Textarchiv - Ferdinand Freiligrath
https://www.textarchiv.com/ferdinand-freiligrath
Deutscher Lyriker und Übersetzer. Geboren am 17. Juni 1810 in Detmold. Gestorben am 18. März 1876 in Cannstatt.
deWie man's macht
https://www.textarchiv.com/ferdinand-freiligrath/wie-mans-macht
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>So wird es kommen, eh' ihr denkt: – Das Volk hat nichts zu beißen mehr!<br />
Durch seine Lumpen pfeift der Wind! Wo nimmt es Brot und Kleider her? –<br />
Da tritt ein kecker Bursche vor; der spricht: »Die Kleider wüßt' ich schon!<br />
Mir nach, wer Rock und Hosen will! Zeug für ein ganzes Bataillon!«</p>
<p>Und wie man eine Hand umdreht, stellt er in Rotten sie und Reihn,<br />
Schreit: »Linksum kehrt!« und »Vorwärts marsch!« und führt zur Kreisstadt sie hinein.<br />
Vor einem steinernen Gebäu haltmachen läßt er trutziglich:<br />
»Seht da, mein Kleidermagazin – das Landwehrzeughaus nennt es sich!</p>
<p>Darinnen liegt, was ihr bedürft: Leinwand zu Hemden, derb und schwer!<br />
Wattierte Jacken, frisch genäht – dazu von zweierlei Couleur!<br />
Tuchmäntel für die Regennacht! Feldmützen auch und Handschuh' viel,<br />
Und alles, was sich sonst gehört zu Heerschau und Paradespiel!</p>
<p>Ihr kennt den ganzen Rummel ja! Ob auch mit Hadern jetzt bedeckt,<br />
Haben die meisten doch von euch in der Montierung schon gesteckt!<br />
Wehrmänner seid ihr allzumahl! So lange jeder denn vom Pflock<br />
Sich seinen eignen Hosensack und seinen eignen blauen Rock!</p>
<p>Ja, seinen Rock! Wer faselt noch vom Rock des Königs? – Liebe Zeit!<br />
Gabt ihr die Wolle doch dazu: geschorne Schafem die ihr seid!<br />
Du da – ist nicht die Leinwand hier der Flachs, den deine Mutter spann,<br />
Indes vom kummervollen Aug' die Trän' ihr auf den Faden rann?</p>
<p>Nehmt denn! So recht! Da prunkt ihr ja, als ging's zu Fehde morgen früh,<br />
Oder doch allerwenigstens nach Grimlinghausen zur Revue!<br />
Nur die Muskete fehlt euch noch! Doch sieh, da steht von ungefähr<br />
Der ganze Saal voll! Zum Versuch: – Gewehr in Arm! Schultert's Gewehr!</p>
<p>Ganz, wie sich's hört! Das nenn' ich Schick! Am Ende... Jungens, wißt ihr was?<br />
Auch die Gewehre wandern mit! – Gewehr bei Fuß! – Das wird ein Spaß!<br />
Und würd' es Ernst... Nun, möglich ist's! Sie machen immer groß Geschrei,<br />
Und nennen diesen Kleiderwitz vielleicht noch gar Rebellerei!</p>
<p>Nennen ihn Einbruch noch und Raub! – In wenig Stunden, sollt ihr sehn,<br />
Wird uns ein Linienregiment schlagfertig gegenüberstehn!<br />
Da heißt es denn für seinen Rück die Zähne weisen! Dran und drauf!<br />
Patronen her! Geladen, Kerls! Und pflanzt die Bajonette auf!</p>
<p>Stülpt auch den Tschako auf den Kopf, und hängt den Degen vor den Steiß: –<br />
Daß ihr ihn 'Käsemesser' nennt, ein glückverheißend Omen sei's!<br />
Kein Hirn, will's Gott, besudelt ihn! Kein Herzblut, hoff' ich, färbt ihn rot –<br />
Für Weib und Kinder 'Käse' nur soll er zerhaun und nahrhaft Brot!</p>
<p>Und nun hinaus! Tambour voran, Querpfeifer und Hornistenpaar!<br />
Soll auch die Adlerfahne noch vorflattern, Brüder, eurer Schar?<br />
Den Teufel auch! Was kümmert uns vergangner Zeit Raubvögelpack!<br />
Wollt ihr ein Banner: Eines nur schickt sich für euch – der Bettelsack!</p>
<p>Den pflanzt auf irgendein Gerüst: – da, hier ist ein Ulanenspeer! –<br />
Und tragt ihn, wie die Geusen einst, it zorn'gem Stolze vor euch her!<br />
Ihr könnt es füglicher als sie! Ihr tragt den Sack nicht bloß zum Staat,<br />
Ihr seid nicht bloß dem Namen nach – nein, ihr seid Bettler in der Tat!</p>
<p>Marsch denn, ihr Geusen dieser Zeit! Marsh, Proletarierbataillon!«<br />
Da naht zu Fuß und naht zu Roß die königliche Linie schon!<br />
»Feuer!« befiehlt der General; »Chok!« heißt es bei der Reiterei. –<br />
Doch, ha! Kein Renner hebt den Fuß, und keine Flinte schickt ihr Blei!</p>
<p>Ein Murren aber rollt durchs Heer: »Auch wir sind ein Volk! Was königlich!«<br />
Und plötzlich vor dem Bettelsack senkt tief die Adlerfahne sich!<br />
Dann Jubelschrei: »Wir sind mit euch! Denn wir sind ihr, und ihr seid wir!«<br />
»Canaille!« ruft der Kommandeur – da reißt ein Leutnant ihn vom Tier!</p>
<p>Und wie ein Sturm zur Hauptstadt geht's! Anschwillt ihr Zug lawinengleich!<br />
Umstürzt der Thron, die Krone fällt, in seinen Angeln ächzt das Reich!<br />
Aus Brand und Blut erhebt das Volk siegaft sein lang zertreten Haupt: –<br />
