Textarchiv - Hermann Marggraff https://www.textarchiv.com/hermann-marggraff Deutscher Schriftsteller, Journalist und Literaturkritiker. Geboren am 14. September 1809 in Züllichau, Brandenburg. Gestorben am 11. Februar 1864 in Leipzig. de Honorius und sein Hahn https://www.textarchiv.com/hermann-marggraff/honorius-und-sein-hahn <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Der Kaiser Roms, Honorius,<br /> Der in Ravenna thronte,<br /> Hatt’ einen Hahn zum Intimus,<br /> Dem kaiserlich er lohnte.<br /> Und weil das Thier so stolz gethan,<br /> So nannt’ er „Rom“ den Gockelhahn,<br /> Und wenn die Stadt nach Nahrung schrie,<br /> So sprach er: „Speis’ ein And’rer sie<br /> Ich muß den Gockel füttern!“</p> <p>Gen Welschland zog Held Alarich,<br /> Der Feldherr der Barbaren;<br /> Das kleine Heer der Römer wich<br /> Bestürzt vor seinen Schaaren.<br /> „O Cäsar! Cäsar! Große Not!<br /> Bald bleicht das stolze Purpurroth<br /> Am Kaisermantel! Drum zum Streit!“<br /> Der Kaiser sprach: „Noch ist es Heil!<br /> Ich muß den Gockel füttern!“</p> <p>Nicht lang’, und der Minister trat<br /> Zum Kaiser sammt dem Hahne.<br /> „O Fürst, der wilde Feind – er naht!<br /> Ergreift des Reiches Fahne!“<br /> Der Kaiser eilt zum Dach hinauf,<br /> Bis zu des Thurmes goldnem Knauf.<br /> Dann spricht er, ruhigen Gesichts:<br /> „Was zagst Du, Freund? Ich sehe nichts! –<br /> Ich muß den Gockel füttern!“</p> <p>Die Botschaft kam: „Bedrängt ist Rom<br /> Durch Alarich’s Geschosse!<br /> Schon führt der Feind zum Tiberstrom<br /> Zur Tränke seine Rosse!“<br /> „Genug des Wassers hat der Fluß,“<br /> Sprach stolz gefaßt Honorius –<br /> „Sie trinken doch den Strom nicht aus.<br /> Mich aber, bitt’ ich, laßt zu Hans!<br /> Ich muß den Gockel füttern!“</p> <p>Ganz zitternd naht ein Bote sich:<br /> „O Herr! Rom ist genommen!“ –<br /> „Wie? Rom, mein Hahn? O Alarich!<br /> Das soll Dir schlecht bekommen!“ –<br /> „Nein, Rom, die Stadt, das prächt’ge Rom<br /> Ward gleichgemacht dem Tiberstrom!“ –<br /> „Nichts weiter? Laßt es untergeh’n –<br /> Es kann ja doch nicht ewig steh’n –<br /> Ich muß den Gockel füttern!“</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/hermann-marggraff" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Hermann Marggraff</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1857</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/hermann-marggraff/honorius-und-sein-hahn" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Honorius und sein Hahn" class="rdf-meta element-hidden"></span> Sun, 11 Dec 2016 11:09:18 +0000 admin 5185 at https://www.textarchiv.com Hermann Marggraff’s letztes Lied https://www.textarchiv.com/hermann-marggraff/hermann-marggraffs-letztes-lied <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Aus des Himmels tiefsten Falten<br /> Flammt’s wie tausend Funken auf;<br /> Ungezählte Globen halten<br /> Ihren nächtlich stillen Lauf.<br /> Unter diesen tausend Sternen<br /> Ach, wo such’ ich meinen Stern?<br /> Nah ist nichts in diesen Fernen,<br /> Und das Nächste selbst ist fern.</p> <p>Dennoch glaub’ ich ihn zu schauen,<br /> Meinem Geiste tritt er nah;<br /> In des Luftmeers dunkelblauen<br /> Tiefen ist er plötzlich da.<br /> Ich erblicke seine Fläche;<br /> Grüne Wälder rauschen dort;<br /> Murmelnd rieseln klare Bäche<br /> Durch die Blumenwiesen fort.</p> <p>Doch ein Wetter bricht mit argen<br /> Schlägen unverhofft herein,<br /> Und die dunkeln Wolken sargen<br /> Das Gebild der Schönheit ein.<br /> Um der Berge Marmorspitze<br /> Tobt der Sturm mit wildem Zorn,<br /> Und im grellen Schein der Blitze<br /> Leuchtet jedes Alpenhorn.</p> <p>Durch der Höhlen Finsternisse<br /> Tönt es plötzlich wie ein Schrei,<br /> Und mit einem jähen Risse<br /> Bricht mein Stern, mein Stern entzwei;<br /> Er zerbricht und fällt in Splitter —<br /> Ach, es war ein Weltenmord! —<br /> Und es tobt das Ungewitter<br /> Selbst noch auf den Trümmern fort.</p> <p>Sollt’ ein Stern erlöschen, klagen<br /> Schmerzlich dann die andern mit?<br /> Sterb’ ich, wird die Menschheit fragen,<br /> Was ich war und was ich litt?<br /> Ach, im unermeßnen Raume<br /> Ist der Einzelne der Welt,<br /> Was ein kleines Blatt dem Baume,<br /> Das in Frühlings Tagen fällt;</p> <p>Was dem ganzen Strom die Welle,<br /> Die im Augenblick zerrinnt,<br /> Während an derselben Stelle<br /> Schon die zweit’ ihr Spiel beginnt;<br /> Was der ganzen Wolkenmenge<br /> Nur ein einz’ger Tropfen ist,<br /> Der mit andern im Gedränge<br /> Fällt und stirbt zu gleicher Frist.