Textarchiv - Kurt Tucholsky https://www.textarchiv.com/kurt-tucholsky Deutscher Journalist und Schriftsteller. Geboren am 9. Januar 1890 in Berlin. Gestorben am 21. Dezember 1935 in Göteborg (Schweden). de Ersterbendes Gemurmel https://www.textarchiv.com/kurt-tucholsky/ersterbendes-gemurmel <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Allherbstlich, wenn die braunen Blätter fallen,<br /> fällt auch dem Dichter dies und jenes ein.<br /> Er sieht, wie Wolken sich zusammenballen,<br /> er hört der Völker wilde Streiterein …<br /> Der deutsche Dichter kratzt sich an den Waden<br /> und fängt sich still den letzten Sommerfloh;<br /> und denkt: du könntst dich auch mal wieder baden<br /> und überhaupt und so …</p> <p>Ich bin ein Preuße. Pfui auf die Verneinung!<br /> Ich lob die positive Position.<br /> Und ich besitz das Recht der freien Meinung<br /> in Wort und Bild und auch im Grammophon.<br /> Ich sage, was ich will, und sag es feste,<br /> am Stammtisch sag ichs und im Wahlbureau.<br /> Stolz sag ichs und mit einer weiten Geste:<br /> „ … und überhaupt und so …“</p> <p>Ich wohnte schon in vielen, vielen Zimmern,<br /> am Meer, in Bukarest, in Großenhain;<br /> und immer hört ich eine Jöhre wimmern,<br /> ein Schreihals muß in jeder Straße sein.<br /> Dann mach ich mir so allerhand Gedanken,<br /> zum Beispiel über unsern Reventlow –<br /> Die kleinen Kinder haut man auf den blanken<br /> und überhaupt und so …</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/kurt-tucholsky" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Kurt Tucholsky</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1919</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/kurt-tucholsky/ersterbendes-gemurmel" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Ersterbendes Gemurmel" class="rdf-meta element-hidden"></span> Fri, 10 Jun 2016 22:00:02 +0000 akessler 1814 at https://www.textarchiv.com An Peter Panter https://www.textarchiv.com/kurt-tucholsky/an-peter-panter <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Peter Panter, Mitarbeiter!<br /> Steig doch auf die hohe Leiter!<br /> Singe doch von aktuellen<br /> Zeitgenossenzwischenfällen!</p> <p>Laß die Liebe, laß die Damen<br /> mit dem freundlich blonden Namen;<br /> laß die bunten Busentücher –<br /> und vor allem: laß die Bücher!</p> <p>Laß sie Bücher schreiben, drucken –<br /> wozu da hinuntergucken!<br /> Frisch! hinein ins volle Leben!<br /> Aktuell mußt du dich geben!</p> <p>Sieh mich an! Fast jede Woche<br /> pfeif ich auf dem Flötenloche:<br /> Reichstag, Wahlrecht, Osten, Westen,<br /> Presse, Orden, Schweinemästen –!</p> <p>Tanz die nationale Runde!<br /> Kennst du das Gebot der Stunde?<br /> Höcker macht das viel gewandter,<br /> Peter Panter, Peter Panter!</p> <p>Du mußt aktueller schwätzen,<br /> und man wird dich höher schätzen!<br /> Lerne du im Hurraschrein:<br /> man darf nicht beschaulich sein.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/kurt-tucholsky" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Kurt Tucholsky</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1919</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/kurt-tucholsky/an-peter-panter" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="An Peter Panter" class="rdf-meta element-hidden"></span> Thu, 12 May 2016 22:00:02 +0000 akessler 1811 at https://www.textarchiv.com Herz mit einem Sprung https://www.textarchiv.com/kurt-tucholsky/herz-mit-einem-sprung <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Im Gesicht und auch in Sachsen,<br /> wo die Meise piepst,<br /> laß ich den Bart mir wachsen,<br /> weil du mich nicht mehr liebst.