Der alte Steinschläger

Ich sitze hier am Wege
Und breche Stein um Stein,
Und höre des Hammers Schläge –
Wann wird’s der letzte sein?

Grau ist mein Haar, zerzaust mein Bart,
Verschlissen mein Gewand,
Mein Antlitz gefurcht und wetterhart,
Und schwielig meine Hand.

Doch klopf’ ich wie es mir beliebt,
Der freieste Mann im Reich;
Und wenn Erinn’rung mich betrübt,
Schlag’ ich, dass hell der Funken stiebt,
Und denke, unter meinem Streich
Zerschell’ manch steinern Herz.

Und feine Frau und feiner Mann,
Die gehen fein bei Seit’!
Sie sieht mich bangen Auges an
Und mein verschimmelt Kleid.
Was kümmert ihr mich, schöne Frau?
Bedarf nicht euer Geld;
Mir neigt sich der Baum in ganzer Schau,
Mein ist die weite Welt.

Auch ich besass einst Kind und Weib –
Für Armut und für Not
War ach zu zart ihr süsser Leib,
Drum sind sie längst schon tot.

Ich aber sitz’ am Wege
Und breche Stein um Stein
Und höre des Hammers Schläge –
Wann wird’s der letzte sein?

Sie war so lieb und war so gut,
Und manchem reichen Mann
Stand nach ihr der verliebte Mut,
Doch sie sah keinen an.

Ich hatte wenig Geld, doch war
Von Liedern voll mein Sinn;
Treu warb ich um sie manches Jahr,
Da sprach sie: »Nimm mich hin!«

Wir zogen ins Gebirge – o!
Lieb’, Freiheit, Einsamkeit!
Ein herrlich Jahr gar schnell entfloh,
Da kam die böse Zeit.

Das Geld ging aus, und ob ich auch
Um Brot warb überall:
»Taugt nicht für unsern ernsten Brauch« _
So hiess es alle Mal.

Vor bittrer Not starb mir mein Kind,
Mein Weib vor Leid und Qual.
Still sass ich am Grabe, und nur der Wind
Stöhnte und schrie zu Thal.

Er schrie und stöhnte: »Komm mit, komm mit,
Was ist’s, das noch dich hält?«
Da rüstet’ ich den Fuss und schritt
Still durch die weite Welt.

Und sitz’ nun hier am Wege
Und breche Stein um Stein,
Und höre des Hammers Schläge –
Wann wird’s der letzte sein?

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