Warnung
O Jüngling, liebst du Glück und Ruh,
So schließ dein Herz vor Mädchen zu,
Trau auch der Besten nicht;
Sag weiter nichts, als nein und ja,
Sieh niemals auf, und stehe da
Mit stoischem Gesicht;
Giebt sie dir süsser Wörtchen viel,
Singt mit erheucheltem Gefühl
Sie dir ein Liedchen vor;
Fein nachgeschlagen, wie Ulyß
Wachs in das Ohr der Freude ließ,
Und auch verstopft dein Ohr.
Wenn ihre Hand von ungefähr
Sich auf die deinige verlör,
So nütze nicht dies Glück
Und schieb nur schnell, so schwer’s auch ist,
Schieb ungedrücket, ungeküßt,
Die schöne Hand zurück.
Ein Mädchenherz, o merke das!
Gleicht einem schönen Spiegelglas,
Ist schlüpferig und fein,
Lockt durch den Schein, bleibt immer kalt,
Nimmt willig jegliche Gestalt,
Und keine prägt sich ein.
Stolz, Eitelkeit und Eigensinn,
Regieren unumschränkt darin;
Doch bleiben die verkappt,
Bis daß ein Mann, wie man ihn heischt,
Jung, feurig, reich, vom Schein getäuscht,
Sich beym Altar verschnappt.
Dann ändert ihre Rolle sich;
Sie spielt, sie, die erst inniglich
An dem Geliebten hing,
Mit andern jetzt den zweyten Akt,
Gesichert durch den Ehkontrakt,
Und durch den Trauungsring.
Drum, Jüngling, o verwahr dich doch
Vor Trauungsring, vor Weiberjoch,
Und fleuch und fürchte sie;
Trotz Amors süssen Lockungen,
Glaub, eine Thorheit zu begehn,
Ists immer noch zu früh.
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