Textarchiv - Gustav Schwab https://www.textarchiv.com/gustav-schwab Deutscher Schriftsteller. Geboren am 19. Juni 1792 in Stuttgart. Gestorben am 4. November 1850 in Stuttgart. de Wie drei Könige sich aufmachten, dem Sterne nachzuziehen https://www.textarchiv.com/gustav-schwab/wie-drei-koenige-sich-aufmachten-dem-sterne-nachzuziehen <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Drei Kön&#039;ge machten da sich auf,<br /> (Doch keiner wußte von dem andern),<br /> Die merkten auf des Sternes Lauf,<br /> Und huben an mit ihm zu wandern.<br /> Schon lange harrten sie des Herrn,<br /> Den des Propheten Wort verkündet,<br /> Der Sehnsucht Funken hat der Stern<br /> Zur lichten Flamme jetzt entzündet.</p> <p>Ein jeder nun bereitet sich<br /> In den drei fern geschiednen Landen<br /> Mit Opfern, Gaben, königlich,<br /> Zierraten, köstlichen Gewanden.<br /> Und Mäuler und Kameele drückt<br /> Die Last der aufgeladnen Güter,<br /> Manch gutes Saumroß geht gebückt,<br /> Und nebenher die Schar der Hüter.</p> <p>Und jeder, neben andrem Gut,<br /> Nimmt seines Landes eigne Gaben;<br /> Des Golds und der Gesteine Glut<br /> Sucht aus der König der Araben;<br /> Der Herr von Saba drückt den Saft<br /> Des edlen Weihrauchs aus dem Baume,<br /> Dem dunkeln Myrrhenkraut entrafft<br /> Der Tharser fürst von seinem Flaume.</p> <p>Was zu des Leibes Notdurft frommt,<br /> Lädt jeder auf, zur langen Reise;<br /> »Von Jakob&#039;s fernem Volke kommt<br /> Der Herr der Herren!« sprach der Weise.<br /> Dorthin zieht sie das Sterngebild,<br /> Doch weiß es keiner von dem andern:<br /> Einöde voll Gewürm und Wild<br /> Trennt ihre Pfade, die sie wandern.</p> <p>Sie rüsten große Heeresmacht,<br /> Den Neugebornen zu empfangen,<br /> Sie sehn im Geiste schon die Pracht<br /> Der königlichen Hofburg prangen;<br /> Sie baun im Geiste den Palast,<br /> Das Cedernthor, die Marmelstiege; –<br /> Und drinnen schläft in Duft und Glast<br /> Der Königssohn in goldner Wiege.</p> <p>Denn solch&#039; und größre Herrlichkeit<br /> Verspricht der Stern, der golden leuchtet,<br /> Und all das funkelnde Geleit<br /> Mit seines Lichtes Thau befeuchtet;<br /> Wo solche Stralen mild und klar<br /> Sich auf die dunkeln Wege streuen,<br /> Ja, müßten ziehen sie ein Jahr,<br /> Es will sie dennoch nicht gereuen.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gustav-schwab" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gustav Schwab</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1828</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gustav-schwab/wie-drei-koenige-sich-aufmachten-dem-sterne-nachzuziehen" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Wie drei Könige sich aufmachten, dem Sterne nachzuziehen" class="rdf-meta element-hidden"></span> Sun, 04 Nov 2018 22:10:10 +0000 mrbot 10760 at https://www.textarchiv.com Die Schlacht am Speicher https://www.textarchiv.com/gustav-schwab/die-schlacht-am-speicher <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>In dem grünen Speicherwald,<br /> Drunter schmucke Häuser liegen,<br /> Werden freie Männer bald<br /> Fröhlich sterben oder siegen.<br /> Von dem Sternenhimmel sieht<br /> Gott auf sie, der Herr der Schlachten,<br /> Wo das fromme Häuflein kniet,<br /> Betend hier zu übernachten.</p> <p>»Wenn es sein mag,« flehen sie,<br /> »Laß, o Herr! uns hier genesen!<br /> Oder sei der Boden hie<br /> Uns zum Kirchhof auserlesen<br /> Wer sich fliehend umgewandt,<br /> Werd&#039; auf fremder Erd&#039; erschlagen,<br /> Nicht das freie Vaterland<br /> Soll im Schoose solchen tragen!«</p> <p>Und der erste Sonnenstral<br /> Lächelt, wie sie sprechen Amen,<br /> Als die Feinde von dem Thal<br /> Nach den Höhn gestiegen kamen;<br /> Vorn die Edeln, hoch zu Roß,<br /> Die im Sattel stählern sitzen,<br /> Ihnen folgt ein kecker Troß<br /> Leichtbewehrter Bogenschützen.</p> <p>Doch sie sind die letzten nicht,<br /> Die bergan behende laufen:<br /> Hinten erst im Sonnenlicht<br /> Glänzen die gewalt&#039;gen Haufen:<br /> Dicht, wie Blumen in dem Lenz,<br /> Funkeln Helme, winken Hüte;<br /> Constanz, Ravenspurg, Bregenz<br /> Sendet seiner Männer Blüte.</p> <p>Und die Kirche schickt den Bann<br /> Fluchend in des Hirten Ohren,<br /> Pfaffe, Bürger, Edelmann<br /> Haben Schmach ihm heut geschworen.<br /> »Will der Bauer,« sprechen sie,<br /> »Gegen uns sein Haupt erheben?<br /> Nieder muß er auf das Knie,<br /> Muß erst betteln um sein Leben!«</p> <p>Hättet ihr geschauet ihn,<br /> Ei, wie würdet ihr ihn loben,<br /> Denn er lag schon auf den Knie&#039;n,<br /> Jetzt erst hat er sich erhoben.<br /> Ja, vor Gott hat er gekniet,<br /> Doch vor euch denkt er zu stehen,<br /> Ob er schon zurück sich zieht,<br /> Klug verborgen auf den Höhen.</p> <p>Einsam trifft der Feind den Wald,<br /> Ein Verhau von wenig Stämmen<br /> Macht ihm keinen Aufenthalt,<br /> Kann den raschen Zug nicht hemmen.