Lobgesang auf Maria
Ach wie lang hab ich schon begehrt,
Maria, dich zu loben!
Nicht zwar als wie du wirst verehrt,
Im hohen Himmel oben;
Dieß wär umsonst! Mein' arme Kunst
Würd an der Harfe hangen,
Und dieses Lied, so sehr sie glüht,
In tiefem Ton anfangen.
Demüthig sey von mir gegrüßt!
Nimm gnädig an dies Grüßen,
Von dir so viel der Gnaden fließt,
Als immer her kann fließen;
Der dich erwählt hat, und gewollt
An deinen Brüsten saugen,
So schön Er ist, so schön Du bist,
Er scheint dir aus den Augen.
Was in der Welt so mannigfalt
Ist zierlichs ausgeflossen,
Hat über ihre Wohlgestalt
Sich ringsum reich ergossen,
Des Himmels Kraft, der Erden Saft,
Den Durchglanz eingeboren,
Von dem empfing, den sie empfing,
Vom Sohn, den sie geboren.
Zwölf Stern' um ihr glorwürdig Haupt,
Als Krone, ringsum schweben,
Und jauchzen: Uns ist es erlaubt
Allein sie zu umgeben!
Sie triebe ab nicht Schwerdt, nicht Stab,
So fest thun sie verharren;
Sie ließen eh des Himmels Höh,
Als ihre Stelle fahren.
Denn ihre Freud' und Herzenslust,
Ist, dieß Gesicht anschauen,
Den Mund, den Gott so oft geküßt,
Die Augen und Augbraunen,
Die Liljenhänd' Lefzen vermengt
Mit Honig und mit Rosen,
Die süße Red, die von ihr geht,
Ist über all Liebkosen.
Dem Palmbaum ihre Länge gleicht,
Die Wange Turteltauben,
Und ihren süßen Brüsten weicht
Der Wein aus edlen Trauben;
Ganz Hiazinth, von keiner Sünd,
Noch groß, noch klein beladen,
Das Adams-Gift, das alle trifft,
Hat ihr nicht können schaden.
O Fürstentochter! o wie schön
Die Tritt sind, die du zählest!
Welch einen Festtag wird begehn,
Dem du dich einst vermählest!
Dein Bräutigam wird bei dem Lamm
Andern Gesang anstimmen,
Er wird in Freud und Süßigkeit
Ein Fisch im Meere schwimmen.
O daß noch von Siena viel
Der Bernhardini wären,
Die, deren einig End und Ziel
Ist diese Braut zu ehren,
Er schenkte ihr all sein Begier,
Lust, Hoffnung, Freud und Schmerzen,
Trug, wie ich sing', den liebsten Ring,
Den Diamant im Herzen.
Hintan mit dir du Erdgestalt,
Mit Milch und Blut gewaschen,
Die doch zulezt welk wird und alt,
Und dann zu Staub und Aschen;
Besonders die mit falscher Müh,
Sich Schönheit nur erdichtet,
Und uns ins Herz, in bitterm Scherz,
Den süßen Giftpfeil richtet.
Sag auch hiemit den Parzen ab,
Die mir bisher gesponnen,
Bei denen ich an meinem Grab
Verloren, nicht gewonnen.
Falsch und untreu sind alle drey
Heimlich mit mir umgangen;
An ihr Gespinnst, an ihre Kunst
Sollt ich mein Leben hangen?
Nein, wenn der Athem mir wird schwer,
Daß ichs nicht mehr kann leiden,
Soll mir den Faden nimmermehr
Derselben Ein' abschneiden;
Dein schöne Hand, dein milde Hand,
O Jungfrau auserkohren,
Schneid oder schon, straf oder lohn,
Sonst ist alles verloren.
Wenn mir geschwächt sind alle Sinn',
Und die Umstehenden sagen:
Jezt scheidet er, jezt ist er hin,
Der Puls hört auf zu schlagen!
Dein schöne Hand, dein milde Hand,
O Mutter meines Lebens,
Gleit über mich, erquicke mich,
Sonst ist es Alls vergebens.
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