Textarchiv - Georg Heym https://www.textarchiv.com/georg-heym Deutscher Schriftsteller. Geboren am 30. Oktober 1887 in Hirschberg, Schlesien. Gestorben am 16. Januar 1912 in Gatow. de Abends https://www.textarchiv.com/georg-heym/abends <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Es ist ganz dunkel. Und die Küsse fallen<br /> Wie heißer Tau im dämmernden Gemach.<br /> Der Wollust Fackeln brennen auf und wallen<br /> Mit roter Glut dem dunklen Abend nach.</p> <p>Das Fieber jagt ihr Blut mit weißem Brand,<br /> Daß sie sich halb schon seinem Durst gewährt.<br /> Sie bebt auf seinem Schoß, da seine Hand<br /> In ihrem Hemd nach ihren Brüsten fährt.</p> <p>Hinten, im Vorhang, in der Dunkelheit<br /> Steht auf das Bett, der Hafen ihrer Gier.<br /> Wie Wolken auf dem Meere lagert breit<br /> Darauf der Dunst von schwarzem Elixier.</p> <p>Wie wird es sein? Sie friert in seinem Arm,<br /> Der ihren nackten Leib hinüberträgt.<br /> Es zittert auf in ihrem Schoße warm,<br /> Um den er wild die beiden Arme schlägt.</p> <p>Ihr blondes Haar brennt durch die Nacht, darein<br /> Die tiefe Hand des feuchten Dunkels wühlt.<br /> Der Sturm der Wollust läßt sie leise schrein,<br /> Da seinen Biß sie in den Brüsten fühlt.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/georg-heym" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Georg Heym</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1911</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/georg-heym/abends" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Abends" class="rdf-meta element-hidden"></span> Tue, 20 Jun 2017 22:00:26 +0000 mrbot 4783 at https://www.textarchiv.com Stimme aus der Tiefe https://www.textarchiv.com/georg-heym/stimme-aus-der-tiefe <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Willst du denn, daß ich ganz zu Grunde geh?<br /> Du weißt, du schlugst mich oft schon,<br /> Wenn ich dich bat um einen Strahl der Höh.<br /> Ich trug&#039;s, denn endlich hofft ich Lohn.</p> <p>Warum von neuem folterst du mich jetzt<br /> Wo ich die ganze Nacht durch mit dir rang?<br /> Was hab ich dich denn gar zu sehr verletzt.<br /> Ich will Erhörung, ich fleh nicht mehr lang!</p> <p>Bist du der Liebe Gott, so gib mir Teil an ihr<br /> Und zeig mir nicht bloß Schemen, die entglitten.<br /> Ich hoffe noch: ein Glückstrahl neigt sich mir,<br /> Doch kann ich nicht mehr warten, lange bitten.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/georg-heym" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Georg Heym</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1911</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/georg-heym/stimme-aus-der-tiefe" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Stimme aus der Tiefe" class="rdf-meta element-hidden"></span> Thu, 13 Apr 2017 22:00:13 +0000 mrbot 4788 at https://www.textarchiv.com Der fliegende Holländer https://www.textarchiv.com/georg-heym/der-fliegende-hollaender <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Wie Feuerregen füllt den Ozean<br /> Der schwarze Gram. Die großen Wogen türmt<br /> Der Südwind auf, der in die Segel stürmt,<br /> Die schwarz und riesig flattern im Orkan.</p> <p>Ein Vogel fliegt voraus. Sein langes Haar<br /> Sträubt von den Winden um das Haupt ihm groß.<br /> Der Wasser Dunkelheit, die meilenlos,<br /> Umarmt er riesig mit dem Schwingenpaar.</p> <p>Vorbei an China, wo das gelbe Meer<br /> Die Drachendschunken vor den Städten wiegt,<br /> Wo Feuerwerk die Himmel überfliegt<br /> Und Trommeln schlagen um die Tempel her.