Wehen hat jegliche Geburt! – So wird es kommen, eh' ihr glaubt.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/ferdinand-freiligrath" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Ferdinand Freiligrath</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1846</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/ferdinand-freiligrath/wie-mans-macht" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Wie man's macht" class="rdf-meta element-hidden"></span>Sat, 06 Oct 2018 22:10:02 +0000mrbot10202 at https://www.textarchiv.comFreie Presse
https://www.textarchiv.com/ferdinand-freiligrath/freie-presse
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Festen Tons zu seinen Leuten spricht der Herr der Druckerei:<br />
»Morgen, wißt ihr, soll es losgehn, und zum Schießen braucht man Blei!<br />
Wohl, wir haben unsre Schriften: – morgen in die Reihn getreten!<br />
Heute Munition gegossen aus metallnen Alphabeten!</p>
<p>Hier die Formen, hier die Tiegel! auch die Kohlen fach' ich an!<br />
Und die Pforten sind verrammelt, daß uns niemand stören kann!<br />
An die Arbeit denn, ihr Herren! Alle, die ihr setzt und preßt!<br />
Helft mir auf die Beine bringen dieses Freiheitsmanifest!«</p>
<p>Spricht's, und wirft die ersten Lettern in den Tiegel frischer Hand.<br />
Von der Hitze bald geschmolzen brodeln Perl' und Diamant;<br />
Brodeln Kolonel und Korpus; hier die Antiqua, dort Fraktur<br />
Werfen radikale Blasen, dreist umgehend die Zensur.</p>
<p>Dampfend in die Kugelformen zischt die glühnde Masse dann: –<br />
So die ganze lange Herbstnacht schaffen diese zwanzig Mann;<br />
Atmen rüstig in die Kohlen; schüren, schmelzen unverdrossen,<br />
Bis in runde, blanke Kugeln Schrift und Zeug sie ungegossen!</p>
<p>Wohlverpackt in grauen Beuteln liegt der Vorrat an der Erde,<br />
Fertig, daß er mit der Frühe brühwarm ausgegeben werde!<br />
Eine dreiste Morgensitzung! Wahrlich, gleich beherzt und kühn<br />
Sah man keine noch entschwirren dieser alren Offizin!</p>
<p>Und der Meister sieht es düster, legt die Rechte auf sein Herz:<br />
»Daß es also mußte kommen, mir und vielen macht es Schmerz!<br />
Doch – welch Mittel noch ist übrig, und wie kann es anders sein? –<br />
Nur als Kugel mag die Type dieser Tage sich befrein!</p>
<p>Wohl soll der Gedanke siegen – nicht des Stoffes rohe Kraft!<br />
Doch man band ihn, man zertrat ihn, doch man warf ihn schnöd in Haft!<br />
Sei es denn! In die Muskete mit dem Ladstock laßt euch rammen!<br />
Auch in solchem Winkelhaken steht als Kämpfer treu beisammen!</p>
<p>Auch aus ihm bis an die Hofburg fliegt und schwingt euch, trotz'ge Schriften!<br />
Jauchzt ein rauhes Lied der Freiheit, jauchzt und pfeift es hoch in Lüften!<br />
Schlagt die Knechte, schlagt die Söldner, schlagt den allerhöchsten Toren,<br />
Der sich diese freie Presse selber auf den Hals beschworen!</p>
<p>Für die rechte freie Presse kehrt ihr heim aus diesem Strauß:<br />
Bald aus Leichen und aus Trümmern graben wir euch wieder aus!<br />
Gießen euch aus stumpfen Kugeln wieder um in scharfe Lettern –<br />
Horch! ein Pochen an der Haustür! und Trompeten hör' ich schmettern!</p>
<p>Jetzt ein Schuß! – Und wieder einer! – Die Signale sind's Gesellen!<br />
Hallender Schritt erfüllt die Gassen, Hufe dröhnen, Hörner gellen!<br />
Hier die Kugeln! hier die Büchsen! Rasch hinab! – Da sind wir schon!«<br />
Und die erste Salve prasselt! – Das ist Revolution!</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/ferdinand-freiligrath" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Ferdinand Freiligrath</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1846</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/ferdinand-freiligrath/freie-presse" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Freie Presse" class="rdf-meta element-hidden"></span>Mon, 03 Sep 2018 22:10:02 +0000mrbot10206 at https://www.textarchiv.comVon unten auf
https://www.textarchiv.com/ferdinand-freiligrath/von-unten-auf
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Ein Dämpfer kam von Bieberich: – stolz war die Furche, die er zog!<br />
Er qualmt' und räderte zu Tal, daß rechts und links die Brandung flog!<br />
Von Wimpeln und von Flaggen voll, schoß er hinab keck und erfreut:<br />
Den König, der in Preußen herrscht, nach seiner Rheinburg trug er heut!</p>
<p>Die Sonne schien wie lauter Gold! Auftauchte schimmernd Stadt um Stadt!<br />
Der Rhein war wie ein Spiegel schier, und das Verdeck war blank und glatt!<br />
Die Dielen blitzten frisch gebohnt, und auf den schmalen her und hin,<br />
Vergnügten Auges wandelten der König und die Königin!</p>
<p>Nach allen Seiten schaut' umher und winkte das erhabne Paar;<br />
Des Rheingaus Reben grüßten sie und auch dein Nußlaub, Sankt Goar!<br />
