Schmerz.

Ariel.

Es öffnet pochend sich die Brust
Dem schönsten Glücke.

Melida.

Geliebter, ich drücke
Ans Herz dich nun mit Götterlust.

Beide.

Ha! wie Entzücken
Aus deinen Blicken
Zu meinem Geiste spricht!
Wahrlich, ich neide

Den Göttern die Freude
Des Himmels nicht!

Chor der Geister.

Des Lebens May
Ist Lieb' allein:
Sie wandelt neu
Den grünen Hain;
Ihr Frühlingsschein
Lockt aus den Zweigen
Die Blüthen hervor;
Da endet das Schweigen,
Ein lautes Nachtigallenchor
Begrüßt den Lenz; die Wipfel neigen
Mit stiller Andacht sich hernieder,
Und säuseln in die süßen Lieder.

Wollüst'ge Töne schleichen
Durch Wälder, über'n Felsenhang,
Und tausendjähr'ge Eichen
Stimmen in den jauchzenden Rundgesang.
Der Chorgesang schallt
Durch Thal und Flur,
Ueber die Felsen, dahin durch den Wald;
Laut klingen alle Saiten der Natur!
Und alles tönt in Einem allmächtigen Klang
Der hohen Liebe Lobgesang! –

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