</p> <p>Der Regen jagt, der spärlich niedertropft<br /> Auf seinen Mantel, der im Sturme bläht.<br /> Im Mast, der hinter seinem Rücken steht,<br /> Hört er die Totenuhr, die ruhlos klopft.</p> <p>Die Larve einer toten Ewigkeit<br /> Hat sein Gesicht mit Leere übereist.<br /> Dürr, wie ein Wald, durch den ein Feuer reist.<br /> Wie trüber Staub umflackert es die Zeit.</p> <p>Die Jahre graben sich der Stirne ein,<br /> Die wie ein alter Baum die Borke trägt.<br /> Sein weißes Haar, das Wintersturmwind fegt,<br /> Steht wie ein Feuer um der Schläfen Stein.</p> <p>Die Schiffer an den Rudern sind verdorrt,<br /> Als Mumien schlafen sie auf ihrer Bank.<br /> Und ihre Hände sind wie Wurzeln lang<br /> Hereingewachsen in den morschen Bord.</p> <p>Ihr Schifferzopf wand sich wie ein Barett<br /> Um ihren Kopf herum, der schwankt im Wind.<br /> Und auf den Hälsen, die wie Röhren sind,<br /> Hängt jedem noch ein großes Amulett.</p> <p>Er ruft sie an, sie hören nimmermehr.<br /> Der Herbst hat Moos in ihrem Ohr gepflanzt,<br /> Das grünlich hängt und in dem Winde tanzt<br /> Um ihre welken Backen hin und her.</p> <p>II.</p> <p>Dich grüßt der Dichter, düsteres Phantom,<br /> Den durch die Nacht der Liebe Schatten führt,<br /> Im unterirdisch ungeheuern Dom,<br /> Wo schwarzer Sturm die Kirchenlampe schürt,</p> <p>Die lautlos flackert, ein zerstörtes Herz,<br /> Von Qual durchlöchert, und die Trauer krankt<br /> Im Tode noch in seinem schwarzen Erz.<br /> An langen Ketten zittert es und schwankt.</p> <p>Sein roter Schein flammt über Gräber hin.<br /> An dem Altare kniet ein Ministrant,<br /> Zwei Dolche in der offnen Brust. Darin<br /> Noch schwält und steigt trostloser Liebe Brand.</p> <p>Durch schwarze Stollen flattert das Gespenst.<br /> Er folgt ihm blind, wo schwarze Schatten fliehn,<br /> Den Mond an seiner Stirn, der trübe glänzt,<br /> Und Stimmen hört er, die vorüberziehn</p> <p>Im hohlen Grund, der von den Qualen schwillt,<br /> Mit dumpfem Laut. Ein ferner Wasserfall<br /> Pocht an der Wand, und bittre Trauer füllt<br /> Wie ein Orkan der langen Treppen Fall.</p> <p>Fern kommt ein Zug von Fackeln durch ein Tor,<br /> Ein Sarg, der auf der Träger Schultern bebt<br /> Und langsam durch den langen Korridor<br /> In trauriger Musik vorüberschwebt.</p> <p>Wer ruht darin? Wer starb? Der matte Ton<br /> Der Flöten wandert durch die Gänge fort.<br /> Ein dunkles Echo ruft er noch, wo schon<br /> Die Stille hockt an dem versunk’nen Ort.</p> <p>Das Grau der Mitternacht wird kaum bedeckt<br /> Von einer gelben Kerze, und es saust<br /> Der Wind die Gänge fort, der bellend schreckt<br /> Den Staub der Grüfte auf, der unten haust.</p> <p>Maßlose Traurigkeit. In Nacht allein<br /> Verirrt der Wandrer durch den hohen Flur,<br /> Wo oben in der dunklen Wölbung Stein<br /> Gestirne fliehn in magischer Figur.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/georg-heym" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Georg Heym</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1911</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/georg-heym/der-fliegende-hollaender" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Der fliegende Holländer" class="rdf-meta element-hidden"></span> Fri, 31 Mar 2017 22:00:03 +0000 mrbot 3682 at https://www.textarchiv.com Hymne https://www.textarchiv.com/georg-heym/hymne <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Unendliche Wasser rollen über die Berge,<br /> Unendliche Meere kränzen die währende Erde,<br /> Unendliche Nächte kommen wie dunkele Heere<br /> Mit Stürmen herauf, die oberen Wolken zu stören.