Als die Not am größten war

Apfelbäumchen ist Braut geworden.
Im weißen Blütenkleide
Feiner als indische Seide,
Von Maienglast umsponnen,
Steht es in der Sonnen,
Und spricht dem Lenz sein: Ja!

Apfelbäumchen ist Mutter geworden,
Rotbäckchen trägt’s in den Armen,
Mit Lebenssäften, warmen,
Hat es die Kindlein aufgenährt,
König Sommer hat ihnen Schutz gewährt.

Apfelbäumchen ist Witwe geworden.
Der Lenz, der schöne Lenz ist tot,
Die Kindlein sind fortgegangen.
Es droht der Sturm im Abendrot,
Die Aeste zittern und bangen.

Apfelbäumchen ist Bettlerin worden.
Dürr steht es da in der Einsamkeit,
Und beugt sein Haupt in stummem Leid
Ganz bloß und allen Schmuckes bar.
Herbststürme zerrissen ihm das grüne Haar.

Da tönt eine Stimme zu ihm:
„So nackt und arm, von Frösten steif,
Bist du für meine Güte reif.
So kann ich in Wunder dich kleiden,
Am Ueberfluß deine Armut weiden.“

Und hoch aus dunkler Wolken Gefieder,
Gleitet ein silberner Mantel nieder,
Und hüllt das Dürftige sorglich ein.
Und in der Adern neuem Regen
Fühlt es des Schöpfers Frühlingssegen.

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