Sie sahn zu Rhein, sie sahn zu Berg: – wie war das Schifflein doch so nett!<br />
Es ging sich auf den Dielen fast als wie auf Sanssoucis Parkett!</p>
<p>Doch unter all der Nettigkeit und unter all der schwimenden Pracht,<br />
Da frißt und flammt das Element, das sie von dannen schießen macht;<br />
Da schafft in Ruß und Feuersglut, der dieses Glanzes Seele ist;<br />
Da steht und schürt und ordnet er – der Proletariermaschinist!</p>
<p>Da draußen lacht und grünt die Welt, da draußen blitzt und rauscht der Rhein –<br />
Er stiert den lieben langen Tag in seine Flammen nur hinein!<br />
Im wollnen Hemde, halbernackt, vor seiner Esse muß er stehn!<br />
Derweil ein König über ihm einschlürft der Berge freies Wehn!</p>
<p>Jetzt ist der ofen zugekeilt, und alles paßt;<br />
So gönnt er auf Minuten denn sich eine kurze Sklavenkrast.<br />
Mit halbem Leibe taucht er auf aus seinem lodernden Versteck;<br />
In seiner Falltür steht er da, und überschaut sich das Verdeck.</p>
<p>Das glühnde Eisen in der Hand, Antlitz und Arme rot erhitzt,<br />
Mit der gewölbten, haar'gen Brust auf das Geländer breitgestützt –<br />
So läßt er schweifen seinen Blick, so murrt er leis dem Fürsten zu:<br />
»Wie mahnt dies Boot mich an den Staat! Licht auf den Höhen wandelst du!</p>
<p>Tief unten aber, in der Nacht und in der Arbeit dunkelm Schoß,<br />
Tief unten, von der Not gespornt, da schür' und schmied' ich mir mein Los!<br />
Nicht meines nur, auch deines, Herr! Wer hält die Räder dir im Takt,<br />
Wenn nicht mit schwielenharter Faust der Heizer seine Eisen packt?</p>
<p>Du bist viel weniger ein Zeus, als ich, o König, ein Titan!<br />
Beherrsch' ich nicht, auf dem du gehst, den allzeit kochenden Vulkan?<br />
Es liegt an mir: – ein Ruck von mir, ein Schlag von mir zu dieser Frist,<br />
Und siehe, das gebäude stürzt, von welchem du die Spitze bist!</p>
<p>Der Boden birst, aufschlägt die Glut und sprengt dich krachend in die Luft!<br />
Wir aber steigen feuerfest aufwärts ans Licht aus unsrer Gruft!<br />
Wir sind die Kraft! Wir hämmern jung das alte morsche Ding, den Staat,<br />
Die wir von Gottes Zorne sind bis jetzt das Proletariat!</p>
<p>Dann schreit' ich jauchzend durch die Welt! Auf meinen Schultern, stark und breit,<br />
Ein neuer Sankt Christophorus, trag' ich den Christ der neuen Zeit!<br />
Ich bin der Riese, der nicht wankt! Ich bin's, durch den zum Siegesfest<br />
Über den tosenden Strom der Zeit der Heiland Geist sich tragen läßt!«</p>
<p>So hat in seinen krausen Bart der grollende Zyklop gemurrt;<br />
Dann geht er wieder an sein Werk, nimmt sein Geschirr und stocht und purrt.<br />
Die Hebel knirschen auf und ab, die Flamme strahlt ihm ins Gesicht,<br />
Der Dampf rumort; – er aber sagt: »Heut, zornig Element, noch nicht!«</p>
<p>Der bunte Dämpfer unterdes legt vor Kapellen zischend an;<br />
Sechsspännig fährt die Majestät den jungen Stolzenfels hinan.<br />
Der Heizer blickt auch auf zur Burg; von seinen Flammen nur behorcht,<br />
Lacht er: »Ei, wie man immer doch für künftige Ruinen sorgt!«</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/ferdinand-freiligrath" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Ferdinand Freiligrath</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1846</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/ferdinand-freiligrath/von-unten-auf" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Von unten auf" class="rdf-meta element-hidden"></span>Thu, 21 Jun 2018 22:10:02 +0000mrbot10204 at https://www.textarchiv.comVor der Fahrt
https://www.textarchiv.com/ferdinand-freiligrath/vor-der-fahrt
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Jenseits der grauen Wasserwüste<br />
Wie liegt die Zukunft winkend da!<br />
Eine grüne, lachende Küste,<br />
Ein geahndet Amerika!<br />
Ein geahndet Amerika!<br />
Und ob auch hoch die Wasser springen,<br />
Ob auch Sandbank uns droht und Riff:<br />
Ein erprobt und verwegen Schiff<br />
Wird die Mut'gen hinüberbringen!</p>
<p>Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!<br />
Stoßt ab! Stoßt ab! Kühn durch den Sturm! Sucht Land und findet Land!</p>
<p>O tapfer Fahrzeug! Ohne Schwanken<br />
Befährt es dreist die zorn'ge Flut!<br />
Schwarz die Masten und schwarz die Planken,<br />
Und die Wimpel sind rot wie Blut!<br />
Und die Wimpel sind rot wie Blut!<br />
Die Segel braun von Dampf und Feuer;<br />
Vom Verdeck herab ihren Blitz<br />
Sprühn Gewehre, sprüht das Geschütz,<br />
Und das blanke Schwert ist sein Steuer!</p>
<p>Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!<br />
Stoßt ab! Stoßt ab! Kühn durch den Sturm! Sucht Land und findet Land!</p>