</p> <p>Unendliche Orgeln brausen in tausend Röhren,<br /> Alle Engel schreien in ihren Pfeifen,<br /> Über die Türme hinaus, die gewaltig schweifen<br /> In ewiger Räume verblauende Leere.</p> <p>Aber die Herzen, im unteren Leben verzehret,<br /> Bei dem schmetternden Schallen verzweifelter Flöten<br /> Hoben wie Schatten sich auf im tödlichen Sehnen,<br /> Jenseit lieblicher Abendröten.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/georg-heym" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Georg Heym</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1911</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/georg-heym/hymne" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Hymne" class="rdf-meta element-hidden"></span> Sun, 12 Mar 2017 23:00:03 +0000 mrbot 3621 at https://www.textarchiv.com Halber Schlaf https://www.textarchiv.com/georg-heym/halber-schlaf <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Die Finsternis raschelt wie ein Gewand,<br /> Die Bäume torkeln am Himmelsrand.</p> <p>Rette dich in das Herz der Nacht,<br /> Grabe dich schnell in das Dunkele ein,<br /> Wie in Waben. Mache dich klein,<br /> Steige aus deinem Bette.</p> <p>Etwas will über die Brücken,<br /> Es scharret mit Hufen krumm,<br /> Die Sterne erschraken so weiß.</p> <p>Und der Mond wie ein Greis<br /> Watschelt oben herum<br /> Mit dem höckrigen Rücken.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/georg-heym" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Georg Heym</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1911</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/georg-heym/halber-schlaf" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Halber Schlaf" class="rdf-meta element-hidden"></span> Sat, 11 Mar 2017 23:00:04 +0000 mrbot 3634 at https://www.textarchiv.com Schwarze Visionen https://www.textarchiv.com/georg-heym/schwarze-visionen <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Du ruhst im Dunkel trauriger Askesen<br /> In deinem weißen Tuch, ein Eremit,<br /> Und deine Locken, die in Nacht verwesen,<br /> Bedecken tief dein eingesunknes Lid.</p> <p>Auf deinen Lippen gruben sich die Male<br /> Der toten Küsse schon in Trichtern ein.<br /> Die ersten Würmer tanzen um das fahle<br /> Vom Grubenwasser bleiche Schläfenbein.</p> <p>Wie Ärzte stechen lang sie die Pinzette<br /> Der Rüssel, die im Fleische Wurzel schlägt.<br /> Du jagst sie nicht von deinem Totenbette,<br /> Du bist verflucht, zu leiden unbewegt.</p> <p>Des schwarzen Himmels große Grabesglocke<br /> Dreht trüb sich rund um deine Winterzeit.<br /> Und es erstickt der Schneefall, dicke Flocke,<br /> Was unten in den Gräbern weint und schreit.</p> <p>II.</p> <p>Der großen Städte nächtliche Emporen<br /> Stehn rings am Rand, wie gelbe Brände weit.<br /> Und mit der Fackel scheucht aus ihren Toren<br /> Der Tod die Toten in die Dunkelheit.</p> <p>Sie fahren aus wie großer Rauch und schwirren<br /> Mit leisen Klagen durch das Distelfeld.<br /> Am Kreuzweg hocken sie zu hauf und irren<br /> Den Heimatlosen gleich in schwarzer Welt.</p> <p>Sie schaun zurück von einem kahlen Baume,<br /> Auf den der Wind sie warf. Doch ihre Stadt<br /> Ist zu für sie. Und in dem leeren Raume<br /> Treibt Sturm sie um den Baum, wie Vögel matt.