<br /> Aus der Städter rüst&#039;gen Reih&#039;n<br /> Treten vor die Zimmerleute,<br /> Stoßen ihn mit Lachen ein:<br /> »Appenzell, bist unsre Beute!«</p> <p>Sieh da! von den höchsten Höh&#039;n<br /> Rasselt es mit Steinen nieder,<br /> Wie im Sturme Schlossen weh&#039;n,<br /> Und zersprengt die vordern Glieder.<br /> Und die Rosse bäumen sich,<br /> Drängen an&#039;s Gehölz den Reiter,<br /> Und wenn vornen Einer wich,<br /> Weichen hinten zehen Streiter.</p> <p>Dann in den verwirrten Zug<br /> Schießt der Pfeil und fährt die Lanze,<br /> Jetzt herunter erst im Flug<br /> Stürmt der Hirt vom Bergeskranze;<br /> Auf die dichten Haufen ein<br /> Haut er mit dem starken Arme,<br /> Und vergebens muß es sein,<br /> Wehrt sich einer aus dem Schwarme.</p> <p>Denn es fliegt der Alpenhirt<br /> Hüpfend auf die Felsenstücke,<br /> Daß kein Streich, kein Schuß verirrt<br /> Unter seinem sichern Blicke,<br /> Bis des Klosters Knechte fliehn,<br /> Die zuerst, wie feige Weiber,<br /> Stürzen auf die Andern hin,<br /> Wie auf&#039;s scheue Vieh die Treiber.</p> <p>Hunderte, sie möchten&#039;s gern,<br /> Kommen drunten nicht zum Schlagen,<br /> Und die Hirten stehn von fern,<br /> Schnelle Gemsen gilt&#039;s zu jagen.<br /> Hier und dort, als edles Wild,<br /> Hält ein Häuflein noch von Rittern,<br /> Dem die Brust von Grimme schwillt,<br /> Daß die Andern feige zittern.</p> <p>Doch erliegen sie dem Streit,<br /> Oder fliehen mit dem Heere,<br /> Da zerreißt sein Wappenkleid,<br /> Wem noch lieb ist Ritterehre.<br /> »Neben Pfaffen kämpfen wir,<br /> Neben Söldnern schnöder Städte!<br /> Weiche von uns Stammeszier!<br /> Fall&#039; zu Boden, goldne Kette!«</p> <p>Endlich steht nur Einer noch<br /> Als des Ahnenruhms Bewahrer,<br /> Stolz, von Wuchse riesig hoch,<br /> Vom Geschlecht der edlen Blarer.<br /> Ein dreifältig Panzerhemd<br /> Deckt ihn wider alle Streiche:<br /> Seinen Rücken angestemmt,<br /> Ficht er unter einer Eiche.</p> <p>Den besieht vom Berge sich<br /> Doch zuletzt ein Hirtenjunge:<br /> »Hilft mir Gott, so fäll&#039; ich dich!«<br /> Hebt die Schleuder dann zum Schwunge<br /> Einen spitzen Stein er schießt<br /> Ihm so flink durch&#039;s Helmesgitter,<br /> Daß das Blut sich draus ergießt,<br /> Und zu Boden stürzt der Ritter.</p> <p>Drauf herab hat sich die Flucht<br /> In Sankt Gallens Thal gezogen,<br /> Zwanzig Hirten in die Schlucht<br /> Sind ihr kühnlich nachgeflogen;<br /> Werfen einen Feuerbrand<br /> Vor den Thoren in die Mühle,<br /> Und gemach aus Feindesland<br /> Ziehn sie in der Morgenkühle.</p> <p>Und kein Schwert, kein Schild mehr klirrt;<br /> Auf dem Speicher weidet wieder<br /> Still der Appenzeller Hirt,<br /> Schaut in beide Thäler nieder;<br /> Höret aus dem Appenzell<br /> Freien Volkes Jubel schallen,<br /> Und ein Totenglöcklein hell<br /> Tönt herüber aus Sankt Gallen.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gustav-schwab" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gustav Schwab</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1828</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gustav-schwab/die-schlacht-am-speicher" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Die Schlacht am Speicher" class="rdf-meta element-hidden"></span> Sat, 13 Oct 2018 22:10:09 +0000 mrbot 10758 at https://www.textarchiv.com Wie die Könige Abendmahl hielten und starben https://www.textarchiv.com/gustav-schwab/wie-die-koenige-abendmahl-hielten-und-starben <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Vom Geiste waren sie erfüllet,<br /> Getauft mit seines Feuers Glut;<br /> Vom priesterlichen Kleid umhüllet,<br /> Hoch hielten sie des Mittlers Blut<br /> In einer goldnen Opferschale,<br /> Und hoch des Mittlers Haupt empor,<br /> Und riefen zu dem Abendmahle<br /> Die Brüder in des Tempels Chor.</p> <p>Hier theilten sie die hohen Gaben<br /> Mit milden Händen selig aus,<br /> Wie sie einst froh geopfert haben<br /> In dem zerfallnen Tempelhaus.<br /> Jetzt kommt das Opfer von dem Kinde,<br /> Das überschwengliche, herab,<br /> Das Opfer, das vertilgt die Sünde,<br /> Und das den Stachel nimmt dem Grab.</p> <p>Als wunderbar mit Trank und Speise<br /> Sie darauf Alle rings erfreut,<br /> Da nahte sich der Greis dem Greise,<br /> Das Mahl dem Andern jeder beut.<br /> Wie ward ihr welkes Haupt erhoben,<br /> Wie ward ihr müdes Herz erquickt!<br /> Und auf ihr Antlitz ward von oben<br /> Ein lichter Stral herabgeschickt.</p> <p>Und feurig brennt es durch die Scheiben,<br /> Das Haus füllt sich mit weicher Glut;<br /> Die Steine wollen Rosen treiben,<br /> Die Wände färben sich wie Blut,<br /> Der Kön&#039;ge Purpur steht in Flammen,<br /> Im Jugendschein ihr Angesicht –<br /> Woher strömt so viel Licht zusammen?<br /> Der Stern ist&#039;s, der durch Wolken bricht!