Textarchiv - Eduard von Bauernfeld https://www.textarchiv.com/eduard-von-bauernfeld Österreichischer Schriftsteller. Geboren am 13. Januar 1802 in Wien. Gestorben am 9. August 1890 in Wien. de Der kranke Löwe https://www.textarchiv.com/eduard-von-bauernfeld/der-kranke-loewe <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Es lag der gnädige Löwe krank.<br /> In seiner Höhle war grosser Stank.<br /> Sich zu zerstreu’n liess seine Gnaden<br /> Die Tiere zum Besuche laden.<br /> Des Kämmerers Ruf erging an drei:<br /> An den Esel, den Bock und Fuchsen dabei;<br /> Die hätten sich gern der Ehr’ enthoben,<br /> So ward der Esel vorgeschoben,<br /> Der zitternd trat in die Höhle ein. –<br /> Da lag der König im Dämmerschein.<br /> Der spricht, indem die heisse Gier<br /> Aus seinen Feueraugen blinkt:<br /> »Freund Baldwyn, sag’, wie riecht es hier?« –<br /> »Herr König«, schnuppert der Esel, »es stinkt!«<br /> Das Eselein, der Wahrheit beflissen,<br /> Ward für sein keckes Wort zerrissen. –<br /> Kam drauf der Bock gehüpft, vor Graus<br /> Stehn ihm die Augen beim Kopf heraus.<br /> »Mein Böcklein, sprich, wie riecht es dir?« –<br /> »Herr König wie Bisam duftet es mir.«<br /> Der Schmeichler war nichts Besseres wert:<br /> Ihm ward sein Inn’res herausgekehrt. –<br /> Nun kam der Fuchs auf leisen Sohlen,<br /> Was wird Herr Reineke sich holen?<br /> »Mein guter Fuchs, du treue Seele,<br /> Sprich doch, wie riecht’s in meiner Höhle?«<br /> Der Reinhard niest: »Ich kann’s nicht sagen,<br /> Mich thut ein arger Schnupfen plagen.«<br /> Der König schweigt, beisst in die Lippe<br /> Und reicht ihm eine Eselsrippe:<br /> »Da nimm und iss, du kluger Mann,<br /> Ich seh’s, du bist kein heuriger Hase;<br /> Wer den Geruch verleugnen kann,<br /> Der hat die allerfeinste Nase.«</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/eduard-von-bauernfeld" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Eduard von Bauernfeld</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1904</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/eduard-von-bauernfeld/der-kranke-loewe" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Der kranke Löwe" class="rdf-meta element-hidden"></span> Sat, 23 May 2015 23:34:54 +0000 akessler 867 at https://www.textarchiv.com Bettlerlied https://www.textarchiv.com/eduard-von-bauernfeld/bettlerlied <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Betracht’ ich auch jedes Geschäft in der Welt,<br /> Ich weiss mir kein besser’s als betteln;<br /> Da kann ich bequem und so wie mir’s gefällt,<br /> Das Leben, die Tage verzetteln;<br /> Den Bettler nenn’ ich den freiesten Mann,<br /> Der nichts besitzt, nichts verlieren kann.</p> <p>Die Arbeit, die jeder Vernünftige scheut,<br /> Die heiss’ ich vom Halse mir bleiben;<br /> Der Gott, der dem Sperling sein Futter streut,<br /> Lässt mich’s wie die Sperlinge treiben:<br /> Sie fliegen und flattern munter und frei,<br /> Hungern ein bischen – und leben dabei.</p> <p>Und eigentlich treib’ ich, was jeglicher thut;<br /> Es betteln die ehrlichsten Leute;<br /> Doch hat nicht jeder den seligen Mut,<br /> Zu sorgen nur immer für heute;<br /> Betrachtet das Treiben der Menschen nur recht –<br /> Es ist mir ein völliges Bettlergeschlecht.</p> <p>Der bettelt um Reichtum, um Ehren und Macht,<br /> Und jener um gnädige Worte;<br /> Der Liebende lauert in schweigsamer Nacht<br /> Und bettelt sich ein in die Pforte;<br /> Es quält sich der Künstler am Musenaltar,<br /> Erbettelt sich Beifall von thörichter Schar.</p> <p>Das hilflose Kind, eh’ es sprechen noch kann,<br /> Es bettelt mit Mien’ und Geberde,<br /> Damit es dereinst als völliger Mann,<br /> Ein völliger Bettler auch werde;<br /> Schenk’ diesem die Erde, so weit sie bewohnt,<br /> Er will noch die Sterne und will noch den Mond!</p> <p>Ich aber will fürder mit fröhlichem Sinn<br /> Durch’s Leben als Bettler nur schleichen;<br /> Demütig reich’ ich die Mütze dir hin,<br /> Und seh’ ich den glücklichen Reichen,<br /> So denk’ ich mir lächelnd: Du Stolzer, nur zu!<br /> Ein Bettelmann bist doch am Ende auch du.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/eduard-von-bauernfeld" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Eduard von Bauernfeld</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1904</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/eduard-von-bauernfeld/bettlerlied" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Bettlerlied" class="rdf-meta element-hidden"></span> Mon, 02 Mar 2015 11:30:05 +0000 akessler 866 at https://www.textarchiv.com