Textarchiv - Ignaz Franz Castelli https://www.textarchiv.com/ignaz-franz-castelli Österreichischer Dichter und Dramatiker. Geboren am 6. März 1781 in Wien. Gestorben am 5. Februar 1862 in Wien. de Sanct Martin https://www.textarchiv.com/ignaz-franz-castelli/sanct-martin <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Sankt Martin mit viel Rittersleut’<br /> Wohl über’s Feld zum Jagen reit’t,<br /> Und als sie kamen an einen Hag,<br /> Ein nackter Mann an der Straße lag,<br /> Dem klapperten vor Frost die Zähne,<br /> Und an der Wimper fror ihm die Thräne;<br /> Er rang die Hände und bat mit Beben,<br /> Sie möchten ihm ein Almosen geben,<br /> Und alle die Ritter die zogen fürbas,<br /> Den nackten Armen gab Keiner was.</p> <p>Sie wendeten von ihm das Angesicht,<br /> Die Jammergestalt zu schauen nicht;<br /> Der Martin aber sein Roß hielt an:<br /> „Von mir, du Armer, sollst was ha’n!“<br /> Er nimmt sein Schwert und alsogleich<br /> Haut er seinen Mantel — gesticket reich<br /> Mit Gold und Silber — entzwei in Eil<br /> Und gibt dem Nackten den einen Theil,<br /> Die and’re Hälft’ er selber behalt’t,<br /> Und reitet den Andern nach in den Wald.</p> <p>Und wie den Martinus erblickte die Rott’,<br /> Überhäuften sie ihn mit Hohn und Spott:<br /> „Da seht nur einmal den Narren an,<br /> Er theilt sein Kleid mit dem Bettelmann;<br /> Der halbe Mantel steht ihm gar schön,<br /> Er kann damit zum Pankette gehn,<br /> Damit ihn künftig mag Jeder erkennen,<br /> So woll’n wir den halben Ritter ihn nennen.“<br /> Sie lachten und witzelten noch gar viel,<br /> Martinus war all ihres Spottes Ziel.</p> <p>Doch wie der Abend zu dämmern beginnt,<br /> So wehet ein kalter, schneidender Wind,<br /> Die Ritter hüllten sich alle fein<br /> In ihre großen Mäntel ein,<br /> Und wollten reiten sogleich von hinnen,<br /> Doch konnten sie keinen Ausweg gewinnen,<br /> Nur immer tiefer kamen s’ in Wald,<br /> Und pfiff der Wind noch einmal so kalt;<br /> Sie jammerten sehr und vermeinten schier<br /> Sie müßten vor Kälte heut sterben hier.<br /> Martinus nur mit dem halben Kleid<br /> Empfindet’s nicht, daß der Wind so schneid’t,<br /> Er lächelt über ihr Schnappern und Bangen<br /> Und sitzt auf dem Roß mit glühenden Wangen.</p> <p>Und jetzo ein rosenfarbiges Licht<br /> Hervor aus der dunkelen Wildniß bricht,<br /> Und unter die Starrenden tritt heran<br /> Herr Christ, mit dem halben Kleid angethan,<br /> Das jenem Armen Martinus gegeben,<br /> Und um ihn herum seine Engelein schweben.<br /> Und Jesus sich zu Martino wendet:<br /> „Ja wahrlich, was ihr den Armen spendet,<br /> Das habet ihr mir selber gegeben,<br /> Und Früchte tragt’s euch im Tod und im Leben;<br /> Jedwede Wohlthat, noch so klein,<br /> Wird euch erwärmen und lohnend seyn.“</p> <p>Sie fielen all auf ihr Angesicht<br /> Und Jesus verschwand — doch des Glaubens Licht<br /> Es leuchtete über dem heidnischen Haufen;<br /> Sie ließen sich alle zu Christen taufen.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/ignaz-franz-castelli" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Ignaz Franz Castelli</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1844</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/ignaz-franz-castelli/sanct-martin" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Sanct Martin" class="rdf-meta element-hidden"></span> Wed, 13 May 2015 22:22:20 +0000 akessler 1050 at https://www.textarchiv.com Der Stotterer https://www.textarchiv.com/ignaz-franz-castelli/der-stotterer <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Thomas Hase musst’ erscheinen<br /> Bei dem Amt der Conscribierten;<br /> Als sie dort ihn visitierten,<br /> Fing er an gar sehr zu weinen,<br /> Sprechend: »He – Herr Ofizier!<br /> Ni – ni – nichts fe – fehlet mir,<br /> Aber sto – sto – stottern thu’ ich!«</p> <p>Der versetzte: »Sei nur ruhig,<br /> Denn man braucht dich nicht zum Sprechen,<br /> Sondern nur zum Hau’n und Stechen!«<br /> »Aber« – sagte Thomas weiter –<br /> »Wenn vor einem Ze – Ze – Zelte<br /> Man als Wa – Wa – Wacht mich stellte,<br /> Und die Fei – Fei – Feindes-Reiter<br /> Spre – spre – sprengten auf mich ein,<br /> Könnt’ ich nicht We – Werda! schrei’n!«</p> <p>Lächelnd sprach der Offizier:<br /> »Das thut auch nichts; glaube mir,<br /> Wenn die Wach’ nur schreien kann,<br /> Auf das Wort kommt’s da nicht an!«</p> <p>Immer stärker weinte Hase,<br /> So, dass ihm die hellen Thränen<br /> Liefen über Wang’ und Nase!<br /> »Ach! ich mu – muss noch erwähnen,«<br /> Schrie er, »se – se – setzen wir,<br /> Ein Fei – Feind hau – haut nach mir,<br /> Oder sch – sch – schiesst sogar,<br /> O ich a – a – armer Narr!<br /> Au – au – aus wär’s mi – mit mir,<br /> Denn nicht schne – schne – schnell wie Ihr,<br /> Könnt’ Pa – Pa – Pardon ich schrei’n!«</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/ignaz-franz-castelli" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Ignaz Franz Castelli</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1904</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/ignaz-franz-castelli/der-stotterer" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Der Stotterer" class="rdf-meta element-hidden"></span> Tue, 03 Mar 2015 08:44:09 +0000 akessler 909 at https://www.textarchiv.com