<br /> Susala und dusala –<br /> weil du mich nicht mehr liebst.</p> <p>Wir waren beide einsam;<br /> auch ich als Woll-Agent.<br /> Die Herzen waren gemeinsam,<br /> die Kassen waren getrennt.<br /> Susala und dusala –<br /> Da bin ich konsequent.</p> <p>Du sagst, du wärst im Training<br /> wohl für ein Fecht-Tournier.<br /> Du aßest gar nicht wening<br /> und hattst nie Geld bei dir …<br /> Susala und dusala –<br /> Man ist ja Kavalier.</p> <p>Du aßest frisch und munter<br /> nicht ohne jeden Charme<br /> die Karte rauf und runter,<br /> die Küche kalt und warm.<br /> Susala und dusala –<br /> dem Kellner schmerzt der Arm.</p> <p>Ich fand das übertrieben<br /> und sah dich zornig an.<br /> Ein Mann will gratis lieben,<br /> sonst ist er gar kein Mann!</p> <p>Ich kann dich nicht vergessen.<br /> Noch heut könnt ich dich maln.<br /> Du hast zu viel gegessen …<br /> Wer kann denn das bezahln!<br /> Susala und dusala –<br /> Wer kann denn das bezahln!</p> <p>Ums Kinn starrn mir die Stoppeln.<br /> Mein Vollbart ist noch jung.<br /> So fahr ich nun nach Oppeln<br /> zu ner Versteigerung …<br /> Doch mein Herz,<br /> doch mein Herz,<br /> doch mein Herz<br /> hat einen Sprung –!</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/kurt-tucholsky" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Kurt Tucholsky</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1932</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/kurt-tucholsky/herz-mit-einem-sprung" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Herz mit einem Sprung" class="rdf-meta element-hidden"></span> Mon, 18 Apr 2016 22:00:06 +0000 akessler 1480 at https://www.textarchiv.com Kümmernis https://www.textarchiv.com/kurt-tucholsky/kuemmernis <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Frühmorgens beim Kaffee – mein faltiger Bauch,<br /> wie baumelst du trübe und leer!<br /> Gewiß, ohne Zucker und Milch geht es auch,<br /> so reicht mir die Kanne nur her.<br /> Kein Fleisch und kein Honig, kein Fett und kein Ei,<br /> wie öd ist das Frühstücksgedeck!<br /> Doch eines, mein Bauch, stört am meisten uns zwei:<br /> Die Sahne …<br /> die Sahne ist weg!</p> <p>Und nicht nur beim Kaffee – o Allegorie!<br /> komm mit in den Musenhain.<br /> Wie sehr auch der Kunstmarkt lärmte und schrie:<br /> wer reich ist, der braucht nicht zu schrein.<br /> Die Expressionisten im Kinderkleid<br /> und die Kunst mit dem fünfstelligen Scheck –<br /> und ich denke an Brahm und die alte Zeit –<br /> Die Sahne …<br /> die Sahne ist weg!</p> <p>So schau in die Zukunft! – Was kommt denn danach,<br /> wenn die Große Zeit einst vorbei?<br /> Was kommt nach den Tränen, dem Blut und der Schmach<br /> und all dem Nationengeschrei?<br /> Was kommt für die Kinder? die Generation<br /> der Hoffnung?<br /> Ich sehe da black –<br /> Mein Jugendlicher, o Ludolf, mein Sohn:<br /> Die Sahne …<br /> die Sahne ist weg!</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/kurt-tucholsky" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Kurt Tucholsky</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1919</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/kurt-tucholsky/kuemmernis" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Kümmernis" class="rdf-meta element-hidden"></span> Wed, 30 Mar 2016 22:00:01 +0000 akessler 1815 at https://www.textarchiv.com Freundliche Aufforderung https://www.textarchiv.com/kurt-tucholsky/freundliche-aufforderung <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Ich bin ein dicker, aber reiner Knabe,<br /> von treuer, braver, biederer Ehrlichkeit;<br /> ich freu mich an dem bißchen, das ich habe,<br /> und geh in schmucklos grauem Bürgerkleid.