Kalliopens Gesang

Kalliope stand auf, die Schwestern horchten alle,
Kein leiser West durchlispelte
Die Lorbeerhayne, stille wards am Wasserfalle,
So sang die Göttliche:

Der Edle, der schon früh die Weisheit aller Lande
Mit wißbegiergen Lippen sog,
Doch nie der heimischen, und nie dem Vaterlande
Sein grosses Herz entzog;

Der wieder Ruhe müden Völkern auszuspenden,
In allen Friedenskünsten groß,
Theresiens Vertreter zog, mit starken Händen
Des Janus Tempel schloß;

Dann ruhig, wie ein Gott im Schwalle von Geschäften,
Der Sülly’s steile Bahn betrat,
Und Werke der Unsterblichkeit mit Jünglingskräften
Und Greisenweisheit that,

Mein Kaunitz liebt uns noch, in Stunden seiner Musse
Geht er in unser Heiligthum
Ein zweyter Phöbus, horchet unserm Jubelgrusse,
Heißt Harfen, welche stumm

An braunen Wänden hiengen, wieder neu besaiten,
Und sie durch unsern Lorbeerhayn
Gewaltig tönen, sie den spätsten Folgezeiten
Ein seltnes Muster seyn.

Und wenn nun deine Künstler auch dem Steine Leben
Und menschliche Gestalt dem Erz,
Und jede Scen’ aus der Natur der Leinwand geben;
Wenn nun Thaliens Scherz

Und Melpomenens Klag’ auf deiner feinern Bühne
Die edle Farce ganz verdrang,
Mit welcher der Geschmack wie Rüdiger der kühne
Mit Erifilen rang;

Wenn meiner Söhne sanfte Stimm’ jetzt deinem Ohre,
So lang der Wahn verschlossen hat,
Bemerkt wird, jeder Kunst geöffnet deine Thore,
Ihm dank’ es Kaiserstadt!

Ihm dankt es, Schwestern! eilt des Weisen Bild zu krönen,
Das Delius ihm aufgestellt,
Und von bekränztem Spiel laßt seine Thaten tönen
Bis zu der Enkelwelt!

Sie sangs, und sieh! die Musen fliegen zu der Feyer,
Es rauscht ihr duftendes Gewand,
Die Leyern klingen alle, du zu schwache Leyer
Verstumm’ in meiner Hand!

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