<p>So fährt es aus zu seinen Reisen,<br />
So trägt es Männer in den Streit: –<br />
Mit den Helden haben die Weisen<br />
Seine dunkeln Borde geweiht!<br />
Seine dunkeln Borde geweiht!<br />
Ha, wie Kosciusko dreist es führte!<br />
Ha, wie Washington es gelenkt!<br />
Lafayettes und Franklins denkt,<br />
Und wer sonst seine Flammen schürte!</p>
<p>Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!<br />
Stoßt ab! Stoßt ab! Kühn durch den Sturm! Sucht Land und findet Land!</p>
<p>Ihr fragt erstaunt: Wie mag es heißen?<br />
Die Antwort ist mit festem Ton:<br />
Wie in Österreich so in Preußen<br />
Heißt das Schiff: »Revolution!«<br />
Heißt das Schiff: »Revolution!«<br />
Es ist die einz'ge richt'ge Fähre –<br />
Drum in See, und kapre den Staat,<br />
Die verfaulte schnöde Galeere!</p>
<p>Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!<br />
Stoßt ab! Stoßt ab! Kühn durch den Sturm! Sucht Land und findet Land!</p>
<p>Doch erst, bei schmetternden Drommeten,<br />
Noch eine zweite wilde Schlacht!<br />
Schwarzer Brander, schleudre Raketen<br />
In der Kirche scheinheil'ge Jacht!<br />
In der Kirche scheinheil'ge Jacht!<br />
Auf des Besitzes Silberflotten<br />
Richte kühn der Kanonen Schlund!<br />
Auf des Meeres rottigem Grund<br />
Laßt der Habsucht Schätze verrotten!</p>
<p>Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!<br />
Stoßt ab! Stoßt ab! Kühn durch den Sturm! Sucht Land und findet Land!</p>
<p>O stolzer Tag, wenn solche Siege<br />
Das Schiff des Volkes sich erstritt!<br />
Wenn, zu Boden segelnd die Lüge,<br />
Zum ersehnten Gestad' es glitt!<br />
Zum ersehnten Gestad' es glitt!<br />
Zum grünen Strand der neuen Erde,<br />
Wo die Freiheit herrscht und das Recht,<br />
Wo kein Armer stöhnt und kein Knecht,<br />
Wo sich selber Hirt ist die Herde!</p>
<p>Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!<br />
Stoßt ab! Stoßt ab! Kühn durch den Sturm! Sucht Land und findet Land!</p>
<p>Wo nur der Eintracht Fahnen wehen,<br />
Wo uns kein Hader mehr zerstückt!<br />
Wo der Mensch von der Menschheit Höhen<br />
Unenterbt durch die S0chöpfung blickt!<br />
Unenterbt durch die Schöpfung blickt!<br />
O neue Welt, nach Sturm und Fehde<br />
Wie erquickt uns bald deine Ruh'!<br />
Alle Herzen pochen dir zu – –<br />
Und der Brander liegt auf der Reede!</p>
<p>Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!<br />
Stoßt ab! Stoßt ab! Kühn durch den Sturm! Sucht Land und findet Land!</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/ferdinand-freiligrath" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Ferdinand Freiligrath</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1846</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/ferdinand-freiligrath/vor-der-fahrt" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Vor der Fahrt" class="rdf-meta element-hidden"></span>Mon, 07 May 2018 00:17:35 +0000mrbot10203 at https://www.textarchiv.comSpringer
https://www.textarchiv.com/ferdinand-freiligrath/springer
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Kein besser Schachbrett als die Welt:<br />
Zur Limmat rück' ich von der Schelde!<br />
Ihr sprengt mich wohl von Feld zu Feld,<br />
Doch schlagt ihr mich nicht aus dem Felde!</p>
<p>So ist es eben in dem Schach<br />
Der Freien wider die Despoten:<br />
Zug über Zug und Schlag auf Schlag,<br />
Und Ruh' wird keine nicht geboten!</p>
<p>Mir ist, als müßt' ich auch von hier<br />
Den Stab noch in die Weite setzen;<br />
Als würden auch aus Tells Revier<br />
Die Launen dieses Spiels mich hetzen!</p>
<p>Ich bin bereit! Noch braust das Meer<br />
Um Norwegs freie Bauernstätten;<br />
Noch rasselt es von Frankreich her,<br />
Wie Klirren von gebrochnen Ketten!</p>
<p>Kein flüchtig Haupt hat Engelland<br />
Von seiner Schwelle noch gewiesen;<br />
Noch winkt mir eine Freundeshand<br />
Nach des Ohio lust'gen Wiesen!</p>
<p>Von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt,<br />
Von Land zu Land – mich schiert es wenig.<br />
Kein Zug des Schicksals setzt mich matt: –<br />
Matt werden kann ja nur der König!</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/ferdinand-freiligrath" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Ferdinand Freiligrath</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1846</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/ferdinand-freiligrath/springer" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Springer" class="rdf-meta element-hidden"></span>Wed, 02 May 2018 10:11:23 +0000mrbot10205 at https://www.textarchiv.comSchwarz-Roth-Gold!