</p> <p>Da hebt der Greise Blick sich trunken<br /> Und senkt sich wieder sänftiglich;<br /> Da ist ihr altes Haupt gesunken,<br /> Als neiget&#039; es zum Schlafe sich;<br /> Da weichen Knie&#039; und alle Glieder<br /> Des süßen, ew&#039;gen Schlummers Drang:<br /> Da legt ihr Geist die Hülle nieder,<br /> Der sich hinauf zum Sterne schwang.</p> <p>Es lächelt nieder auf die Leichen<br /> Sein Lebensbild der Stern noch lang;<br /> Der Bote winkt mit stillem Zeichen,<br /> Da hebet sich ein Grabgesang:<br /> Den Erstlingen der Heiden schallet<br /> Der Brüder schmerzlich süßer Ton,<br /> Und in die Erdenklage hallet<br /> Der Engel Lob vor Gottes Thron.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gustav-schwab" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gustav Schwab</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1828</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gustav-schwab/wie-die-koenige-abendmahl-hielten-und-starben" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Wie die Könige Abendmahl hielten und starben" class="rdf-meta element-hidden"></span> Sun, 07 Oct 2018 22:10:02 +0000 mrbot 10765 at https://www.textarchiv.com Die Appenzeller tagen https://www.textarchiv.com/gustav-schwab/die-appenzeller-tagen <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Seht! die Gipfel färben sich<br /> Mit der ersten Morgenhelle,<br /> Drunten noch in Nacht gehüllt<br /> Liegt des Abtes feste Zelle,<br /> Wo der finstre Vogt ihm hauset,<br /> Der den Bauern hält als Knecht;<br /> Doch der Herr sitzt in Sankt Gallen<br /> Und verschließt sein Ohr dem Recht.</p> <p>Aber von den Bergen steigt<br /> Nieder auf den Felsenstegen<br /> Rüstig Sennenvolk ins Thal,<br /> Aus den Hütten hochgelegen;<br /> Und die in der Tiefe wohnen<br /> Harren schon auf grünem Plan;<br /> So, indem der Dränger schlummert,<br /> Bricht der Tag der Freiheit an.</p> <p>Arme Hintersassen sind&#039;s,<br /> Lassen ihrer doch nicht spotten.<br /> Wie sie kommen, Dorf um Dorf,<br /> Stellen sie sich auf in Rotten.<br /> Ohne Namen und Geschlechter,<br /> Ohne Brauch und Obrigkeit,<br /> Doch beginnen sie zu tagen,<br /> Denn sie lehrt&#039;s die schlimme Zeit.</p> <p>Eines Haupt sieht man im Kreis<br /> Ueber andre Häupter ragen,<br /> Der die grausten Locken hat,<br /> Der viel weiß aus alten Tagen,<br /> Der die Freiheit jung gesehen<br /> Drüben ob und nid dem Wald: –<br /> »Ihr sollt die Gemeinde führen«<br /> Ruft das Volk, »Herr An der Hald!«</p> <p>Und es nimmt der Greis das Wort:<br /> »Wer zu klagen hat, der klage!<br /> Wem der Herr ein Leid gethan,<br /> Wen ein Vogt gekränkt, er sage!<br /> Was wir schuldig sind zu leisten,<br /> Geben wir dem Abte gern,<br /> Unrecht mögen wir nicht dulden,<br /> Nicht vom Diener, noch vom Herrn!«</p> <p>Hundert Stimmen wurden laut,<br /> Murrten, wie des Flusses Wellen,<br /> Daß der Vogt im Schlafe dacht&#039;:<br /> Ist die Sitter<br /> denn im Schwellen?<br /> Doch er schlummert fort im Schlosse,<br /> Und zur Stille mahnt der Greis!<br /> Der nur soll zum Volke reden,<br /> Der gewisse Kunde weiß.</p> <p>Alsbald hebet Einer an<br /> Wie dort Abt und Probst es treiben:<br /> Gehn auf Fisch- und Vogelfang,<br /> Mögen nicht im Kloster bleiben.<br /> Und ein Andrer hat&#039;s gesehen:<br /> Bei den ehrenwerten Frau&#039;n,<br /> Läßt der Abt im heil&#039;gen Münster<br /> Seiner Kammer Metze schau&#039;n.</p> <p>Anderhalde sprach, der Greis:<br /> »Möget ihr ihn drüber richten?<br /> Solches sündigt er dem Herrn,<br /> Mahn&#039; ihn der an seine Pflichten!<br /> Kümmert&#039;s uns, wenn hinter&#039;m Berge<br /> Einer lebt im wilden Braus?<br /> Bleibe rein nur unsre Kammer,<br /> Heilig unser Gotteshaus.</p> <p>Darum bringet andres vor:<br /> Wem ward Gut und Blut beleidigt?<br /> Wer bedarf&#039;s, daß gegen Schmach<br /> Ihn der Brüder Arm vertheidigt?«<br /> Und zween Männer traten klagend<br /> Vor das Volk, in bittrem Leid;<br /> Blut&#039;ge Wunden trug der Eine,<br /> Und der Andr&#039; ein Trauerkleid.</p> <p>»Meint ihr,« schrie der Erste laut,<br /> »Daß ich trage Schwertes Wunde?<br /> Vor dem Helfenberger Schloß<br /> Hetzt&#039; auf mich der Probst die Hunde!<br /> Jagen fand er mich im Walde,<br /> Rief erbost: Die Birsch&#039; ist mein,<br /> Und der Bauer soll mir frohnen,<br /> Soll nicht selber Jäger sein.</p> <p>Und der Edelleute Troß,<br /> Die ihn trotziglich umringen,<br /> Pfeifen seinen Doggen bald,<br /> Daß sie mich zu Boden zwingen.<br /> In der Nacht bin ich geflohen,<br /> Wie ein scheues Wild gejagt;<br /> Macht er uns zum Thier des Waldes?<br /> Das sei Gott und euch geklagt!«</p> <p>Der im Trauerkleide sprach:<br /> »Rettet mir des Hauses Ehre!<br /> Wer da lebt, der wehret sich,<br /> Tote nur sind ohne Wehre.<br /> Nicht mehr sicher in der Erde<br /> Sind sie vor der Vögte Wut;<br /> Meines Vaters Leiche rufet<br /> Laut, wie dieses Mannes Blut.«</p> <p>Als im kühlen Boden wir<br /> Gestern ihn mit Leid begraben:<br /> Kömmt der Vogt von Schwendi her,<br /> Will des Alten Leibrock haben.