Lied auf dem Rigiberg gesungen

O süße Ruh im Tannenwalde
Fern ob dem See,
An Rigiberges grüner Halde
Auf luft’ger Höh!

O weiße Berg’ in Aetherbläue!
Du dunkle Fluth,
Wo tief der Häupter hohe Reihe
Im Abbild ruht!

In schimmernd grünen Alpenwiesen
Ein Sorgenfrey –
Liegt hier im Schirm des Felsenriesen
Die Sennerey.

Der Rinder Glocke tönt von Weiten
Im Wiesenplan –
Es schallt des Kirchleins Feyerläuten
Den Berg hinan.

Die bunte Ziegenheerde klettert
Im Felsgeklüft;
Des rauhen Hifthorns Ton durchschmettert
Das Ferngedüft.

Es spielt des Felsborns muntres Rieseln
Am Hüttchen hin,
Es wölbt sich über Moos und Kieseln
Ein Baldachin.

O kühle Stäte, Schattendüfte
Im Fichtengrün!
Wo frische, rege Sommerlüfte
Den Hain durchziehn!

Hier fließt mein Blut in sanftern Wellen
Dem Herzen zu!
Hier strömt aus tausend offnen Quellen
Mir Seelenruh!

Hier wo des Schreckhorns kalte Stirne
Die Ros’ umschwebt!
Und um des Glärnisch hohe Firne
Ein Goldduft bebt!

Wo hoch in blauen Finsternissen
Von Nacht umgraut,
Tief in zerborstner Felsen Rissen
Der Adler baut!

In jenes Berggeländes Falte
Der Nebel weilt,
Bis des Geklippes scharfe Spalte
Den Dunst zertheilt!

Wo stolz in eigner Felsen Schatten
Pilatus starrt,
Der nur mit blasser Alpen Matten
Gegürtet ward!

Wo hinter seinen Klippenzinken
So kühn als frey,
Des Entlibuchers Schwerdter blinken
Dem Bunde treu!

Horch wie des Bergstroms wildes Tosen
Zum Lispel wird!
Wie sanft er dort mit leisem Kosen
Die Trift durchirrt!

Hier fern von aller Welt geschieden
Mein selbst bewußt,
Athm’ ich Gesundheit, Kraft und Frieden
Aus freyer Brust!

Hier schwebt mein Geist im Aetherlichte
Des Späthroths hin.
O, das erzählt Euch kein Gedichte,
Wie froh ich bin!

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