https://www.textarchiv.com/ferdinand-freiligrath/schwarz-roth-gold
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>In Kümmerniß und Dunkelheit,<br />
Da mußten wir sie bergen!<br />
Nun haben wir sie doch befreit,<br />
Befreit aus ihren Särgen!<br />
Ha, wie das blitzt und rauscht und rollt!<br />
Hurrah, du Schwarz, du Roth, du Gold!<br />
Pulver ist schwarz,<br />
Blut ist roth,<br />
Golden flackert die Flamme!</p>
<p>Das ist das alte Reichspanier!<br />
Das sind die alten Farben!<br />
Darunter hau’n und holen wir<br />
Uns bald wohl junge Narben!<br />
Denn erst der Anfang ist gemacht,<br />
Noch steht bevor die letzte Schlacht!<br />
Pulver ist schwarz,<br />
Blut ist roth,<br />
Golden flackert die Flamme!</p>
<p>Ja, die das Banner ihr gestickt,<br />
Ihr Jungfern unverdrossen,<br />
Derweil am Feuer wir gebückt<br />
Uns Flintenkugeln gossen:<br />
Nicht, wo man singt nur oder tanzt,<br />
Geschwungen sei’s und aufgepflanzt! –<br />
Pulver ist schwarz,<br />
Blut ist roth,<br />
Golden flackert die Flamme!</p>
<p>Denn das ist noch die Freiheit nicht,<br />
Die Deutschland muß begnaden,<br />
Wenn eine Stadt in Waffen spricht<br />
Und hinter Barrikaden:<br />
„Kurfürst, verleih’! Sonst – hüte dich! –<br />
Sonst werden wir – – großherzoglich!“<br />
Pulver ist schwarz,<br />
Blut ist roth,<br />
Golden flackert die Flamme!</p>
<p>Das ist noch lang die Freiheit nicht,<br />
Die ungetheilte, ganze,<br />
Wenn man ein Zeughausthor erbricht,<br />
Und Schwert sich nimmt und Lanze;<br />
Sodann ein Weniges sie schwingt,<br />
Und – folgsamlich zurück sie bringt!<br />
Pulver ist schwarz,<br />
Blut ist roth,<br />
Golden flackert die Flamme!</p>
<p>Das ist noch lang die Freiheit nicht,<br />
Wenn ihr an Brockhaus’ Glase<br />
Ausübt ein klirrend Strafgericht<br />
Ob einer Dresdner Nase!<br />
Was liegt euch an dem Sosius?<br />
Drauf: – in die Hofburg Stein und Schuß!<br />
Pulver ist schwarz,<br />
Blut ist roth,<br />
Golden flackert die Flamme!</p>
<p>Das ist noch lang die Freiheit nicht,<br />
Wenn man, statt mit Patronen,<br />
Mit keiner andern Waffe ficht,<br />
Als mit Petitionen!<br />
Du lieber Gott: – Petitionirt!<br />
Parlamentirt, illuminirt!<br />
Pulver ist schwarz,<br />
Blut ist roth,<br />
Golden flackert die Flamme!</p>
<p>Das ist noch lang die Freiheit nicht,<br />
Sein Recht als Gnade nehmen<br />
Von Buben, die zu Recht und Pflicht<br />
Aus Furcht nur sich bequemen!<br />
Auch nicht: daß, die ihr gründlich haßt,<br />
Ihr dennoch auf den Thronen laßt!<br />
Pulver ist schwarz,<br />
Blut ist roth,<br />
Golden flackert die Flamme!</p>
<p>Die Freiheit ist die Nation,<br />
Ist Aller gleich Gebieten!<br />
Die Freiheit ist die Auction<br />
Von dreißig Fürstenhüten!<br />
Die Freiheit ist die Republik!<br />
Und abermals: die Republik!<br />
Pulver ist schwarz,<br />
Blut ist roth,<br />
Golden flackert die Flamme!</p>
<p>Die Eine deutsche Republik,<br />
Die mußt du noch erfliegen!<br />
Mußt jeden Strick und Galgenstrick<br />
Dreifarbig noch besiegen!<br />
Das ist der große letzte Strauß –<br />
Flieg’ aus, du deutsch Panier, flieg’ aus!<br />
Pulver ist schwarz,<br />
Blut ist roth,<br />
Golden flackert die Flamme!</p>
<p>Zum Kampfe denn, zum Kampfe jetzt!<br />
Der Kampf nur gibt dir Weihe!<br />
Und kehrst du rauchig und zerfetzt,<br />
So stickt man dich auf’s Neue!<br />
Nicht wahr, ihr deutschen Jungfräulein?<br />
Hurrah, das wird ein Sticken sein!<br />
Pulver ist schwarz,<br />
Blut ist roth,<br />
Golden flackert die Flamme!</p>
<p>Und der das Lied für euch erfand<br />
In einer dieser Nächte,<br />
Der wollte, daß ein Musikant<br />
Es bald in Noten brächte!<br />
Heißt das: ein rechter Musikant!<br />
Dann kläng’ es hell durch’s deutsche Land:<br />
Pulver ist schwarz,<br />
Blut ist roth,<br />
Golden flackert die Flamme!</p>
<p>London, 17. März 1848.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/ferdinand-freiligrath" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Ferdinand Freiligrath</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1849</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/ferdinand-freiligrath/schwarz-roth-gold" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Schwarz-Roth-Gold!" class="rdf-meta element-hidden"></span>Sun, 20 Dec 2015 23:00:02 +0000akessler1518 at https://www.textarchiv.comBerlin
