Runen
Ich träume mein Leben
Hinab in die Tiefen,
Ich tauch' in die Gründe
Des Schicksals den Blick.
Es glühen und schweben
Die Hieroglyphen –
Wer ganz sie verstünde,
Erführ' sein Geschick.
Wie mag ich sie deuten,
Die zuckenden Zeichen,
Bald leuchtend wie Flamme,
Bald schattenbedeckt?:
»Du willst es erbeuten,
Du sollst es erreichen,
Du bist von dem Stamme,
Den Irrtum nicht schreckt.
Sonst lägest vernichtet
Du längst von Dämonen,
Die frech dich bedrängten
Mit furchtbarer Macht;
Sonst hättest verzichtet
Du droben zu thronen,
Und dich verhängten
Die Schatten der Nacht.
Nun bist du geborgen
Vor schmählichen Schlingen,
Sie liegen zerrissen
Von trotziger Kraft –
Kein zehrendes Sorgen
Soll je dich bezwingen,
Kein zages Gewissen
Dich wieder erschlafft.
Sprich, kannst du's verspüren,
Was leise wir raunen,
Kannst weise du lösen
Die Rätsel der Schrift?:
Dein Blut wird dich führen
Durch Zickzack und Launen,
Bis grade dein Wesen
Sein Königtum trifft.
Denn du bist von jenen,
Die nimmer zu leiten
Von anderen Händen,
Bestimmung und Rat;
Selbsteigenes Sehnen
Muß stark dir bereiten
Und mutig vollenden
Den fährlichen Pfad.
So lasse dich walten
Und walte du deiner,
Mit wachem Besinnen
Dir selber vertraut!
Du sollst dich entfalten
Nur freier und reiner,
Und ganz sie gewinnen,
Die schönste, die flammenumschlungene Braut.«
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