Der Floh und der Riese
Auf einem Riesen sass ein Floh,
Der wurde nimmer herzlich froh;
Wie er anch saugte Zug um Zug,
Es war dem Schlingel nie genug.
Der Riese hatte dichtes Fell,
In das der kleine Springgesell
Nicht immer konnte nach Belieben
Den leckerhaften Rüssel schieben;
Doch wenn's gelang, dann mit Behagen
That er in Hast gar wackre Züge
Und füllte gierig seinen Magen.
Gesättigt hub er an zu lästern:
»Mein Wohlgefühl ist frevle Lüge!
Was sorg' ich heute mich wie gestern,
Zu fristen dieses Daseins Not?
Am besten wär' ich nie geboren,
Denn all mein Mühen ist verloren;
Man quält sich doch nur für den – Tod.
Fluch dem unselig blinden Willen,
Dem unvernünft’gen Schöpfungsdrang,
Der, seine Musse auszufüllen,
Mich und den Kerl, drauf ich schmarotze,
Gesundem Denken just zum Trotze
Zu dieses Lebens Posse zwang!
Der Unsinn hat uns nur erschaffen,
Und sinnlos vegetiert die Zunft
Der Menschen, Vögel, Fische, Affen;
Nur ich, der Floh, bin mit Vernunft
Begabt und seh' bei ihrem Schein
Des Weltprinzipes Irrwahn ein!«
So schmählt er oft. Doch einmal traf
Herr Pulex eine gute Stelle
Und füllte mit der süssen Welle
Des Blutes sich sein Wänstlein brav;
Doch als er sich recht toll und voll
Gesoffen, wie's ein Floh nicht soll,
Da folgte Uebelkeit der Lust,
Und an des guten Riesen Brust
Hat er sich krampfhaft angeklammert,
Sein Irren reuevoll bejammert
Und sich mit seinem Intellekt
Zur ewigen Ruhe ausgestreckt.
Er starb als seines Vaters Sohn
An einer – Indigestion.
Der Riese unsre Erde ist;
Der Floh darauf – der Pessimist.
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