https://www.textarchiv.com/ferdinand-freiligrath/berlin
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Zum Völkerfest, auf das wir ziehn,<br />
Zu dem die Freiheit ladet,<br />
Wie wandelst herrlich du, Berlin!<br />
Berlin, in Blut gebadet!<br />
Du wandelst rußig und bestaubt<br />
Einher in deinen Wunden!<br />
Du wandelst hin, das bleiche Haupt<br />
Mit Bannertuch verbunden!</p>
<p>Mit Tuch, von dem du jene Nacht<br />
Geheiligt jeden Faden!<br />
O, erste deutsche Fahnenwacht<br />
Auf deutschen Barrikaden!<br />
Du rissest es aus langer Schmach<br />
Empor zu neuer Schöne!<br />
In Einer Nacht, auf Einen Schlag<br />
Rein wuschen’s deine Söhne!</p>
<p>So helfe dir nun Gott, Tyrann!<br />
Erstochen und erschossen!<br />
Und abwärts durch die Straßen rann<br />
Ihr Blut in allen Gossen!<br />
Arbeiterblut, Studentenblut –<br />
Wir knirschen mit den Zähnen,<br />
Und in die Augen treibt die Wuth<br />
Uns seltne Männerthränen!</p>
<p>Sie fochten dreizehn Stunden lang,<br />
Die Erde hat gezittert!<br />
Sie fochten ohne Sang und Klang,<br />
Sie fochten stumm erbittert!<br />
Da war kein Lied wie Ça ira –<br />
Nur Schrei und Ruf und Röcheln!<br />
Sie standen ernst und schweigend da,<br />
Im Blut bis zu den Knöcheln!</p>
<p>So schlaft denn wohl im kühlen Grund,<br />
Schlaft ewig unvergessen!<br />
Wir können euch den bleichen Mund,<br />
Die starre Hand nicht pressen!<br />
Wir können euch zu Ehr’ und Zier<br />
Mit Blumen nicht bewerfen –<br />
Doch können wir und wollen wir<br />
Die Schwerter für euch schärfen!</p>
<p>Denn einen Kampf, der so begann,<br />
Soll kein Ermatten schänden!<br />
Ihr strittet vor, ihr finget an:<br />
So laßt denn uns vollenden!<br />
Wir sind bereit, wir sind geschwind,<br />
Wir treten in die Lücken!<br />
Mit Allen, die noch übrig sind,<br />
Die Klinge woll’n wir zücken!</p>
<p>Denn heißen soll es nimmermehr:<br />
Für Nichts sind sie gestorben!<br />
Für Nichts, als was sie Tags vorher<br />
Ertrotzt schon und erworben!<br />
Denn Keiner sage je und je:<br />
Sie waren brav im Schießen!<br />
Doch fehlt’ auch ihnen die Idee,<br />
Da sie sich metzeln ließen!</p>
<p>Drum sollen eure Leichen nicht<br />
Den Strom der Freiheit stauen;<br />
Den Strom, der seine Fesseln bricht<br />
In diesem Märzesthauen!<br />
Drum sollen sie die Stufen sein,<br />
Die Stufen grün von Zweigen,<br />
Auf denen wir zum Dach hinein<br />
Der freien Zukunft steigen!</p>
<p>Was Manifest noch, was Bescheid!<br />
Was Bitten noch, und Geben!<br />
Was Amnestie und Preßfreiheit –<br />
Tod gilt es oder Leben!<br />
Wir rücken an in kalter Ruh’,<br />
Wir beißen die Patrone,<br />
Wir sagen kurz: Wir oder du!<br />
Volk heißt es oder Krone!</p>
<p>Daß Deutschland stark und einig sei,<br />
Das ist auch unser Dürsten!<br />
Doch einig wird es nur, wenn frei,<br />
Und frei nur ohne Fürsten!<br />
O Volk, ein einz’ger Tag verstrich –<br />
Und schon von Vivats heiser?<br />
Erst gestern ließ Er schlachten dich – –<br />
Und heute deutscher Kaiser?!</p>
<p>Schmach! mit dem Blute, wild verspritzt<br />
Bei jenem freud’gen Sterben,<br />
Mit dem jetzt möcht’ Er sich verschmitzt<br />
Den Kaiserpurpur färben!<br />
Allein, daß das unmöglich sei,<br />
Dafür noch stehn wir Wache,<br />
Dafür bleibt unser Feldgeschrei:<br />
Hie Republik und Rache!</p>
<p>Wir treten in die Reiseschuh’,<br />
Wir brechen auf schon heute!<br />
Nun, heil’ge Freiheit, tröste du<br />
Die Mütter und die Bräute!<br />
Nun tröste Weib, und tröste Kind,<br />
Die Wittwen und die Waisen –<br />
Wie derer, die gefallen sind,<br />
So unsre, will’s das Eisen!</p>
<p>London, 25. März 1848.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/ferdinand-freiligrath" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Ferdinand Freiligrath</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1849</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/ferdinand-freiligrath/berlin" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Berlin" class="rdf-meta element-hidden"></span>Sat, 19 Dec 2015 23:00:02 +0000akessler1519 at https://www.textarchiv.comDie Republik!
