Sylvester-Lied

Vorsänger.

Herzchen im Thurme:
Schlagende Uhr,
Klinge im Sturme
Durch die Natur;
Bring' uns die ferne
Sonne zurück,
Feurige Sterne
Ahnen dies Glück:
Himmlisch getragen
Bringst du das Jahr:
Zwölf hat's geschlagen
Deutlich und klar!

Chor.

Oeffnet die Fenster
Allem Geschrei,
Wolkengespenster
Zieht nun vorbei!
Was heut die sinkende
Sonne bedacht,
Zeigen schon blinkende
Sterne der Nacht,
Sind schon von wärmender
Sonne durchblickt,
Sind schon von schwärmender
Liebe entzückt.

Vorsänger.

Dreht sich das alte
Jahr nun zurück:
Daß sich erhalte
Aelteres Glück, –
Kommt nun das neue
Jahr in die Welt:
Daß sich zerstreue,
Was uns mißfällt, –
So ist gestaltet
Göttergeschick,
Treulich verwaltet
Alle dies Glück!

Chor.

Hände verschlinget,
Herzen vereint:
Was uns durchdringet
Festlich erscheint;
Wir, als die Wissenden,
Thun uns hier kund:
Schließen mit küssenden
Lippen den Mund,
Daß uns magnetische
Weihung durchglüht
Und das poetische
Neujahr erblüht.

Vorsänger.

Geistig beginnet,
Was sich erneu't,
Geistig gewinnet
Jeder die Zeit;
Tief im Gemüthe
Waltet die Kraft,
Daß sich die Blüthe
Hoffend erschafft;
Wünschet heut offen:
Was euch erfreut,
Sehet im Hoffen
Alles erneut.

Chor.

Immer im Dunkel
Kommt uns das Jahr,
Weines-Gefunkel
Machet es klar;
Bringt uns die klingenden
Gläser herbei!
Schließet die singenden
Kehlen aufs neu:
Sammelt die feurigen
Wünsche beim Glas,
Keiner der Eurigen
Beiße in's Gras!

Vorsänger.

Fröhliche Schwestern!
Trinkt auf die Zeit:
Eben war gestern,
Eben ist heut;
Herrliche Brüder!
Schenket euch ein:
Zeitengefieder
Rauschet beim Wein;
Hebt uns zum Tanze,
Dreht uns im Kreis,
Schwinget im Kranze,
Jüngling und Greis.

Chor.

Lasset uns schweben
Ueber die Welt,
Allem ergeben,
Was uns gefällt;
Wenn der geflügelte
Gott aus uns spricht,
Flieht das geklügelte
Faltengesicht,
Und im erheiternden
Hauche der Zeit
Ziehen die scheiternden
Schiffe noch weit!

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