</p> <p>Wo ist die Totenstadt? Sie wollen schlafen.<br /> Da tut sich auf im ernsten Abendrot<br /> Die Unterwelt, der stillen Städte Hafen,<br /> Wo schwarze Segel ziehen, Boot an Boot.</p> <p>Und schwarze Fahnen wehn die langen Gassen<br /> Der ausgestorbnen Städte, die verstummt<br /> Im Fluch von weißen Himmeln und verlassen,<br /> Wo ewig eine stumpfe Glocke brummt.</p> <p>Die schwarzen Brücken werfen ungeheuer<br /> Die Abendschatten auf den dunklen Strom.<br /> Und riesiger Lagunen rotes Feuer<br /> Verbrennt die Luft mit purpurnem Arom.</p> <p>Kanäle alle, die die Stadt durchschwimmen,<br /> Sind von den Lilienwäldern sanft umsäumt.<br /> Am Bug der Kähne, wo die Lampen glimmen,<br /> Stehn groß die Schiffer, und der Abend träumt</p> <p>Wie zarte goldene Kronen um die Stirnen.<br /> Der tiefen Augen dunkler Edelstein<br /> Umschließt des hohen Himmels blasse Firnen,<br /> Wo weidet schon der Mond im grünen Schein.</p> <p>Die Toten schaun aus ihrem Winterbaume<br /> Den Schläfern zu in ihrem sanften Reich.<br /> Und das Verlangen faßt sie nach dem Saume<br /> Des roten Himmels und dem Abend weich.</p> <p>Da stürzt sie Hermes, der die Nacht erschüttert<br /> Mit starkem Flug, ein bläulicher Komet,<br /> Den Grund herab, der meilentief erzittert,<br /> Da singend ihn der Toten Zug durchweht.</p> <p>Sie nahn den Städten, da sie wohnen sollen,<br /> Draus goldne Winde gehn im Abendflug.<br /> Der Tore Amethyst im tiefen Stollen<br /> Küßt ihrer Reiherschwingen langer Zug.</p> <p>Die Silberstädte, die im Monde glühen,<br /> Umarmen sie mit ihres Sommers Pracht,<br /> Wo schon im Ost wie große Rosen blühen<br /> Die Morgenröten in die Mitternacht.</p> <p>III.</p> <p>Sie grüßen dich in deinem schwarzen Sarge<br /> Und flattern über dich wie Frühlingswind.<br /> Wie Nachtigallen rühren sie das karge,<br /> Wachsbleiche Haupt mit ihren Klagen lind.</p> <p>Mit Sammethänden wollen sie dich grüßen<br /> Von meiner Qual. Und wie ein Weinblatt rot,<br /> So taumeln ihre Küsse dir zu Füßen,<br /> Und ziehn wie Tauben sanft um deinen Tod.</p> <p>Sie schwingen über dir die Fackelbrände,<br /> Die furchtbar wecken auf die schwarze Nacht.<br /> Sie geben dir in deine weißen Hände<br /> Tränen von Stein, die ich dir dargebracht.</p> <p>Sie laden Düfte aus den Duft-Amphoren<br /> Und überschütten dich mit Ambra ganz.<br /> Dein schwarzes Haar steht auf, an Himmels Toren,<br /> Wie eines Sterngewölkes dünner Glanz.</p> <p>Sie werden große Pyramiden bauen,<br /> Darauf sie türmen deinen schwarzen Schrein.<br /> Dann wirst du in die wilde Sonne schauen,<br /> Die in dein Blut stürzt wie ein dunkler Wein.</p> <p>IV.</p> <p>Die Sonne, die mit Blumen sich beleuchtet,<br /> Stößt wie ein Aar zu deinen Häupten weit,<br /> Und ihrer Purpurlippen Traum befeuchtet<br /> Mit Tränentau dein weißes Totenkleid.</p> <p>Dann nimmst dein Herz du aus den weißen Brüsten<br /> Und zeigst es rings dem stillen Heiligtum.<br /> Und deine stolze Flamme rührt die Küsten<br /> Des Himmels an, die werfen deinen Ruhm</p> <p>Ins Meer der Toten aus wie starke Wellen.<br /> Die großen Schiffe schwimmen um dich her,<br /> Um deinen Turm, und ihre Lieder schwellen<br /> Wie Abendwolken sanft vom großen Meer.</p> <p>Und was ich dir in meinen Träumen sage,<br /> Das schrein die Priester aus mit Tuba–Ton.<br /> Der Meere dunkle Buchten füllt die Klage<br /> Um dich wie Schilfrohr sanft und schwarzer Mohn.</p> <p>V.</p> <p>Getrübt bescheint der Mond die stumme Fläche,<br /> Wie ein Korund, der tief im Grunde glüht.