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/hermann-marggraff" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Hermann Marggraff</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1864</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/hermann-marggraff/hermann-marggraffs-letztes-lied" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Hermann Marggraff’s letztes Lied" class="rdf-meta element-hidden"></span> Sun, 11 Dec 2016 10:59:30 +0000 admin 5184 at https://www.textarchiv.com Noch ein ungedrucktes Lied von Hermann Marggraff https://www.textarchiv.com/hermann-marggraff/noch-ein-ungedrucktes-lied-von-hermann-marggraff <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Wenn Du zu lieben hältst für Pflicht,<br /> Und es an Liebe Dir gebricht:<br /> Quäle Dich nicht! quäle Dich nicht!<br /> Denn die Liebe will ungetheilt sein,<br /> Ganz vom Haß will das Herz geheilt sein –<br /> Halbe Lieb’ ist umwölktes Licht.</p> <p>Willst Du dichten ein Gedicht,<br /> Wenn es an Schaffensdrang Dir gebricht:<br /> Quäle Dich nicht! quäle Dich nicht!<br /> Sprudelt der Quell Dir nicht zur Stunde,<br /> Warte, bis er aus tiefstem Grunde<br /> Fröhlich hervor von neuem bricht!</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/hermann-marggraff" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Hermann Marggraff</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1864</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/hermann-marggraff/noch-ein-ungedrucktes-lied-von-hermann-marggraff" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Noch ein ungedrucktes Lied von Hermann Marggraff" class="rdf-meta element-hidden"></span> Sun, 11 Dec 2016 10:56:02 +0000 admin 5183 at https://www.textarchiv.com Letzte Beichte https://www.textarchiv.com/hermann-marggraff/letzte-beichte <div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Sie liegt auf weissem, weichem Pfühl,<br /> Die fieberheissen Adern kochen,<br /> Ihr ist’s im Haupt so dumpf und schwül,<br /> Es fliegt der Puls, die Schläfen pochen.<br /> Ihr Leib einst straff, nun welk und schlaff,<br /> Und bleich und abgezehrt die Wangen!<br /> An ihrer Seele zerrt der Pfaff<br /> Mit seines Buss-Sermones Zangen.</p> <p>»Wie war dein Geist so hell besonnt,<br /> Als du in deinem kleinen Stübel<br /> Noch herzlich beten hast gekonnt:<br /> O Herr, erlös’ uns von dem Uebel!<br /> Als du am Feiertag noch kamst<br /> Voll Frömmigkeit zur Seelenbeichte<br /> Und mit gesenkten Blicken nahmst<br /> Das Abendmahl, das ich dir reichte!</p> <p>Wie anders dann, als du geherzt<br /> Den Buhlen zu der Seele Schaden,<br /> Als du in frevler Lust verscherzt<br /> Des Himmelsbräut’gams hehre Gnaden! –<br /> Bekehre dich, noch ist es Zeit,<br /> Doch nur zu bald ist sie vorüber!<br /> Du stehst am Thor der Ewigkeit,<br /> Schon wird dein Auge trüb’ und trüber!«</p> <p>Und mühvoll hebt sie ihren Leib,<br /> Und schmerzlich seufzt sie aus den Kissen:<br /> »Ihr habt, o Herr, mir armem Weib<br /> Gerührt das innerste Gewissen!<br /> Verflucht der Tag, verflucht die Nacht,<br /> Wo ich an seiner Brust berauscht war,<br /> Wo durch gewalt’ge Liebesmacht<br /> Mein Herz und seins wie umgetauscht war!</p> <p>Am Rand des Grabes habt Ihr mich<br /> Gerettet aus dem Sündenpfuhle!<br /> Gestattet, heil’ger Mann, dass sich<br /> Nun auch bekehren darf mein Buhle.<br /> Bringt mir ihn her, dass ich das Herz<br /> Ihm ganz zerwühle und zermalme,<br /> Bis er in tiefstem Seelenschmerz<br /> Entsagt der Sünde wüstem Qualme!</p> <p>Und leise tritt ihr Liebster ein,<br /> Und langsam naht er sich dem Bette.<br /> Da ruft sie laut: »Nun bist du mein!«<br /> Und schlingt um ihn der Arme Kette.<br /> Die Lippen, die wie angehaucht<br /> Von neuen Lebensgluten scheinen,<br /> Hat heiss und brünstig sie getaucht<br /> Voll Liebeswahnsinn in die seinen.</p> <p>»Was Seligkeit? was Himmelslust?«<br /> Ruft sie und hält ihn fest umfangen.<br /> »Der Himmel ist an deiner Brust<br /> Und Seligkeit an deinen Wangen!<br /> Noch einmal küssen musst’ ich dich –<br /> Nun fahr’ ich gern zur Hölle nieder!« –<br /> Sie spricht’s, und müde schliessen sich<br /> Auf ewig ihre Augenlider.</p> </div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/hermann-marggraff" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Hermann Marggraff</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1904</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/hermann-marggraff/letzte-beichte" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Letzte Beichte" class="rdf-meta element-hidden"></span> Sun, 11 Dec 2016 10:40:17 +0000 admin 5182 at https://www.textarchiv.com