Epistel an den Herzog Ferdinand zu Braunschweig-Luneburg

Dein Beyfall, großer Menschenfreund,
Ist mir mehr werth, als wenn zu meinem Preise
Sich eine halbe Welt vereint.
Mein Schicksal drängte mich aus jenem Gleise,
Worin Beruf, Natur und Häuslichkeit uns setzt.
Ganz Weib, ganz Mutter seyn bey stillem Seelenfrieden
War stets mein Wunsch, ist Seligkeit hienieden,
Und wird von mir weit mehr als Autorruhm geschätzt.
Zur Zeit als ich noch dieses Glück genoß,
Mein Leben gleich dem Bach mir sanft durch Blumen floß,

Da sang ich oft ein Lied, voll Scherz, Gefühl und Liebe,
Gleich einem Vögelchen, aus angebornem Triebe;
Und weit, unendlich weit
War ich von jener Eitelkeit
Entfernt, als Dichterinn zu prangen,
Und Lorbeerkränze zu verlangen.
Auf einmahl nahm das Glück
Mit räuberischen Händen
Mir alles; nichts blieb mir zurück,
Als mich zum Musengott zu wenden.
Allein auch dieser lohnt nach Gunst,
Nach Launen mehr, als nach dem Werthe.
Ein Chörilus erhielt für seine Kunst
Mehr Goldphilippen, als ich je vom Glück begehrte. –

Wie gieng es dort dem Tantalus?
Er sah die Äpfel um sich, unter sich den Fluß,
Und fort war Fluß und Apfel, wann er kosten wollte:
So mir. – Doch nein, nicht alles nahm das Glück:
Es ließ mir Muth, und ein schuldloses Herz,
Und Andrer Mitgefühl für unverdienten Schmerz.
Selbst deine Freundschaft, Prinz, dank’ ich dem Mißgeschick,
Das mich nur dann auf immer niederdrückt,
Wann mir kein frohes Lied mehr glückt.

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