Sklavenmoral

Mein Junge, du wirst zu treu und zu gut –
Fast möcht' ich dich wecken!
Ich seh's mit schwellendem Stolz – und ich seh's
Mit wachsendem Schrecken.

Dein Auge feuchtet ein keuscher Glanz
Wie Tau einer Blüte;
Es atmet durch deinen weichen Mund
Die träumende Güte.

Dir zuckt's um die Lippen bei fremdem Schmerz,
Und du willst ihn lindern –
Ein wunderbares, befremdliches Ding
Bei der Menschen Kindern.

Pass' auf, sie werden dich früh genug
Vor den Karren spannen;
Und hast du die Last zu Berge geschleppt,
Man hetzt dich von dannen.

Weh dir, wenn ein Gott in den Geist dir gelegt
Gewalt des Propheten –
Sie werden überbrüllen dein Wort
Und im Kot dich zertreten.

Du wirst sie mit blankem, sausendem Schwert
Zum Siege führen –
Dann aber wirst du dich krümmen im Staub
Vor ihren Türen.

Ich seh's um deine zarte Stirn
Wie Dornen und Blut –
Und ich reiße dich wild ans hämmernde Herz
In aufjubelnder Glut.

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