<br /> Ihm gebühret, spricht er trotzig,<br /> Jedes Toten bestes Kleid. –<br /> »Herr! wir haben ihn im Sarge<br /> Mit geschmückt, es ist uns leid!</p> <p>Und der Grimme geht an&#039;s Grab,<br /> In dem Herzen hegt er Arges,<br /> Läßt den Boden wühlen auf,<br /> Zerrt am Deckel seines Sarges,<br /> Oeffnet, zwingt den starren Vater<br /> Noch einmal ans Tageslicht.<br /> Zieht dem Leichnam ab die Hülle<br /> Vor der Kinder Angesicht!«</p> <p>Mit Entsetzen horcht das Volk,<br /> Aber eh&#039; den Spruch es waget,<br /> Theilt ein Weib der Männer Kreis:<br /> »Hört mich,« schreit sie, »weil ihr taget!<br /> Wär&#039; ein Bote mir geblieben,<br /> Hätt&#039; ich gern euch den gesandt;<br /> Doch es liegt mein Mann ermordet,<br /> Und mein Söhnlein ist verbrannt!</p> <p>Frisch und fröhlich war der Mann,<br /> Mocht&#039; ein keckes Wörtlein sagen:<br /> Sieh! von Bußnang kommt der Probst<br /> Grimm zu Roß, läßt ihn erschlagen;<br /> Heißt mich aus der Hütte treiben,<br /> Hinter mir liegt Haus und Kind.<br /> Jetzt erst wirft er drein die Flamme,<br /> Daß die Asche fliegt im Wind!</p> <p>Gott des Zorns, gieb Manneskraft<br /> Meinem Arm zu meinen Schmerzen,<br /> Oder gieb, barmherz&#039;ger Gott,<br /> Diesen Männern Mutterherzen!<br /> Daß die Väter in dem Lande<br /> Mögen sprechen frei und warm,<br /> Daß die Mütter können lächeln,<br /> Ihre Kinder auf dem Arm!«</p> <p>Als das arme Weib so sprach,<br /> Huben sie den Arm, den straffen;<br /> Und errötend rief der Greis:<br /> »Männer, sagt, wo habt ihr Waffen?«<br /> »Seid getrost, Herr Anderhalde!<br /> Haus und Stall sind voll davon:<br /> Bickelhauben, Hellebarden,<br /> Panzer harren lange schon!«</p> <p>Und er sprach: »So komm&#039; hervor,<br /> Steige hinter unsern Bergen,<br /> Die du Mord und Brand geschaut,<br /> Und den Gräuel an den Särgen,<br /> Zeuge für uns, Gottes Sonne,<br /> Daß der Krieg nicht unsre Schuld,<br /> Denn die wilden Frevel rissen<br /> Aus der Seele die Geduld!«</p> <p>Bald sind&#039;s keine Hirten mehr,<br /> Blanker Harnisch glänzt an allen,<br /> Und der Greis eilt durch den Wald<br /> Zu den Freunden in Sankt Gallen:<br /> Die gen Bußnang, die zur Zelle,<br /> Scharen klimmen hier und dort,<br /> Morgen vor dem Helfenberge<br /> Sagen sie dem Probst ein Wort.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gustav-schwab" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gustav Schwab</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1828</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gustav-schwab/die-appenzeller-tagen" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Die Appenzeller tagen" class="rdf-meta element-hidden"></span> Fri, 05 Oct 2018 22:10:03 +0000 mrbot 10065 at https://www.textarchiv.com Wie der Stern erschien https://www.textarchiv.com/gustav-schwab/wie-der-stern-erschien <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>So gingen Viele zu den Sternen,<br /> Die sahen den verheißnen nicht,<br /> Und andre stiegen auf, zu lernen,<br /> Von wannen schiene doch sein Licht.<br /> Und diese schieden auch im Glauben<br /> Und starben hin in Hoffnungslust,<br /> Kein Zweifel kam, den Stern zu rauben,<br /> In die erhellte Heidenbrust.</p> <p>Und Zwölfe blieben&#039;s ihrer immer,<br /> Sie harrten aus im Glanz der Nacht,<br /> Sie schliefen bei des Tages Schimmer,<br /> Von stern&#039;gen Träumen angelacht.<br /> Noch lagen sie, in die Gewande<br /> Gehüllt, in Abends erstem Duft,<br /> Da weckte sie ein Glanz am Rande,<br /> Wo sich berühren Erd&#039; und Luft.</p> <p>Die Blicke glühn, die Herzen schwellen,<br /> Denn, einer Morgenröte gleich,<br /> Sehn sie den Osten sich erhellen,<br /> Und alle Sterne werden bleich;<br /> Es steigt, es steigt – es ist die Sonne,<br /> Zu nennen ist ein Stern es nicht,<br /> Getrunken hat er aus dem Bronne<br /> Des ew&#039;gen Lichtes selbst sein Licht.</p> <p>Er sendet lange, goldne Stralen,<br /> Nicht, wie die andern Sterne thun,<br /> Die heute matt in ihrem fahlen,<br /> Verschwommnen, armen Glanze ruhn.<br /> In ganzen Strömen gießt er nieder,<br /> Das Licht, das seinem Kern entstammt,<br /> Als schlüg&#039; ein Adler sein Gefieder,<br /> So wallt sein Stral, und fleugt und flammt.</p> <p>Die Zwölfe sandten Zeichentöne<br /> Ins nebeleingehüllte Land,<br /> Dieweil der Stern in seiner Schöne,<br /> Den Berg verklärend, stille stand.<br /> Er stand und wich nicht mit dem Dunkel,<br /> Er spielte mit dem Morgenthau;<br /> Die Sonne kam, es drang sein Funkel<br /> Unausgelöscht hinab zur Au&#039;.</p> <p>Da ward ein Jubel und ein Schrecken,<br /> Als man gewahrte Berg und Thal<br /> Mit zweier Sonnen Schein sich decken,<br /> Und Alles glühn im Doppelstral.<br /> Es war, als ob mit Zungen sängen<br /> Die Lichter hell einander an,<br /> Es war, als spräch&#039;s in tausend Klängen:<br /> Geht, euren König zu empfahn!