<br /> Doch würd auch ich das goldne Kalb umhuppen,<br /> nennt mir ein Schieber eine große Zahl<br /> und deutet auf den Kaffee tief im Schuppen:<br /> „Na, wollen wir mal?“</p> <p>Michel steht auswärts. Sei es in Rumänien,<br /> sei es in Belgien, seis in der Türkei –<br /> Und in der Heimat sitzen nur die wenigen,<br /> die gründen eine Vaterlandspartei.<br /> Der Kammerherr reicht zierlich wie zum Tanze<br /> die Fingerspitzen einem General;<br /> stehn sie parat, dann fragt der Chef vons Ganze:<br /> „Na, wollen wir mal?“</p> <p>Der Friede ist ein junger, eleganter<br /> Flaneur auf jenem Boulevard der Welt.<br /> Von Tag zu Tag wird er nur noch scharmanter,<br /> doch scheints, daß er den Damen nicht gefällt.<br /> Da gehn nun so viel, mit und ohne Schleier,<br /> in Poirets Stoff, in Schottlands buntem Schal –<br /> und keine, keine spricht zu ihm als Freier:<br /> „Na, Kleiner? wollen wir mal?“</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/kurt-tucholsky" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Kurt Tucholsky</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1919</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/kurt-tucholsky/freundliche-aufforderung" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Freundliche Aufforderung" class="rdf-meta element-hidden"></span> Fri, 25 Mar 2016 23:00:01 +0000 akessler 1813 at https://www.textarchiv.com Ballade https://www.textarchiv.com/kurt-tucholsky/ballade <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Da sprach der Landrat unter Stöhnen:<br /> „Könnten Sie sich an meinen Körper gewöhnen?“<br /> Und es sagte ihm Frau Kaludrigkeit:<br /> „Vielleicht. Vielleicht.<br /> Mit der Zeit …mit der Zeit …“<br /> Und der Landrat begann nun allnächtlich im Schlafe<br /> laut zu sprechen und wurde ihr Schklafe.<br /> Und er war ihr hörig und sah alle Zeit<br /> Frau Kaludrigkeit – Frau Kaludrigkeit!</p> <p>Und obgleich der Landrat zum Zentrum gehörte,<br /> wars eine Schande, wie daß er röhrte;<br /> er schlich der Kaludrigkeit ums Haus …<br /> Die hieß so – und sah ganz anders aus:<br /> Ihre Mutter hatte es einst in Brasilien .<br /> mit einem Herrn der bessern Familien.<br /> Sie war ein Halbblut, ein Viertelblut:<br /> nußbraun, kreolisch; es stand ihr sehr gut.<br /> Und der Landrat balzte: Wann ist es soweit?<br /> Frau Kaludrigkeit – Frau Kaludrigkeit!</p> <p>Und eines Abends im Monat September<br /> war das Halbblut müde von seinem Gebember<br /> und zog sich aus. Und sagte: „Ich bin …“<br /> und legte sich herrlich nußbraun hin.<br /> Der Landrat dachte, ihn träfe der Schlag!<br /> Unvorbereitet fand ihn der Tag.<br /> Nie hätt er gehofft, es noch zu erreichen.<br /> Und er ging hin und tat des gleichen.</p> <p>Pause</p> <p>Sie lag auf den Armen und atmete kaum.<br /> Ihr Pyjama flammte, ein bunter Traum.<br /> Er glaubte, ihren Herzschlag zu spüren.<br /> Er wagte sie nicht mehr zu berühren …<br /> Er sann, der Landrat. Was war das, soeben?<br /> Sie hatte ihm alles und nichts gegeben.<br /> Und obgleich der Landrat vom Zentrum war,<br /> wurde ihm plötzlich eines klar:<br /> Er war nicht der Mann für dieses Wesen.<br /> Sie war ein Buch. Er konnt es nicht lesen.<br /> Was dann zwischen Liebenden vor sich geht,<br /> ist eine leere Formalität.</p> <p>Und so lernte der Mann in Minutenfrist,<br /> daß nicht jede Erfüllung Erfüllung ist.