Am achten Sonntage nach Pfingsten
Wohl sehr erschöpft die Menge war
Und wohl der Hunger nagte sehr,
Da nahmst du treulich ihrer wahr.
Ach, für die Seele matt und leer,
Nach jahrelanger Dürr' und Schwüle,
Hast du nicht einen Bissen auch,
Nicht einen Labetrunk für sie,
Nicht einen frischen Gnadenhauch,
Der in der Wüste Brand und Müh'
Das siedende Gehirne kühle?
Denn sieh, von ferne kam ich ja,
Und ob ich selber mich verbannt:
Du stehst mir drum nicht minder nah.
Wer einmal sich zu dir gewandt
Mit neu erwachendem Gefühle,
Wer einmal aus des Treibers Joch
Sich flüchtete zu deinem Ohr,
Und sei er so verkümmert noch,
Du bist so mild, hältst ihm nicht vor
Der Sklavenpeitsche harte Schwiele.
O rette mich, daß nicht der Trug
Des Hungers mich bezwingen kann,
Daß ich nicht unter Wahnsinns Fluch
Die Hände strecke, greife an
Die gift'ge Frucht am welken Stiele,
So aus dem Paradiese trieb
Und die Erkenntnis wird genannt!
Stiehlt sie das Leben wie ein Dieb:
So lockt sie doch des Gaumens Brand
Mit scheinbar frischen Saftes Spiele.
Ach, nicht die Wüste neben mir,
Die Wüste mir im Busen liegt!
Wo find' ich denn, wo find' ich hier
Was meinen Hunger nicht betrügt,
Was meine dürre Kehle spüle?
So sprachen deine Jünger auch;
Du Gnäd'ger fandest doch ein Brod,
Wo sengenden Samumes Hauch
Dir keine fromme Ähre bot,
Nur Sand und stäubendes Gewühle.
»Da aßen sie und wurden satt,
Und sammelten was übrigblieb«;
War keiner krank mehr, keiner matt
Und der Genesne ward dir lieb,
So lieb als der Gesunden viele.
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