</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gustav-schwab" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gustav Schwab</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1828</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gustav-schwab/wie-der-stern-erschien" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Wie der Stern erschien" class="rdf-meta element-hidden"></span> Sat, 29 Sep 2018 22:10:02 +0000 mrbot 10763 at https://www.textarchiv.com Wie die Schwabenstädte Abt Kuno Hilfe senden https://www.textarchiv.com/gustav-schwab/wie-die-schwabenstaedte-abt-kuno-hilfe-senden <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Wandrer mögen gerne spähen<br /> Von dem Vögliseck in&#039;s Land,<br /> Sich den blauen See besehen<br /> Und die Städte längs dem Strand:<br /> Bregenz unter düstern Fichten,<br /> Helles Lindau, Inselstadt,<br /> Mörsburg zwischen Wein und Früchten,<br /> Kostnitz, das den Rheinstrom hat;</p> <p>Aber das ist nicht, was heute<br /> Sieht der Appenzeller Hirt,<br /> Dessen Blick die offne Weite,<br /> Finstrer Sorgen voll, durchirrt:<br /> Er zählt nur die Männerscharen,<br /> Die aus Schwabens Städten ziehn,<br /> Er sieht nur die Schiffe fahren,<br /> Alle her und keine hin.</p> <p>Wie von giftigen Gewürmen<br /> Wimmelt das Gestade schon,<br /> Fröhlich von Sankt Gallens Thürmen<br /> Lädt sie ein der Glocken Ton.<br /> Und ein Wiehern steigt von Pferden<br /> Aus dem tiefen Thal herauf;<br /> Nach der Heimat mit den Heerden<br /> Eilt der Hirt in schnellem Lauf.</p> <p>Drunten meldet er die Kunde;<br /> Und, die Panzer angethan,<br /> Fängt in seinem Wiesengrunde<br /> Appenzell zu tagen an.<br /> Doch wer soll dir Kundschaft bringen<br /> Aus der feindevollen Stadt,<br /> Völklein, das zu solchen Dingen<br /> Wenig Witz und Gabe hat?</p> <p>Greif&#039; nur mutig zu den Wehren,<br /> Küre deinen Landshauptmann;<br /> Wirst du doch die Welt bald lehren,<br /> Was die kluge Unschuld kann:<br /> Deine Töchter werden Boten,<br /> Ziehen zu dem Feind mit Lust;<br /> In den Miedern bebt, den roten,<br /> Mutig eine treue Brust!</p> <p>Durch die Thore von Sankt Gallen,<br /> Wo der Wächter stehn genug,<br /> Läßt man doch die Mägde wallen<br /> Mit der Milch im schmucken Krug.<br /> Denn die Städter in dem Saale<br /> Mit des See&#039;s bejahrtem Most<br /> Tränkt der Abt, doch zu dem Mahle<br /> Taugt der Alpen fette Kost.</p> <p>Und die Jungfraun stehen drinnen<br /> Zierlich in des Klosters Flur,<br /> Spähn mit klugen Weibersinnen,<br /> Kommen vielem auf die Spur:<br /> Wo Herr Kuno mit den Schwaben<br /> Hält beim Becher lauten Rat;<br /> Wenn sie g&#039;nug erlauschet haben,<br /> Gehn sie heim auf steilem Pfad. –</p> <p>Jene tagten auf der Wiese,<br /> Bis die Schar der Töchter kam,<br /> Und zum Vater eilet diese,<br /> Die zum rüst&#039;gen Bräutigam:<br /> »Männer! weiter nicht gesäumet,<br /> Auf, gen Speicher diese Nacht!<br /> Wenn sie meinen, daß ihr träumet,<br /> Haltet vor dem Lande Wacht!«</p> <p>Und zweihundert sind gerüstet,<br /> Eh&#039; der Mond am Himmel scheint,<br /> Die nach kühnem Kampf gelüstet<br /> Gegen zehnmal stärkern Feind.<br /> Einen klugen Scharenmeister<br /> Hat das treue Schwyz gesandt;<br /> Stille ziehen sie wie Geister,<br /> Nächtlich auf des Berges Rand.</p> <p>Ueber ihren Häuptern gehet<br /> Trüb und rot ein seltner Stern,<br /> Wie den Scheitel Haar umwehet,<br /> Wallt ein Schweif um seinen Kern.<br /> Wohl ist er ein finster Zeichen,<br /> Wo er scheint, da fließet Blut;<br /> Fließ&#039; es denn von unsern Streichen!<br /> Denken sie im hohen Mut.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gustav-schwab" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gustav Schwab</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1828</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gustav-schwab/wie-die-schwabenstaedte-abt-kuno-hilfe-senden" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Wie die Schwabenstädte Abt Kuno Hilfe senden" class="rdf-meta element-hidden"></span> Sat, 29 Sep 2018 22:10:01 +0000 mrbot 10761 at https://www.textarchiv.com Zu Schiffers Braut von Messina https://www.textarchiv.com/gustav-schwab/zu-schiffers-braut-von-messina <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Geduldet wird der Sänger müßig Volk noch stets,<br /> Und noch nicht ganz in dieser sorgenvollen Welt<br /> Verpönt und ausgestoßen ist Sorglosigkeit.<br /> Wer schwer am Reisebündel durch den grünen Wald<br /> Im Schweiße trägt, wer seiner Güter volle Fracht<br /> Zwölfspännig in der Bäume Schatten fortbewegt,<br /> Wer mit dem Wagen fliegend kaum die Zweige streift,<br /> Der Städte Strudel seine Sinne zugekehrt: –<br /> Sie alle lauschen, wenn aus luft&#039;gem Blätterdach<br /> Die Amsel schlägt, wenn schmetternd sich die Lerche hebt.<br /> So wird der Dichter buntes Lied wohl auch behorcht,<br /> Und was man selbst sich nicht mehr Zeit zu fühlen nimmt,<br /> Die erdvergeßne Stimme der Gemütlichkeit,</p> <p>Man hört sie jezuweilen gern aus Andrer Mund.