Die Gans von Putlitz
Ein neues Lied gesungen sei:
Nach dem Winter, da kommt der Mai,
Das haben wir wohl vernommen;
Und daß Kettr-Angermünde märkisch ward,
Das soll dem Markgrafen frommen!
Johann von Briesen ließ sich jagen
Von Kettr-Angermünde bis Greifenhagen,
All' Mut war ihm gebrochen;
Da ging er zu Hofe nach Alten-Stettin
Und hat zu dem Herzog gesprochen:
»Gnäd'ger Herre, was zu halten stand:
Kettr-Angermünd und das Stolper Land,
Ist verloren und verdorben;
Der Markgraf hält es jetzt in Hand,
Und doch hieß es: er sei gestorben.«
Da ließ der Herzog entbieten und holen
All seine Mannschaft, Pommern und Polen,
Nach Vierraden ritt man zu Tische;
Da setzten sie sich und hielten Rat
Und aßen süße Fische.
Dann ritten sie weiter, und kaum heran,
Angermünde ward ihnen aufgetan,
Alle haben dem Herzog geschworen,
Und alle riefen: »Stettin, Stettin!«
Und Brandenburg war verloren.
Aber draußen hinter Wall und Graben,
Die Märkischen schon sich gesammelt haben,
Vierhundert Reiter und Knechte;
Die Gans von Putlitz führet sie,
Zischend, auf daß sie fechte.
Ja, die Gans, der wollt' es nicht behagen –
Sie streckte zornig ihren Kragen
Über die Pommern alle;
Da schwebte der märkische Adler hoch,
Und die Greifen kamen zu Falle.
Die Gans aber wuchs im Grimme noch,
Sie schlug mit den Flügeln ein Brescheloch,
Und da stand sie nun zwischen den Steinen,
Und als sie bis zum Markte kam,
Waren sie zehn gegen einen.
Da gingen die Schwerter die Klinker die Klang,
Herr Detleff Schwerin mit dem Putlitz rang
Und wollte den Preis erwerben;
Da mußte Herr Detleff von Schwerin
Für seinen Erbherrn sterben.
Das war des Herzogs schwerster Tag,
Als da Herr Detleff vor ihm lag,
Zerhackt, in Blut und Wunden,
Und er rief: »O hätt' ich über den Damm
Erst wieder zurücke gefunden!«
Er sprach es und ritt im Zuge vorn,
Er gab seinem Rosse Schlag und Sporn
Und suchte die Zügel zu fassen;
So kam er bis an das »hohe Haus«,
Da ward er eingelassen.
Das war zu Vierraden. Auf Schlosses Brück'
Einmal noch sah er zurück, zurück,
Im Herzen voll Weh und Leide:
»Kettr-Angermünde, du vielgute Stadt,
Daß so ich von dir scheide!«
Der aber, der dies Lied euch sang,
Ein Schmiedeknecht ist er schon lang',
Und sie nennen ihn Köne Finken;
Und er führt ein Hämmerchen auf der Hand,
Und Gut-Bierchen mag er trinken.
German Poetry App
This poem and many more can also be found in the German Poetry App.