<br /> In deiner Locken dunkle Flammenbäche<br /> Verliebt, verweilt er auf den Städten müd.</p> <p>Dann kommen alle Toten aus den Grüften<br /> Und ziehn um dich in langer Prozession.<br /> Von rosa Glase flattern in den Lüften<br /> Die Schatten, die von innern Flammen lohn.</p> <p>VI.</p> <p>Du zogst voraus nach dem geheimen Reiche.<br /> Ich folge dir dereinst, du Trauerbild,<br /> Und halte ewig deine Hand, die bleiche,<br /> Die meiner Küsse blasse Lilie füllt.</p> <p>Dann überschwemmen lange Ewigkeiten<br /> Der Himmel Mauern und das tote Land,<br /> Die, große Schatten, in den Westen schreiten,<br /> Wo ehern ruht der Horizonte Wand.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/georg-heym" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Georg Heym</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1911</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/georg-heym/schwarze-visionen" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Schwarze Visionen" class="rdf-meta element-hidden"></span> Fri, 24 Feb 2017 23:00:03 +0000 mrbot 3671 at https://www.textarchiv.com Gegen Norden https://www.textarchiv.com/georg-heym/gegen-norden <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Die braunen Segel blähen an den Trossen,<br /> Die Kähne furchen silbergrau das Meer.<br /> Der Borde schwarze Netze hangen schwer<br /> Von Schuppenleibern und von roten Flossen.</p> <p>Sie kehren heim zum Kai, wo raucht die Stadt<br /> In trübem Dunst und naher Finsternis.<br /> Der Häuser Lichter schwimmen ungewiß<br /> Wie rote Flecken, breit, im dunklen Watt.</p> <p>Fern ruht des Meeres Platte wie ein Stein<br /> Im blauen Ost. Von Tages Stirne sinkt<br /> Der Kranz des roten Laubes, da er trinkt,<br /> Zur Flut gekniet, von ihrem weißen Schein.</p> <p>Es zittert Goldgewölke in den Weiten<br /> Vom Glanz der Bernsteinwaldung, die enttaucht,<br /> Verlorner Tiefe, wenn die Dämmerung raucht,<br /> In die sich gelb die langen Äste breiten.</p> <p>Versunkne Schiffer hängen in den Zweigen.<br /> Ihr langes Haar schwimmt auf der See wie Tang.<br /> Die Sterne, die dem Grün der Nacht entsteigen,<br /> Beginnen frierend ihren Wandergang.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/georg-heym" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Georg Heym</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1911</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/georg-heym/gegen-norden" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Gegen Norden" class="rdf-meta element-hidden"></span> Sat, 11 Feb 2017 23:00:03 +0000 mrbot 3678 at https://www.textarchiv.com Die Stadt der Qual https://www.textarchiv.com/georg-heym/die-stadt-der-qual <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Ich bin in Wüsten eine große Stadt<br /> Hinter der Nacht und toten Meeren weit.<br /> In meinen Gassen herrscht stets wilder Zank<br /> Geraufter Bärte. Ewig Dunkelheit</p> <p>Hängt über mir wie eines Tieres Haut.<br /> Ein roter Turm nur flackert in den Raum.<br /> Ein Feuer braust und wirft den Schein von Blut<br /> Wie einen Keil auf schwarzer Köpfe Schaum.</p> <p>Der Geißeln Hyder bäumt in hoher Faust.<br /> In jedem Dunkel werden Schwerter bloß.<br /> Und auf den Toten finstrer Winkel hockt<br /> Ein Volk von bleichen Narren, kettenlos.</p> <p>Der Hunger warf Gerippe auf mich hin.<br /> Der Brunnen Röhren waren alle leer;<br /> Mit langen Zungen hingen sie darin,<br /> Blutig und rauh. Doch kam kein Tropfen mehr.