<br /> Begnüge nur der Sänger, wie der Vogel, sich<br /> Mit diesem flücht&#039;gen Beifall für sein flüchtig Lied,<br /> Verlange nicht, daß über seinem Sang und Klang<br /> Ihr Tagewerk vergesse die geschäft&#039;ge Zeit,<br /> Und schelte nicht den kurzen Dank Undankbarkeit.<br /> Undankbar ist die Welt nicht, wenn es Großes gilt;<br /> Zwar kommt der Dank für Herrliches wohl spät genug<br /> Und über&#039;m Grabe blühet er den Besten oft.<br /> Nur große Dichter leiden kein so bittres Loos,<br /> Ihr mächtig Wort durchschüttert schnell die Gegenwart<br /> Und tönt in alle Zukunft unverhallt hinaus.<br /> Wie bald war in dem Hohen, dessen Wiege stolz<br /> Das Vaterland dem Fremden zeigt, die Wunderkraft<br /> Erkannt, wie bald vernommen sein gewaltig Lied,<br /> Wie bald verklungen jedes schwäch&#039;re neben ihm!</p> <p>Nicht nur dem Sänger lauschte willig jedes Ohr,<br /> Nein, vor dem Seher beugte tief sich jedes Haupt,<br /> Und an dem Götterboten sah man scheu empor,<br /> Der Niegeahntes, Unenthülltes kündete.<br /> Er kam emporgestiegen aus dem dunkeln Schacht<br /> Des stillen Abgrunds, welcher Menschenseele heißt,<br /> Durchwandert hatt&#039; er die verborgnen Tiefen all,<br /> Der Leidenschaften unbekannte Mütter dort,<br /> Die Urgefühle, durchgeforscht, die schlummernden;<br /> Und was vertragen hätte kein gemeiner Blick,<br /> Ward ihm in seiner Dichterfackel Schein verklärt,<br /> Und das Verklärte führt&#039; er in den Tempel ein,<br /> In dem die Musen solchen Priesters harreten.<br /> Da rang des Erdenlebens innerster Gehalt<br /> Empor in mächtig kämpfender Gestaltung sich;<br /> Der Schönheit und der Wahrheit Opfer flammte hoch<br /> Gen Himmel auf, zur Wonne der Unsterblichen.<br /> Und auch der Menschen Auge that sich staunend auf,<br /> Begreifen lehrte seine Kunst das Wesen sie.</p> <p>Ein solch Geheimniß, das er aufgeschlossen hat,<br /> Soll heute, wo beseelend seine Dichtermacht<br /> In Leben wandeln seines Tods Gedächtnis wird,<br /> Entfalten unser Streben, stark durch seinen Geist.<br /> In jener Dichtung riesenmäßig dehnendem<br /> Hohlspiegel sammelt wachsend Haß und Liebe sich;<br /> Und wirft verstärkt ein übermenschlich Bild heraus.<br /> Doch mangelt reines Ebenmaaß der Größe nie,<br /> Nicht schweift die Gier in wilde Mißbewegung aus,<br /> Nicht mit verzerrter Miene Grinsen spricht der Zorn,<br /> Schön bleibt ein weinend, ein verzweifelnd Angesicht.<br /> Und so entläßt euch selber das Entsetzliche,<br /> Das euch, gemeinverwirklicht, als Gorgonenhaupt<br /> Entgegen starren würde, durch des Dichters Kunst<br /> Befriedet, mit dem Jammerschicksal selbst versöhnt.<br /> Dann, wenn euch seiner Chöre welt-erklärend Wort<br /> Nach Haus entläßt mit langem Seelenwiederhall,<br /> Nicht götterlos in&#039;s Leben tretet ihr hinaus,<br /> Ihr glaubet wieder an der Dichtung Wesenheit,<br /> Und ernster geht ihr weltlichem Berufe nach,<br /> Denn euch im Geiste keimet Ueberweltliches.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gustav-schwab" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gustav Schwab</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1828</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gustav-schwab/zu-schiffers-braut-von-messina" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Zu Schiffers Braut von Messina" class="rdf-meta element-hidden"></span> Mon, 13 Aug 2018 22:10:02 +0000 mrbot 10762 at https://www.textarchiv.com Zu Lessings Nathan https://www.textarchiv.com/gustav-schwab/zu-lessings-nathan <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Wo ist die Werkstatt, drin die sichre Waffe,<br /> Das Wort, zum Pfeil, zum Schwert, zum Helm und Schild<br /> Geschaffen wird? Nicht wenig liegt daran,<br /> Zu Schutz und Trutz es tüchtig zu besitzen,<br /> Zum Angriff scharf, doch ehrlich, giftig nicht,<br /> Zum Schirme fest und sicher, doch nicht plump.<br /> Es recht zu schmieden, ist die große Kunst,<br /> Ist unsrer Zeit fast einziges Bestreben,<br /> Denn nicht mehr auf des Degens Spitze nur,<br /> Auch auf der Lippen Schneide ruht die Welt.</p> <p>Der Heros, der in kühnem Redestreit<br /> Mit neu erfundnen Künsten angeführt<br /> Das kämpfende Jahrhundert, dem das unsre,<br /> Ein unruhvolles Kind, entsprossen ist,<br /> Der große Lessing, an dem Ambos stand<br /> Des Wortes er, ein deutscher Waffenschmied.<br /> Manch blankes Wurfgeschoß fliegt glänzend jetzt<br /> Herüber und hinüber durch die Luft,<br /> Das Er geschmiedet, das vom alten Rost</p> <p>Er einst gesäubert, Niemand weiß es mehr.<br /> Doch wie Apoll, der Fernhintreffende,<br /> Nicht stets den Bogen spannt und manchesmal<br /> Der Muse Schlummer mit den Saiten weckt:<br /> So hat auch Er das Wort zum Waffendienst<br /> Nicht stets gebraucht, es ward auch ihm zum Liede,<br /> Es ward zum weltgestaltenden Gedicht.