<br /> Und belästigte nie mehr seit dieser Zeit<br /> die schöne Frau Inez Kaludrigkeit.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/kurt-tucholsky" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Kurt Tucholsky</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1932</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/kurt-tucholsky/ballade" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Ballade" class="rdf-meta element-hidden"></span> Thu, 24 Mar 2016 23:00:02 +0000 akessler 1476 at https://www.textarchiv.com Denkmalsschmelze https://www.textarchiv.com/kurt-tucholsky/denkmalsschmelze <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Da steht nun Gustav der Verstopfte,<br /> aus Eisenguß, die Hand am Knauf.<br /> Jedwedes brave Herze klopfte<br /> und schlug zu jenem Standbild auf.</p> <p>Und da –? Er wackelt auf dem Sockel<br /> man gab ihm einen kräftigen Schub.<br /> Die Adler, seine Ruhmesgockel,<br /> das kommt nun alles hin zu Krupp.</p> <p>Ein kleiner Hund ist der Entennte<br /> vermutlich brüderlich gesinnt.<br /> Er schnuppert an dem Postamente<br /> und hebt das Bein. Die Träne rinnt.</p> <p>Doch plötzlich sieht sein Aug nach oben.<br /> Der Fürst ist weg! Wer weiß da Rat?<br /> Sein Hinterbein bleibt zwar erhoben,<br /> doch tut er nicht mehr, was er tat.</p> <p>Du kleiner Hund, sei nicht verwundert.<br /> Man kanns verstehn. Du bist verdutzt.<br /> Denn seit dem Jahre Siebzehnhundert<br /> hat Er zum erstenmal genutzt.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/kurt-tucholsky" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Kurt Tucholsky</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1919</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/kurt-tucholsky/denkmalsschmelze" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Denkmalsschmelze" class="rdf-meta element-hidden"></span> Wed, 23 Mar 2016 23:00:02 +0000 akessler 1812 at https://www.textarchiv.com Malwine https://www.textarchiv.com/kurt-tucholsky/malwine <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Ich habe mich deinetwegen<br /> gewaschen und rasiert.<br /> Ich wollt mich zu dir legen<br /> mit einem Viertelchen,<br /> mit einem Achtelchen –<br /> Malwine!<br /> Doch du hast dich geziert.</p> <p>Der Kuckuck hat geschrieen<br /> auf deiner Schwarzwalduhr.<br /> Ich lag vor deinen Knieen:<br /> „Gib mir ein Viertelchen!<br /> Gib mit ein Achtelchen!<br /> Malwine!<br /> Ein kleinen Stückchen nur!“</p> <p>Dein Bräutigam war prosaisch.<br /> Demselben hat gefehlt,<br /> dieweilen er mosaisch,<br /> ein kleines Viertelchen,<br /> ein kleines Achtelchen …<br /> das hätt dich sehr gequält!</p> <p>Du hast mir nichts gegeben<br /> und sahst mich prüfend an.<br /> Das, was du brauchst im Leben,<br /> sei nicht ein Viertelchen,<br /> und nicht ein Achtelchen …<br /> das sei ein ganzer Mann –!</p> <p>Mich hat das tief betroffen.<br /> Dein Blick hat mich gefragt …<br /> Ich ließ die Frage offen<br /> und habe nichts gesagt.</p> <p>Daß wir uns nicht besaßen!<br /> So aalglatt war mein Kinn.<br /> Nun irr ich durch die Straßen …<br /> Malwine –!<br /> und weine vor mich hin.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/kurt-tucholsky" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Kurt Tucholsky</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1932</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/kurt-tucholsky/malwine" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Malwine" class="rdf-meta element-hidden"></span> Thu, 14 Jan 2016 23:00:02 +0000 akessler 1478 at https://www.textarchiv.com Lied fürs Grammophon https://www.textarchiv.com/kurt-tucholsky/lied-fuers-grammophon <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Gib mir deine Hand,<br /> Lucindy!