Textarchiv - August Friedrich Langbein https://www.textarchiv.com/august-friedrich-langbein Deutscher Dichter und Romanschriftsteller. Geboren am 6. September 1757 auf Schloss Klippenstein in Radeberg. Gestorben am 2. Januar 1835 in Berlin. de Die Wachtel und ihre Kinder https://www.textarchiv.com/august-friedrich-langbein/die-wachtel-und-ihre-kinder <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Hoch wallte das goldene Weizenfeld<br /> Und baute der Wachtel ein Wohngezelt.<br /> Sie flog einst früh in Geschäften aus<br /> Und kam erst am Abend wieder nach Haus.<br /> Da rief der Kindlein zitternde Schar:<br /> Ach, Mutter, wir schweben in grosser Gefahr!<br /> Der Herr dieses Feldes, der furchtbare Mann,<br /> Ging heut mit dem Sohn hier vorbei und begann<br /> Der Weizen ist reif, die Mahd muss gescheh’n,<br /> Geh, bitte die Nachbarn, ihn morgen zu mäh’n,</p> <p>O, sagte die Wachtel, dann hat es noch Zeit!<br /> Nicht flugs sind die Nachbarn zu Diensten bereit.<br /> Drauf flog sie des folgenden Tages aus<br /> Und kam erst am Abend wieder nach Haus.<br /> Da rief der Kindlein zitternde Schar:<br /> Ach, Mutter, wir schweben in neuer Gefahr!<br /> Der Herr dieser Feldes, der furchtbare Mann,<br /> Ging heut mit dem Sohn hier vorbei und begann:<br /> Uns liessen die treulosen Nachbarn im Stich!<br /> Geh rings nun zu unsern Verwandten und sprich:<br /> Wollt ihr meinen Vater recht wohlgemut seh’n,<br /> So helfet ihm morgen sein Weizenfeld mäh’n!</p> <p>O, sagte die Wachtel, dann hat es noch Zeit!<br /> Nicht flugs ist die Sippschaft zur Hilfe bereit.<br /> Drauf flog sie des folgenden Tages aus<br /> Und kam erst am Abend wieder nach Haus.<br /> Da rief der Kindlein zitternde Schar:<br /> Ach, Mutter, wir schweben in höchster Gefahr!<br /> Der Herr dieses Feldes, der furchtbare Mann,<br /> Ging heut mit dem Sohn hier vorbei und begann:<br /> Uns liessen auch unsre Verwandten im Stich;<br /> Ich rechne nun einzig auf dich und auf mich.<br /> Wir wollen, wann morgen die Hähne kräh’n,<br /> Selbander uns rüsten, den Weizen zu mäh’n.</p> <p>Ja, sagte die Wachtel, nun ist’s an der Zeit!<br /> Macht schnell euch, ihr Kinder, zum Abzug bereit;<br /> Wer Nachbarn und Vettern die Arbeit vertraut,<br /> Dem wird ein Schloss in die Luft gebaut;<br /> Doch unter dem Streben der eigenen Hand<br /> Erblüht ihm des Werkes vollendeter Stand. –</p> <p>Die Wachtel entfloh mit den Kleinen geschwind,<br /> Und über die Stoppeln ging tags drauf der Wind.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/august-friedrich-langbein" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">August Friedrich Langbein</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1904</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/august-friedrich-langbein/die-wachtel-und-ihre-kinder" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Die Wachtel und ihre Kinder" class="rdf-meta element-hidden"></span> Thu, 07 Jan 2016 23:00:02 +0000 akessler 1575 at https://www.textarchiv.com Der Kusshandel https://www.textarchiv.com/august-friedrich-langbein/der-kusshandel <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Ein Hirtenmädchen, schön zum Malen,<br /> War etwas kaufmännisch gesinnt;<br /> Mit zwanzig Schafen musst Amint<br /> Den ersten Kuss ihr bar bezahlen.</p> <p>Fünf Jahre älter war Narzisse,<br /> Als er den Tausch schon besser traf:<br /> Da blühten um ein einzig Schaf<br /> Auf ihren Lippen zwanzig Küsse.</p> <p>Bald lag ihr Handel ganz darnieder,<br /> Und aus freiwilligem Entschluss<br /> Gab sie für einen kalten Kuss<br /> Aminten seine Schafe wieder.</p> <p>Die eigne Herde samt dem Hunde<br /> Bot sie für einen Kuss zuletzt;<br /> Allein der Schäfer dankte jetzt<br /> Und flog zu Daphnens Rosenmunde.