</p> <p>Und gelbe Seuchen blies ich über mich.<br /> Die Leichenzüge gingen auf mir her,<br /> Ameisen gleich mit einem kleinen Sarg,<br /> Und winzige Pfeiferleute bliesen quer.</p> <p>Altäre wurden prächtig mir gebaut<br /> Und sanken nachts in wildem Loderschein.<br /> Im Dunkel war der Mord. Und lag das Blut<br /> Rostfarbner Mantel auf der Treppen Stein.</p> <p>Asche war auf der Völker Haupt gestreut,<br /> Zerfetzt verflog ihr hären Kleid wie Rauch.<br /> So saßen sie wie kleine Kinder nachts<br /> In tauber Angst auf meinem großen Bauch.</p> <p>Ich bin der Leib voll ausgehöhlter Qual.<br /> In meinen Achseln rotes Feuer hängt.<br /> Ich bäume mich, und schreie manchmal laut,<br /> In schwarzer Himmel Grabe ausgerenkt.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/georg-heym" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Georg Heym</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1911</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/georg-heym/die-stadt-der-qual" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Die Stadt der Qual" class="rdf-meta element-hidden"></span> Tue, 07 Feb 2017 23:00:12 +0000 mrbot 3637 at https://www.textarchiv.com Der Garten https://www.textarchiv.com/georg-heym/der-garten <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Der Mund ist feucht. Und wie bei Fischen breit<br /> Und leuchtet rot in dem toten Garten.<br /> Sein Fuß ist glatt und über den Wegen breit.<br /> Winde gehen hervor aus dem faltigen Kleid.</p> <p>Er umarmet den Gott, der dünn wie aus Silber<br /> Unter ihm knickt. Und im Rücken die Finger<br /> Legt er ihm schwarz wie haarige Krallen.<br /> Quere Feuer, die aus den Augen fallen.</p> <p>Schatten gehen und Lichter, manchmal ein Mond.<br /> Ein Gesause der Blätter. Aus warmer Nacht<br /> Trübes Tropfen. Und unten rufen die Hörner<br /> Wandelnder Wächter über der gelben Stadt.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/georg-heym" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Georg Heym</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1911</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/georg-heym/der-garten" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Der Garten" class="rdf-meta element-hidden"></span> Fri, 03 Feb 2017 23:00:05 +0000 mrbot 3622 at https://www.textarchiv.com Träumerei in Hellblau https://www.textarchiv.com/georg-heym/traeumerei-in-hellblau <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Alle Landschaften haben<br /> Sich mit Blau gefüllt.<br /> Alle Büsche und Bäume des Stromes,<br /> Der weit in den Norden schwillt.</p> <p>Blaue Länder der Wolken,<br /> Weiße Segel dicht,<br /> Die Gestade des Himmels in Fernen<br /> Zergehen in Wind und Licht.</p> <p>Wenn die Abende sinken<br /> Und wir schlafen ein,<br /> Gehen die Träume, die schönen,<br /> Mit leichten Füßen herein.</p> <p>Zymbeln lassen sie klingen<br /> In den Händen licht.<br /> Manche flüstern, und halten<br /> Kerzen vor ihr Gesicht.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/georg-heym" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Georg Heym</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1911</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/georg-heym/traeumerei-in-hellblau" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Träumerei in Hellblau" class="rdf-meta element-hidden"></span> Wed, 01 Feb 2017 23:00:04 +0000 mrbot 3609 at https://www.textarchiv.com