<br /> Du, im fernen Land –<br /> Lucindy!<br /> Wie die Ätherwellen flitzen<br /> über Drähte, wo die Raben sitzen,<br /> saust meine Liebe dir zu …<br /> du –<br /> tu–tu–tu– mmm –</p> <p>Wenn du mich liebst, so singt dein Blut,<br /> Lucindy!<br /> Ach, wenn du nicht da bist, bin ich dir so gut,<br /> Lucindy!<br /> Dein, dein Lächeln läßt mir keine Ruh …<br /> Man kann von oben lächeln,<br /> man kann von unten lächeln,<br /> man kann daneben lächeln –<br /> wie lächelst du?<br /> tu–tu–tu– mmm –</p> <p>Meine, die will mich verlassen,<br /> Lucindy!<br /> Deiner, der will dich fassen,<br /> Lucindy!<br /> Kehr zu ihm zurück!<br /> Vielleicht ist das das Glück …<br /> Ich guck in den Mond immerzu –<br /> oh, so blue – mmm –</p> <p>Wie man auch setzt im Leben,<br /> Lucindy!<br /> man tippt doch immer daneben,<br /> Lucindy!<br /> Wir sitzen mit unsern Gefühlen<br /> meistens zwischen zwei Stühlen –<br /> und was bleibt, ist des Herzens Ironie …<br /> Lucindy!<br /> Lucindy!<br /> Lucindy –!</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/kurt-tucholsky" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Kurt Tucholsky</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1932</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/kurt-tucholsky/lied-fuers-grammophon" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Lied fürs Grammophon" class="rdf-meta element-hidden"></span> Tue, 17 Nov 2015 23:00:02 +0000 akessler 1481 at https://www.textarchiv.com Stationen https://www.textarchiv.com/kurt-tucholsky/stationen <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Erst gehst du umher und suchst an der Frau<br /> das, was man anfassen kann.<br /> Wollknäul, Spielzeug und Kätzchen-Miau –<br /> du bist noch kein richtiger Mann.<br /> Du willst eine lustig bewegte Ruh:<br /> sie soll anders sein, aber sonst wie du …<br /> Dein Herz sagt:<br /> Max und Moritz!</p> <p>Das verwächst du. Dann langts nicht mit dem Verstand.<br /> Die Karriere! Es ist Zeit …!<br /> Eine kluge Frau nimmt dich an die Hand<br /> in tyrannischer Mütterlichkeit.<br /> Sie paßt auf dich auf. Sie wartet zu Haus.<br /> Du weinst dich an ihren Brüsten aus …<br /> Dein Herz sagt:<br /> Mutter.</p> <p>Das verwächst du. Nun bist du ein reifer Mann.<br /> Dir wird etwas sanft im Gemüt.<br /> Du möchtest, daß im Bett nebenan<br /> eine fremde Jugend glüht.<br /> Dumm kann sie sein. Du willst: junges Tier,<br /> ein Reh, eine Wilde, ein Elixier.<br /> Dein Herz sagt:<br /> Erde.</p> <p>Und dann bist du alt.<br /> Und ist es soweit,<br /> daß ihr an der Verdauung leidet –:<br /> dann sitzt ihr auf einem Bänkchen zu zweit,<br /> als Philemon und Baucis verkleidet.</p> <p>Sie sagt nichts. Du sagst nichts. Denn ihr wißt,<br /> wie es im menschlichen Leben ist …<br /> Dein Herz, das so viele Frauen besang,<br /> dein Herz sagt: „Na, Alte …?“<br /> Dein Herz sagt: Dank.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/kurt-tucholsky" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Kurt Tucholsky</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1932</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/kurt-tucholsky/stationen" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Stationen" class="rdf-meta element-hidden"></span> Fri, 30 Oct 2015 23:00:01 +0000 akessler 1475 at https://www.textarchiv.com