Im Dom zu Breslau

Ein Führer, angethan mit rotem Kleid
Zeigt mir geschäftiglich des Domes Pracht,
Die funkelnde, die gold'ne Herrlichkeit,
Die manch Jahrhundert sorgsam hier bewacht.
Da stehn die Heiligen aus lauterm Gold
Und die Madonna trägt ein Prachtgewand,
Aus vielen Bildern grüßt sie schön und hold,
Auf ihrem Arm der Welterlösung Pfand.

Ein Murmeln durch die hohen Räume klang,
Es war ein Flehen von zerlumpten Frauen,
Die blöd' gefolgt des Elends dumpfem Drang,
Durch lautes Beten hier sich zu erbauen.
Es war ihr Antlitz bleich und abgezehrt,
Drauf las man viel von bittrer Pein und Not,
Und jenes Flehn, das ihnen nicht erhört,
Die heiße Bitte: – »Gieb uns unser Brot!«

Ihr Armen, die Madonna hilft Euch nicht,
Kein Herz schlägt unterm Sammet und Brocat –
Und schaut Ihr zu der ew'gen Lampe Licht –
Ach, auch von dorther keine Rettung naht.
Umsonst blickt Ihr zu dieser Heil'gen Schar,
Habt ihr Verehrung brünstiglich gezollt,
Umsonst zu diesem prunkenden Altar,
Umsonst – wenn Ihr nicht selbst Euch helfen wollt!

Ja, diese Pracht und diese Herrlichkeit
Sind Eures Mühens Schweiß, sind Euer Blut!
Kein Segen ist's, ein Fluch aus alter Zeit,
Der für das Volk in solchen Tempel ruht.
Das ist ein Götzendienst, ein Frevelspiel
Mit Menschenhoheit und mit Menschenrecht,
Verdummung nur ist dieses Prunkes Ziel,
Damit der Fromme werd' ein Pfaffenknecht.

Hinaus, hinaus aus diesem kalten Dom
Und seiner weihrauchvollen, düstern Nacht!
Hinweg, hinweg von diesem alten Rom,
Daß unserm Deutschland stets nur Schmach gebracht.
O daß Ihr doch das hohe Wort vernähmt:
Das Vaterland die Menschheit läuft Gefahr,
Wenn Ihr Euch nicht jedweder Knechtschaft schämt
Als eine treue, deutsche Kämpferschar.

Erstündet Ihr mit einem Jubelschrei
Vernichtet wär' das finstre Pfaffenreich,
Versänk' in Nacht – Ihr aber wäret frei,
Ihr wär't noch mehr, Ihr wäret alle gleich.
Kein Priester mehr, kein zwingendes Gebot,
Kein Götzendienst zu einer Kirche Ruhm,
Nur freie Menschen beten frei zu Gott,
Nur in der Freiheit lebt das Christentum!

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