<br /> Zwar hielt er selbst sich, der Bescheidene,<br /> Für keinen Schöpfer, keine Dichterkraft:<br /> »Nicht fühl&#039; ich in mir die lebend&#039;ge Quelle,«<br /> Sprach er, »die aufwärts dringt mit eignem Trieb,<br /> Und in so reichen, frischen, reinen Stralen<br /> Aufschießt an&#039;s Licht; durch Druckwerk nur und Rohr<br /> Preßt sich&#039;s bei mir herauf.« So sprach der Mann,<br /> Und sandt&#039; aus seinem Geist der Dichtung Quell,<br /> Der sprudelnd heut, nach sechzig Jahren, quillt.<br /> Wir fragen nicht: Ist es ein Wasserfall,<br /> Der in die tiefe Heimat niedereilt,<br /> Ist es ein Springquell, den die Absicht schuf?<br /> Uns ist&#039;s Natur. Und wär es Gartenkunst:<br /> Zur schönen Wildniß ward für uns die Kunst;<br /> Ein heil&#039;ger Hain ist seine Poesie,<br /> Aus dem des deutschen Geistes Welle rauscht.</p> <p>Auch dieser Nathan ist noch immer frisch,<br /> Ist Leben, wie&#039;s die rechte Dichtung ist.<br /> Sein Gleichniß von den Ringen funkelt noch<br /> Rubinenhell, erfreut, erbittert noch,<br /> Zum Sinnen und zum Zweifel weckt es noch.</p> <p>Doch warum davon sprechen, wenn sein Wort,<br /> Sein eigenes, nur harrt, von unsern Lippen,<br /> Ein theueres Vermächtniß, auszugehn?<br /> Gewährt ihm Stille, diesem ernsten Wort;<br /> Bewegt&#039;s in eurem Geist, und ängstet&#039;s euch,<br /> So ruft empor, was ihr in eigner Brust<br /> Von Ueberzeugung und von Glauben hegt.</p> <p>Kein Wort ist furchtbar, wenn den Hörer es<br /> Mit innrem Gegenwort gerüstet findet.<br /> Drum, Freund und Widersacher, horchet auf!<br /> Nur Segen bringen kann ein Dichterwort!</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gustav-schwab" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gustav Schwab</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1828</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gustav-schwab/zu-lessings-nathan" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Zu Lessings Nathan" class="rdf-meta element-hidden"></span> Sat, 04 Aug 2018 22:10:01 +0000 mrbot 10759 at https://www.textarchiv.com Wie der Probst gestraft wird https://www.textarchiv.com/gustav-schwab/wie-der-probst-gestraft-wird <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Auf dem Helfenberger Schlosse,<br /> In des Thurgau&#039;s fettem Thal,<br /> Sitzt der Probst mit edlen Herren,<br /> Hält beim roten Wein das Mahl.<br /> Aber röter als der Wein<br /> Fängt der Himmel an zu stralen,<br /> In den klaren Teichen sehn<br /> Sie die dunkle Glut sich malen.</p> <p>Bußnang steht in düstern Flammen,<br /> Keßwyl&#039;s alter Thurm, er raucht,<br /> Enn&#039; und Bürglen glühn zusammen,<br /> Eins vom andern angehaucht.<br /> Qualm erfüllt das grüne Thal,<br /> Immer steigt die Flamme heller,<br /> Und im Fliehen ruft ein Knecht:<br /> »Herr, ach Herr, die Appenzeller!«</p> <p>Und es hebt der Vogt von Schwendi<br /> Blaß und zitternd sich vom Mahl,<br /> Und der Vogt der Abteszelle<br /> Stürzet flüchtig in den Saal.<br /> Aus dem Schlaf ward er gejagt<br /> Mit dem ersten Morgenschimmer,<br /> Und der Hirte hinter ihm<br /> Riß die Burg in Schutt und Trümmer.</p> <p>Oede wird es an den Tischen,<br /> Zu den Waffen ruft der Probst,<br /> Doch ihn warnt ein frommer Ritter:<br /> »Herr! umsonst ist&#039;s, daß du tobst.<br /> Als du Vater schlugst und Kind,<br /> Und auf Menschen hetztest Hunde,<br /> Brannten deine Burgen schon,<br /> War gekommen deine Stunde!</p> <p>Lege gütlich dich zum Ziele;<br /> Was du thatst im Zornesmut,<br /> Büße mit gelinden Worten,<br /> Kluge Reu&#039; macht vieles gut!«<br /> Zag und trotzig spricht der Probst:<br /> »Seht Ihr Bürger von Sankt Gallen?<br /> Mit den Bauren handl&#039; ich nicht;<br /> Bürger lass&#039; ich mir gefallen.«</p> <p>Und den Feinden vor der Veste<br /> Thut sich auf das alte Thor;<br /> Würd&#039;ge Bürger von Sankt Gallen<br /> Bringen ihr Begehren vor.<br /> Freundlich von dem roten Wein<br /> Schenkt der Probst den ernsten Gästen;<br /> Ihnen, nur den Hirten nicht,<br /> Uebergiebt er seine Vesten.</p> <p>Doch die schlichten Appenzeller<br /> Trauen ihrem Feinde nicht,<br /> Es gelüstet sie, zu schauen<br /> Ihres Gegners Angesicht.<br /> Der so vielen Leids gethan,<br /> Selber wollen sie ihn hören;<br /> Kam aus seinem Mund der Eid,<br /> Wollen sie ihm Frieden schwören.</p> <p>Als sie zornig dieß bedeutet,<br /> Thut sich auf das alte Thor,<br /> Und auf seines Schlosses Brücke<br /> Tritt der stolze Probst hervor.<br /> Zitternd unter seinem Schritt<br /> Schwankt das Brett und bebet lange,<br /> So, den Abgrund unter sich,<br /> Steht der Herr und schwöret bange.</p> <p>Und die Schar betrübter Ritter<br /> Ziehet stille mit ihm aus.<br /> Auch der Hirte schwur ihm redlich,<br /> Wandelt ohne Groll nach Haus.<br /> Einsam, aufrecht steht die Burg<br /> Zwischen den verheerten Auen,<br /> Darf, geschirmt von Männereid,<br /> Hoch auf Trümmer niederschauen.