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/august-friedrich-langbein" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">August Friedrich Langbein</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1904</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/august-friedrich-langbein/der-kusshandel" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Der Kusshandel" class="rdf-meta element-hidden"></span> Wed, 21 Oct 2015 19:42:51 +0000 akessler 1574 at https://www.textarchiv.com Der Kirchenbau in Aachen https://www.textarchiv.com/august-friedrich-langbein/der-kirchenbau-in-aachen <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>In Aachen ward vor grauer Zeit<br /> Ein Kirchenbau voll Eifer angefangen.<br /> Der Hammer und die Axt erklangen<br /> Sechs Monden lang mit seltner Thätigkeit.<br /> Doch leider war der frommen Christenheit,<br /> Die dieses Werk betrieb, das Geld nun aus gegangen.<br /> Es stockte schnell der Baugewerken Lohn:<br /> So schnell auch ihre Lust, zu hämmern und zu hauen.<br /> Die Menschen hatten nicht so viel Religion,<br /> Ein Gotteshaus auf Conto zu erbauen.</p> <p>Nur halb vollendet stand es da,<br /> Und glich schon sinkenden Ruinen.<br /> In seinen Mauerritzen sah<br /> Man Steinmoos, Gras und Eppich grünen.<br /> Schon suchten hier die Käutzlein einen Platz,<br /> Wo sie sich einquartieren wollten,<br /> Und Buhlerei trieb da der freche Spatz,<br /> Wo Priester längst die Keuschheit lehren sollten.</p> <p>Die Bauherr’n sannen kreuz und quer,<br /> Und liefen hin und liefen her.<br /> Umsonst! Es wollte sich kein reicher Mann entschließen,<br /> Ein rundes Sümmchen vorzuschießen.<br /> Bei Sammlungen von Haus zu Haus<br /> Fiel auch die Ärndte dürftig aus.<br /> Statt der gehoften goldnen Füchse,<br /> Fand man nur Kupfer in der Büchse.</p> <p>Nach drob empfangenem Bericht,<br /> Verzog der Magistrat gar grämlich sein Gesicht,<br /> Und blickte nach der Tempelmauer<br /> Mit tief bekümmertem Gemüth,<br /> Gleich einem Vater, der voll Trauer<br /> Sein Lieblingskind verwelken sieht.</p> <p>In dieser ängstlichen Minute<br /> Erschien ein fremder, feiner Mann,<br /> Der etwas stolz im Ton und Blick begann:<br /> »Bonsdies! Man sagt, euch sei nicht wohl zu Muthe.<br /> Hum! wenn’s an Geld nur fehlt, so tröstet euch, ihr Herr’n!<br /> Mir zollen Gold- und Silberminen;<br /> Ich kann und will daher euch gern<br /> Mit einer Tonne Goldes dienen.« –</p> <p>Wie eine Säulenreihe saß<br /> Der staunende Senat, und maß<br /> Mit großen Augen still den Fremden auf und nieder.<br /> Der Bürgermeister fand zuerst die Sprache wieder.<br /> »Wer seyd ihr, edler Herr, der, uns ganz unbekannt,<br /> Von Tonnen Goldes spricht, als wären ’s kahle Bohnen?<br /> Nennt euern Namen, euern Stand!<br /> Wie? Oder seyd ihr gar aus höhern Regionen<br /> Zu unsrer Rettung her gesandt?« –</p> <p>»Ich habe nicht die Ehre, dort zu wohnen.<br /> Mit Fragen: wer und was ich sei?<br /> Bitt’ ich mich überhaupt großgünstig zu verschonen.<br /> Genug, ich habe Geld, wie Heu.« –<br /> So prahlend, zog der Fremdling eine Katze<br /> Voll Gold hervor, und sprach dann fort:<br /> »Dieß Beutelchen erfüllt zum zehnten Theil mein Wort.<br /> Den Rest schaff’ ich sogleich zu Platze.<br /> Und all der Bettel ist und bleibt<br /> Euch ganz geschenkt, wenn ihr das Seelchen mir verschreibt,<br /> Das einst zuerst durch’s Thor des neuen Tempels schreitet,<br /> Wenn man zu dessen Weihfest läutet.« –</p> <p>Als wie durch Erderschütterung<br /> Empor geschleudert von den Stühlen,<br /> So fuhren schnell mit einem raschen Sprung<br /> Die Senatoren auf, und rannten, stürzten, fielen<br /> Ins fernste Winkelchen auf einen Klumpen hin,<br /> Und nisteten so eng’ darin,<br /> Wie scheue Lämmer, sich zusammen,<br /> Wenn um sie her des Himmels Blitze flammen.<br /> Nur Einer, der noch nicht sich selbst so ganz verlor,<br /> Versammelte den Rest von seinen Sinnen,<br /> Zog aus dem Menschenknaul den Kopf mit Müh’ hervor,<br /> Und ächzte: »Hebe dich, du böser Geist, von hinnen!« –</p> <p>Wer aber sich nicht hob, war Meister Urian.<br /> Er spottete: »Was ihr euch doch geberdet!<br /> Ist denn mein Gelderwerbungsplan<br /> So übel, daß ihr drob zu schwachen Kindern werdet?<br /> Ich büße bloß beim Handel ein, nicht ihr!<br /> Mit Hunderttausenden brauch’ ich nicht weit zu laufen,<br /> Um Schocke Seelchen zu erkaufen.<br /> Von euch verlang’ ich nur ein einziges dafür.