https://www.textarchiv.com/ferdinand-freiligrath/die-republik
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Die Republik, die Republik!<br />
Herr Gott, das war ein Schlagen!<br />
Das war ein Sieg aus Einem Stück!<br />
Das war ein Wurf! Die Republik!<br />
Und Alles in drei Tagen!<br />
Die Republik, die Republik!<br />
Vive la République!</p>
<p>Die Republik, die Republik!<br />
Ankeuchten die Berichte:<br />
Ein Athemzug, ein Wink, ein Blick,<br />
Ein Handumdrehn – die Republik!<br />
So dichtet die Geschichte!<br />
Die Republik, die Republik!<br />
Vive la République!</p>
<p>Die Republik, die Republik!<br />
Nun ist der Wall erstiegen!<br />
Nun ist gerannt die Mauerlück’ –<br />
Die Republik, die Republik! –<br />
Und unsre Farben fliegen!<br />
Die Republik, die Republik!<br />
Vive la République!</p>
<p>Die Republik, die Republik!<br />
Noch stehn wir müßig unten!<br />
Vom Wall doch ruft’s: Bleibt nicht zurück!<br />
Nach durch den Riß – die Republik! –<br />
Bei’m Aufblitz unsrer Lunten!<br />
Die Republik, die Republik!<br />
Vive la République!</p>
<p>Die Republik, die Republik!<br />
Ja doch, ihr Vorhut-Streiter –<br />
Wir folgen euch! die Republik!<br />
Schon dröhnt von unserm Fuß die Brück’,<br />
Schon fassen wir die Leiter!<br />
Die Republik, die Republik!<br />
Vive la République!</p>
<p>Die Republik, die Republik!<br />
Wer redet von Entzweien?<br />
Was Völkerhaß! Die Republik!<br />
Als Freie, jochlos das Genick,<br />
So treten wir zu Freien!<br />
Die Republik, die Republik!<br />
Vive la République!</p>
<p>Von heute an – die Republik! –<br />
Zwei Läger nur auf Erden:<br />
Die Freien mit dem kühnen Blick,<br />
Die Sklaven, um den Hals den Strick!<br />
Sei’s! mag’s entschieden werden!<br />
Die Republik, die Republik!<br />
Vive la République!</p>
<p>Sonst aber – hoch die Republik! –<br />
Kein Kriegen mehr und Spalten!<br />
Nur fester Bund zu Lieb’ und Glück!<br />
Nur Bruderschaft – die Republik! –<br />
Und menschlich schön Entfalten!<br />
Die Republik, die Republik!<br />
Vive la République!</p>
<p>Die Republik, die Republik!<br />
Wohlan denn, Rhein und Elbe!<br />
Donau, wohlan – die Republik!<br />
Die Stirnen hoch, hoch das Genick!<br />
Eu’r Feldgeschrei dasselbe:<br />
Die Republik, die Republik!<br />
Vive la République!</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/ferdinand-freiligrath" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Ferdinand Freiligrath</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1849</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/ferdinand-freiligrath/die-republik" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Die Republik!" class="rdf-meta element-hidden"></span>Fri, 20 Nov 2015 23:00:01 +0000akessler1384 at https://www.textarchiv.comEin Lied vom Tode
https://www.textarchiv.com/ferdinand-freiligrath/ein-lied-vom-tode
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Auf den Hügeln steht er im Morgenroth,<br />
Das gezückte Schwert in der sehn’gen Hand.<br />
„Wer ich bin? ich bin der Befreiertod!<br />
Bin der Tod für die Menschheit, das Vaterland!<br />
Nicht der Leisetreter am Krankenpfühl,<br />
Der den Greis und das Kind auf die Bahre legt –<br />
Nein, der eiserne Stürmer im Kampfgewühl,<br />
Der den Mann und den trotzigen Jüngling erschlägt!</p>
<p>Unter’m blauen lustigen Himmelszelt,<br />
Da durchflieg’ ich, da licht’ ich die jauchzenden Reih’n;<br />
Da werf’ ich sie hin auf das Ackerfeld,<br />
Auf die Blumenflur, auf den Pflasterstein!<br />
O, wie stirbt es sich schön in der Kraft, im Zorn:<br />
Sie liegen, emporgewandt den Blick;<br />
Sie liegen, die Todeswunde vorn<br />
Und das bleiche blutige Haupt im Genick!</p>
<p>So lagen die Tapfern an Wien und Spree;<br />
So lagen die Turner am Eiderfluß;<br />
So lagen auf jener Schwarzwaldhöh’<br />
Die Freistaatmänner, gefällt vom Schuß.<br />
So liegen und lagen sie hundertweis,<br />
Die der März gefordert und der April;<br />
So findet sie liegen die Rose des Mai’s,<br />
Daß ihr Grab sie bekränze freundlich und still!</p>
<p>Die Rose des Mai’s! – Ja, was bringt der Mai?<br />
Ich will es euch sagen: Hieb und Stich!<br />
Ich will es euch sagen: Trompetenschrei,<br />
Knatternde Salven und abermals mich!<br />
Denn ihr sollt euch gründlich und ganz befrein,<br />
Und das leuchtende Gold, das die Fahn’ euch schmückt<br />
Sei die Tresse nicht bloß, die des Lakain,<br />
Die des Kammerdieners Livree bestickt!</p>
<p>Ja, ihr habt, was ihr thatet, nur halb gethan! –<br />
Wer ist, der die Kugel hemmen darf?<br />
Sie roll’ und sie donn’re auf ihrer Bahn,<br />
Bis sie viermal alle Neune warf!<br />
Euch heißt „Rebell“ der entschiedne Mann,<br />
Der die volle Freiheit zu fordern wagt? –<br />
Ei, wie man so bald nur vergessen kann,<br />
Daß von Aufruhrs Gnaden zu Frankfurt man tagt!</p>
<p>„Demokratische Basis!“ die „breiteste“ gar!<br />
„Parlament“ und „Verfassung“, „Kaiser und Reich!“<br />
Von dem Allen ist nur das Eine klar:<br />
