Die Türkin
Leise Abendwinde necken
Buhlerisch den Myrthenhain,
Bergen sich in Lorbeerhecken,
Wiegen dort die Blüthen ein;
Flattern weiter dann zum Meere,
Das in einer wilden Nacht
Gott als eine Liebeszähre
Einst der Erde gleichgemacht.
Mild umgaukeln bunte Lichter
Schon des Abends goldnes Thor;
Schweigend aus dem Dorf der Richter
Tritt ein stolzes Weib hervor;
Und auf öder Felsenklippe,
Welche nach den Wogen faßt,
Hält sie – Seufzer auf der Lippe –
Eine kurze Sclavenrast.
»Lass' die Liebe schnell erblassen,
Die Du, Frankensohn genährt!
Morgen muß ich Dich verlassen,
Weil der Sultan mein begehrt.«
Also tönen ihre Worte
Wund hervor aus wunder Brust;
Denn der Herr der hohen Pforte
Kennt nur schnöde Sinnenlust. –
Sieh! da bricht durch Wolkenschleier
Hell des Mondes Silberlicht,
Und Stambul in stummer Feier
Zeigt sich ihrem Angesicht.
Weh! im Vordergrunde schimmert
Das Serail, von Park umringt –
Hörst Du, wie das Meer jetzt wimmert,
Das ein edles Weib verschlingt? –
Willst Du ihren Tod beklagen,
Mußt Du trauern allerwärts;
Denn wo immer Herzen schlagen,
Foltert sie derselbe Schmerz,
Ist das Heiligste geächtet,
Wird der Satzung nur gefröhnt;
Jeder Pulsschlag ist geknechtet,
Jedes freie Weib gehöhnt! –
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