Die Ruinen
»Ach, wie ungemein poetisch
Die Ruinen auf den Höh’n!«
Fräulein, Sie sind sehr ästhetisch;
Ja, Ruinen, die sind schön.
Und das Fräulein – drob geschmeichelt –
Fährt in der Ekstase fort,
Während sie den Bulldog streichelt,
»Wie poetisch ist es dort!«
»Grüner Wald, das ew’ge Leben,
Immer sprossend, immer jung,
Und der greise Stein daneben:
Träumende Erinnerung!«
»Epheu schlingt sich um die Blösse,
Will sie grün erhalten noch;
O du Bild zerfall’ner Grösse,
Wie poetisch bist du doch!«
Fräulein, Sie sind sehr ästhetisch;
Sie empfinden schön und wahr,
Und Sie sagen’s so pathetisch,
Dass es selber mir wird klar.
Ja, ich sehe: auf den Höhen
Sind nur noch Ruinen da!
Wo die alten Zwinger stehen,
Rauscht der Wald Hallelujah!
In die Burgen der Tyrannen
Drang der Geist zerstörend ein,
Trieb die Räuberbrut von dannen,
Warf hinunter Stein auf Stein.
Heil’ger Geist, du ein’ge Dreiheit,
Gott im Menschen, habe Dank!
Auf den Bergen schon ist Freiheit,
Herrscht im Thal auch noch der Zwang!
Heiser schreien dort dir Raben
Um den Schutt der Tyrannei:
Ihre Knochen sind begraben,
Und der Geist, der Geist ist frei!
Ja, mein Fräulein, gottvertrauend
Schau’ ich auf die stolzen Höh’n!
Hochpoetisch, herzerbauend
Sind Ruinen, – wunderschön!
Wunderschön die düst’ren Mienen
Durch das grüne Laubgewind’!
Doch das schönste an Ruinen
Ist, dass sie Ruinen sind!
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