Einer „Basis“ bedürft ihr – ja wohl, für euch!<br />
Eines Stuhles, auf dem ihr behaglich sitzt;<br />
Eines „breitesten“, drauf ihr breit euch macht!<br />
Ihr wollt nur ein Jahr, das wie Dreißig blitzt –<br />
Ihr wollt kein Gewitter von Vierzig und acht!</p>
<p>Doch wir schreiben jetzt Acht und vierzig, ihr Herrn!<br />
Und das Wetter ist da, und ihr haltet’s nicht auf!<br />
Und wie ihr euch stellen mögt und sperr’n:<br />
Es nivellirt bis zu euch herauf!<br />
Wolken auf Wolken, und Strahl auf Strahl,<br />
Und der Donner kracht und das Echo gellt:<br />
Der Odem Gottes wieder einmal<br />
Reinigt die faul gewordene Welt!</p>
<p>Und der sendet auch mich! Ja, ich kam mit dem März,<br />
Schreite streng und ernst von Gefild zu Gefild,<br />
Reiße die Besten, die Kühnsten an’s Herz,<br />
Lasse sie fallen feurig und wild!<br />
Und so werd’ ich schreiten und tödten zumal,<br />
Bis die Sonne folgt auf das Morgenroth!<br />
O, du Weihelenz in Lust und in Qual –<br />
Vorwärts! ich bin der Befreiertod!“</p>
<p>London, 30. April 1848.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/ferdinand-freiligrath" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Ferdinand Freiligrath</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1849</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/ferdinand-freiligrath/ein-lied-vom-tode" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Ein Lied vom Tode" class="rdf-meta element-hidden"></span>Fri, 13 Nov 2015 23:00:01 +0000akessler1520 at https://www.textarchiv.comIm Hochland fiel der erste Schuß
https://www.textarchiv.com/ferdinand-freiligrath/im-hochland-fiel-der-erste-schuss
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Im Hochland fiel der erste Schuß –<br />
Im Hochland wider die Pfaffen!<br />
Da kam, die fallen wird und muß,<br />
Ja die Lawine kam in Schuß –<br />
Drei Länder in den Waffen!<br />
Schon kann die Schweiz vom Siegen ruhn:<br />
Das Urgebirg und die Nagelfluhn<br />
Zittern vor Lust bis zum Kerne!</p>
<p>Drauf ging der Tanz in Welschland los –<br />
Die Scyllen und Charybden,<br />
Vesuv und Aetna brachen los:<br />
Ausbruch auf Ausbruch, Stoß auf Stoß!<br />
– „Sehr bedenklich, Euer Liebden!“<br />
Also schallt ’s von Berlin nach Wien,<br />
Und von Wien zurück wieder nach Berlin –<br />
Sogar den Nickel graut es!</p>
<p>Und nun ist denn auch abermals<br />
Das Pflaster aufgerissen,<br />
Auf dem die Freiheit, nackten Stahls,<br />
Aus der lumpigen Pracht des Königssaals<br />
Zwei Könige schon geschmissen;<br />
Einen von ihnen gar geköpft –<br />
Und drauf du lang genug geschröpft<br />
Dein Volk, o Julikönig!</p>
<p>Anrückt die Linie: Schuß auf Schuß!<br />
Und immer frisch geladen!<br />
Doch dies ist ein Volk wie aus Eisenguß,<br />
Stülpen Karren um und Omnibus –<br />
Das sind die Barrikaden!<br />
Stolze opferfrohe Reihn,<br />
Singen sie, in der Hand den Stein:<br />
„Mourir pour la Patrie!“</p>
<p>Die Kugel pfeift, der Kiesel fliegt,<br />
In Lüften wallt die Fahne!<br />
Ein General am Boden liegt –<br />
Ça ira, ça ira, die Blouse siegt,<br />
O Vorstadt St. Antoine!<br />
Massen auf Massen! Keiner wankt –<br />
Schon hat der Guizot abgedankt,<br />
Bleich, zitternd mit den Lippen.</p>
<p>„Vive la Réforme! Le Système à bas!“<br />
O treffliche Gesellen!<br />
Der Birne Schütteltag ist da!<br />
Die halbe Linie, ça ira!<br />
Und Amiens sind Rebellen!<br />
Keine neue Kriegsmacht naht:<br />
Das Volk zerstörte Schien’ und Draht –<br />
Bahnzug und Telegraphen!</p>
<p>Was weiter wird: – noch harren wir!<br />
Doch wird’s die Freiheit werden!<br />
Die Freiheit dort, die Freiheit hier,<br />
Die Freiheit jetzt und für und für,<br />
Die Freiheit rings auf Erden!<br />
Im Hochland fiel der erste Schuß,<br />
Und die da niederdonnern muß,<br />
Die Lawine kam in’s Rollen!</p>
<p>Sie rollt – sie springt – o Lombardei,<br />
Bald fühlst auch du ihr Wälzen!<br />
Ungarn und Polen macht sie frei,<br />
Durch Deutschland dröhnen wird ihr Schrei,<br />
Und kein Bannstrahl kann sie schmelzen!<br />
Einzig in der Freiheit Wehn<br />
Mild und leis wird sie zergehn,<br />
Des alten Zorns Lawine!</p>
<p>Ja, fest am Zorne halten wir,<br />
Fest bis zu jener Frühe!<br />
Die Thräne springt in’s Auge mir,<br />
In meinem Herzen singt’s: „Mourir,<br />
Mourir pour la Patrie!“<br />
Glück auf, das ist ein glorreich Jahr,<br />
Das ist ein stolzer Februar –<br />
„Allons enfans“ – „Mourir, mourir,<br />
Mourir pour la Patrie!“</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/ferdinand-freiligrath" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Ferdinand Freiligrath</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1849</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/ferdinand-freiligrath/im-hochland-fiel-der-erste-schuss" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Im Hochland fiel der erste Schuß" class="rdf-meta element-hidden"></span>Fri, 02 Oct 2015 22:00:01 +0000akessler1383 at https://www.textarchiv.com