<br /> Was macht ihr nun so lange Federlesens?<br /> Man sieht euch an, daß ihr sehr kleine Herrscher seyd!<br /> Zum Besten des gemeinen Wesens,<br /> (Das oft auch nur den schönen Namen leiht)<br /> Wär’ mancher Fürst wohl stracks bereit,<br /> Ein ganzes Heer zur Schlachtbank hin zu führen;<br /> Und ihr, ihr wollt deshalb nicht Einen Mann verlieren?<br /> Pfui, schämet euch, hochweise Herr’n,<br /> So abgeschmackt, so bürgerlich zu denken!<br /> Und glaubet ihr etwa den Kern<br /> Von euerm Völklein zu verschenken,<br /> Wenn ihr mir ein Persönchen gönnt,<br /> Das auf den ersten Ruf der Glock’ ins Bethaus rennt?<br /> O nein, da fehlt ihr stark; denn wahrlich in der Regel<br /> Sind Gleißner immerfort die frühsten Kirchenvögel.« –</p> <p>Indem der Listige so sprach,<br /> Ermannten sich die Rathsherr’n nach und nach,<br /> Und raunten sich ins Ohr: »Was hilft uns unser Sträuben?<br /> Der grimme Löwe fletscht nun einmal seinen Zahn.<br /> Fürwahr, wenn wir nicht unterschreiben,<br /> So packt er wohl uns selber an:<br /> Drum stopfe lieber ihm das Maul ein Unterthan!« –<br /> Kaum war hierauf der Blutkontrakt vollzogen,<br /> Da kam durch Wand und Fenster in dem Saal<br /> Ein Schwarm von Beuteln angeflogen,<br /> Und Urian, der sich diesmahl,<br /> Gesitteter als sonst, ganz ohne Stank empfahl,<br /> Rief an der Thür: »Zählt nach! Ich hab’ euch nicht betrogen.« –</p> <p>Das Gold der Hölle ward getreulich angewandt,<br /> Das Haus des Himmels zu erbauen.<br /> Als es jedoch in voller Schönheit stand,<br /> Befiel die ganze Stadt beim Anblick Furcht und Grauen.<br /> Gelobten damals gleich, da Urian verschwand,<br /> Die Senatoren sich sofort mit Mund und Hand,<br /> Den Vorfall Niemand zu vertrauen,<br /> So klatschten ihn doch Zwei daheim den lieben Frauen,<br /> Und ganz natürlich ward das Ding nun allbekannt.<br /> <br /> Man seufzt’ und schwor von allen Seiten,<br /> Den Tempel nimmer zu beschreiten.</p> <p>Der sorgenvolle Rath sprach mit der Klerisei,<br /> Und sie ließ eben so die Glatzenköpfe hangen.<br /> Auf einmal rief ein Mönch: »Mir fällt ein Ausweg bei!<br /> Die Jäger haben heut den bösen Wolf gefangen,<br /> Der sich unlängst in das Gebiet der Stadt<br /> Verlaufen, und darin herum gewüthet hat.<br /> Hetzt diesen Mörder unsrer Schafe,<br /> Zu seiner wohl verdienten Strafe,<br /> Dem Teufel in den offnen Schlund!<br /> Wird gleich dem argen Höllenhund<br /> Dieß Frühstück eben nicht belieben,<br /> So ziemt ihm doch, daß er es willig nimmt.<br /> Ihr habt ein Seelchen ihm verschrieben;<br /> Allein von wem? ist nicht bestimmt.« –</p> <p>Das Pfaffenplänchen fand Behagen,<br /> Und der Senat beschloß, den kühnen Streich zu wagen.<br /> Da nun das Fest der Tempelweih’ erschien,<br /> Gebot er, stracks den Wolf ans Hauptthor hin zu tragen,<br /> Und als die Glocken jetzt begannen anzuschlagen,<br /> Des Käfichs Fallthür aufzuziehn.<br /> Wild stürzte sich das Opferthier der Hölle<br /> Ins weite Kirchenschiff hinein.<br /> Husch! flog Herr Urian von seiner Lauerstelle<br /> Dumpf rauschend, wie ein Sturm, und pfeilschnell hintendrein,<br /> Und schmetterte voll Wuth, weil man ihn hintergangen,<br /> Das Thor von Erz so zu, daß seine Flügel sprangen.</p> <p>Bis heute läßt man diesen Spalt<br /> Von allen Reisenden begaffen,<br /> Und triumphirt, daß eines Pfaffen<br /> Verschmitztheit mehr, als Teufelspfiffe, galt.<br /> Auch wird, damit es nicht an Ueberzeugung fehle,<br /> Beim Kirchenthor der Wolf in Erz gezeigt,<br /> Nebst seiner ewiglich verlornen armen Seele,<br /> Die einem Tannenzapfen gleicht.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/august-friedrich-langbein" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">August Friedrich Langbein</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1796</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/august-friedrich-langbein/der-kirchenbau-in-aachen" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Der Kirchenbau in Aachen" class="rdf-meta element-hidden"></span> Wed, 31 Dec 2014 16:38:59 +0000 akessler 643 at https://www.textarchiv.com