Drusus
Drusus sah, der Römerheros,
Ruhmgekrönt in zwanzig Siegen,
Glänzend durch die dunkeln Wälder
Seine goldnen Adler fliegen.
Mitten im bezwungnen Lande
Lag sein wallgeschirmtes Lager,
Wie der Knoten all' der Bande,
Die umstricken die Germanen.
Schamrot starke Männer schau'n
In das Antlitz ihrer Frau'n. –
An dem grünen Elbeufer
Rauschen ernst und doch gelinde,
Rauschen wie vor Wotans Hauche
Eichen in dem Abendwinde.
Sieh, in Gold und Purpur schreitet
Da ein Mann mit Schwert und Zepter,
Und so fern die Flur sich weitet,
Wirst sein flammend Römerauge
Ein gebietend Siegerdrohn: –
Drusus ist's, der Kaisersohn.
In der eignen Kraft Bewußtsein,
Im Gefühl von Romas Hoheit
Spricht er: »Zittre, schnöde Wildnis,
Letzte Zuflucht trotz'ger Roheit;
Deine Wälder will ich lichten,
Deine Felsen will ich brechen,
Deinen Freiheitsstolz zernichten,
Und, gezwängt in Damm und Brücken,
Spiegle der bezwungene Strom
Deine Herrschaft, ew'ges Rom.« –
Horch, da rauscht es in den Fluten,
Horch, da bricht es in den Zweigen,
Aus dem Flusse sieht der Römer
Eine Götterjungfrau steigen:
Grünend durch die gelben Haare
Windet sich der feuchte Schilfkranz,
Riesig ragt die Wunderbare
In den ahnungsvollen Mondglanz,
Bebend lauscht der Kaisersohn
Der gewalt'gen Stimme Drohn:
»Drusus, Drusus, kehre heimwärts,
Fliehe, nimmersatter Streiter!
Bis hierher führt dich dein Schicksal,
Doch es führt dich nimmer weiter:
Ich beschütze meine Gauen!
Aber einstens aus dem Tiber
Tauchen keine Götterfrauen,
Also auch zur Flucht zu scheuchen
Vor dem siegentkrönten Rom
Meiner blonden Söhne Strom.«
Und das Weib versinket wieder,
Finster dräuend mit der Rechten.
Und es bebt der Imperator
Vor den ew'gen Schicksalsmächten.
Bleich, entsetzt stürzt er ins Lager,
Rückwärts führt er seine Adler,
Und der große Schlachtenschlager, –
Tot lag er am dritten Tage.
Und es sah kein Römerheer
Je die Elbeufer mehr.
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