Der Greis

Durch Blüten winket der Abendstern,
Ein Lüftchen spielt im Gezweige;
Der Greis genießt im Garten so gern
Des Tages süße Neige.

Dort seine Enkel, sie jagen frisch
Im Grase hin und wider;
Die Vöglein singen im Gebüsch
Nun ihre Schlummerlieder.

Es lieben Kinder und Vögelein,
Die Glücklichsten auf Erden! –
Bevor sie abends schlafen ein,
Noch einmal laut zu werden.

Da schlängelt der schnelle Kinderkreis
Sich blühend durch blühende Bäume,
Sie gaukeln um den stillen Greis
Wie selige Jugendträume.

Sein Auge folgt am Wiesenplan
Der Unschuld fröhlichen Streichen;
Da jauchzt ein Knabe zu ihm heran,
Ihm eine Blume zu reichen.

Der Alte nimmt sie lächernd hin
Und streichelt den schönen Jungen
Und will liebkosend ihn näher ziehn;
Der aber ist wieder entsprungen.

Und wie der Greis nun die Blume hält
und ansieht immer genauer,
Ihn ernstes Sinnen überfällt,
Halb Freud und milde Trauer.

Er hält die Blume so inniglich,
Die ihm das Kind erkoren,
Als hätte seine Seele sich
Ganz in die Blume verloren;

Als fühlt' er sich gar nah verwandt
Der Blume, erdentsprossen,
Als hätte die Blum ihn leise genannt
Ihren lieben, trauten Genossen.

Schon spürt er im Innern keimen wohl
Das stille Pflanzenleben,
Das bald aus seinem Hügel soll
In Blumen sich erheben.

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