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gustav-schwab" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gustav Schwab</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1828</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gustav-schwab/wie-der-probst-gestraft-wird" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Wie der Probst gestraft wird" class="rdf-meta element-hidden"></span> Tue, 31 Jul 2018 22:10:02 +0000 mrbot 10764 at https://www.textarchiv.com Wie die Könige nach Hause kamen und was weiter geschah https://www.textarchiv.com/gustav-schwab/wie-die-koenige-nach-hause-kamen-und-was-weiter-geschah <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Die Kön&#039;ge, die in dreizehn Tagen<br /> Der wundervolle Stern geführt,<br /> Daß sie von keiner Reise Plagen,<br /> Von keines Wegs Verdruß gespürt,<br /> Seit sie zusammen heimwärts kehren,<br /> Wie langsam geht ihr Zug voran,<br /> Daß ihnen ewig däucht zu währen<br /> Die jüngst so rasch durchflogne Bahn.</p> <p>Bald gähnt ein Schlund vor ihrem Fuße,<br /> Bald steigt ein Berg vor ihnen auf,<br /> Vor einem brückenlosen Flusse<br /> Steht jetzo, jäh gehemmt, ihr Lauf.<br /> Und ist er überbaut, durchschwommen,<br /> So wandern sie im öden Land;<br /> Und wenn sie in&#039;s bewohnte kommen,<br /> Faßt Niemand ihres Worts Verstand.</p> <p>Doch wo durch Zeichen und durch Worte<br /> Sie öffnen können Aug&#039; und Ohr,<br /> Erzählen sie von ihrem Horte<br /> Und bringen ihre Wunder vor.<br /> Mit Demut und mit ganzer Liebe<br /> Beschreiben Mutter sie und Kind,<br /> Und wecken heißer Sehnsucht Triebe,<br /> Wo Menschen, die es hören, sind;</p> <p>Und ziehen fort, am Leib ermüdet,<br /> Am Geiste fröhlich und getrost,<br /> Im Herzen seliglich befriedet,<br /> Wenn um sie Sturm und Wetter tost.<br /> Es trennt sich keiner von dem andern,<br /> Und endlich, nach dem zweiten Jahr,<br /> Sieht man hinauf den Berg sie wandern,<br /> Wo erst der Stern erschienen war.</p> <p>Dorthin bescheiden sie die Fürsten<br /> Und ihrer Völker manchen Mann,<br /> Die nach des Sternes Heile dürsten –<br /> Und kündigen das Wunder an.<br /> Da regen sich mit froher Schnelle<br /> Der Arme viel von Jung und Alt,<br /> Und eine freudige Kapelle<br /> Glänzt auf des Berges Spitze bald.</p> <p>Der Götter trübe Mißgebilde<br /> Sie blieben diesem Tempel fern,<br /> Man sah da nur in sel&#039;ger Milde<br /> Des Kindes Bild in einem Stern.<br /> Jetzt ekelte vor ihren Göttern<br /> Der Völker aufgethanem Sinn,<br /> Sie gingen fort, sie zu zerschmettern,<br /> Und stellten Stern und Kindlein hin.</p> <p>Drauf haben leiblich sich geschieden<br /> Die frommen Kön&#039;ge Hand aus Hand,<br /> Und trugen ihres Kindes Frieden<br /> Ein jeder in sein eigen Land;<br /> Doch ihre Herzen allerwegen,<br /> Die blieben bei einander stets;<br /> Und jährlich kamen sie zu pflegen<br /> In der Kapelle des Gebets.</p> <p>Und jedesmal, so oft sie kamen,<br /> Da wußten sie der Wunder viel,<br /> Verkündeten, wie guter Samen<br /> In so viel neue Herzen fiel.<br /> Von unsichtbarer Hand getrieben,<br /> Wird ihnen leicht ihr Fürsten-Amt,<br /> Ein kindlich Hoffen, Glauben, Lieben<br /> Hat ihrer Völker Herz entflammt.</p> <p>Gar manches Jahr verging den Frommen<br /> In solches Kinderglaubens Stral,<br /> Und auf dem Berg zusammenkommen<br /> Sind sie schon mehr denn dreißigmal.<br /> Es war der König der Araben<br /> Gebeugter, hundertjähr&#039;ger Greis;<br /> Des Mohrenjünglings Haupt umgaben<br /> Die sonst so schwarzen Locken weiß.</p> <p>Und also knieten einst die Greisen<br /> Zusammen vor des Kinds Altar,<br /> Und um die drei, da stand der weisen,<br /> Der edlen Morgenländer Schar;<br /> Da kam zu der geweihten Schwelle<br /> Herein ein schlichter Pilgersmann,<br /> Er schaut sich um in der Kapelle,<br /> Er hebt getrost die Botschaft an.</p> <p>Es ist ein Bote von dem König!<br /> Wie horcht der Männer glaubig Ohr!<br /> Wie wußten sie seither so wenig,<br /> Welch neues Bild schwebt ihnen vor!<br /> O martervolle Kreuzerhöhung!<br /> O Tod von unerforschter Art!<br /> O wunderbare Auferstehung!<br /> O wonnereiche Himmelfahrt!</p> <p>Der Bote bringt die rechten Kunden,<br /> Er hat kein Traumbild ausgehegt,<br /> Hat in des Meisters Seitenwunden<br /> Die zweifelsbange Hand gelegt.<br /> Er ging, und auf dem Pilgerlaufe<br /> Rief seinen Herrn und Gott er aus,<br /> Und heute fodert er zur Taufe<br /> Die Greisen in des Kindes Haus.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gustav-schwab" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gustav Schwab</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1828</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gustav-schwab/wie-die-koenige-nach-hause-kamen-und-was-weiter-geschah" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Wie die Könige nach Hause kamen und was weiter geschah" class="rdf-meta element-hidden"></span> Mon, 02 Jul 2018 22:10:02 +0000 mrbot 10060 at https://www.textarchiv.com