Präludium
Es graut der Morgen und die Sterne sinken,
Bis alle in der kalten Flut ertrinken.
Die große Sonne majestätisch brennt
Schon feuerrot am fernen Firmament.
Kalliope, die schönste der neun Musen,
Erhebt sich in der goldnen Strahlen Schein
Von ihrem Lager, und ihr stolzer Busen
Saugt lechzend frische Morgendüfte ein.
Noch ganz entkleidet, ohne mit den Reizen
Der hohen göttlichen Gestalt zu geizen,
Tritt sie hinaus ins Freie der Natur.
Aus ihren großen, dunkelblauen Augen sprühen
Schon wieder neue, wunderbare Phantasien,
Und ihr Gedanke folgt der irren Spur
Der teuren Helden, die sie zu besingen
Die straffgespannten Saiten läßt erklingen.
Des Waldes dunkle Kühle nimmt sie auf,
Und folgend eines Baches klarem Lauf
Gelangt sie rasch mit zielbewußtem Schritte
In ihres Reiches unwegsame Mitte.
Hier läßt sie sich auf einen Baumstumpf nieder.
Im weiten Umkreis herrscht das tiefste Schweigen
Bis auf ein Wispern in den höchsten Zweigen,
Bis auf ein Felsenecho ihrer Lieder.
Die Strahlen schießen senkrecht nun herunter,
Die ganze Schöpfung, eben noch so munter,
Erschlafft im Zittern ausgestoßner Gluten.
Kalliope tritt an des Baches Rand,
Sie legt die goldne Laute aus der Hand,
Sie steigt hinab in die kristallnen Fluten.
Die Wasser kommen zögernd angezogen,
Sie läßt von ihnen sich das Haar zerwühlen,
Die volle Brust, den weißen Leib bespülen,
Glückatmend treibt sie auf den kalten Wogen.
Sie dichtet summend eine Melodie,
Gedanken haben Fleisch und Blut erhalten,
Als Menschenkinder wandeln die Gestalten
Vorbei an ihrer klaren Phantasie.
Im schönen Land Italien weilt ihr Sinn,
Ihr Herz verschwendet seine reichsten Gaben.
Sie singt von Felix, einem Hirtenknaben,
Von Galathea einer Schäferin.
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