Am Allerheiligentage
Selig sind im Geist die Armen,
Die zu ihres Nächsten Füßen
Gern an seinem Licht erwarmen
Und mit Dienerwort ihn grüßen,
Fremden Fehles sich erbarmen,
Fremden Glückes überfließen:
Ja, zu ihres Nächsten Füßen
Selig, selig sind die Armen.
Selig sind der Sanftmut Kinder,
Denen Zürnen wird zum Lächeln
Und der Milde Saat nicht minder
Sprießt aus Dorn und scharfen Hecheln,
Deren letztes Wort ein linder
Liebeshauch in Todesröcheln,
Wenn das Zucken wird zum Lächeln:
Selig sind der Sanftmut Kinder!
Selig sind die Trauer tragen
Und ihr Brod mit Tränen tränken,
Nur die eigne Sünde klagen
Und der fremden nicht gedenken,
An den eignen Busen schlagen,
Fremder Schuld die Blicke senken:
Die ihr Brod mit Tränen tränken,
Selig sind die Trauer tragen!
Selig wen der Durst ergriffen
Nach dem Rechten, nach dem Guten,
Mutig, ob auf morschen Schiffen,
Mutig steuernd nach den Fluten,
Sollte unter Strand und Riffen
Auch das Leben sich verbluten:
Nach dem Rechten, nach dem Guten,
Selig, wen der Durst ergriffen!
Die Barmherzigen sind selig,
So nur nach der Wunde sehen,
Nicht erpressend kalt und wählig,
Wie der Schaden mocht' entstehen,
Leise, schonend und allmählich
Lassen drin den Balsam gehen:
So nur nach der Wunde sehen,
Die Barmherzigen sind selig.
Überselig reine Herzen,
Unbefleckter Jungfraun Sinnen!
Denen Kindeslust das Scherzen,
Denen Himmelshauch das Minnen,
Die wie an Altares Kerzen
Zündeten ihr klar Beginnen:
Unbefleckter Jungfraun Sinnen,
Überselig reine Herzen!
Und des Friedens fromme Wächter
Selig, an den Schranken waltend,
Und der Einigkeit Verfechter
Hoch die weiße Fahne haltend,
Mild und fest gen den Verächter
Wie der Daun die Klinge spaltend:
Selig an den Schranken waltend,
Selig sind des Friedens Wächter!
Die um dich Verfolgung leiden,
Höchster Feldherr, deine Scharen
Selig, wenn sie alles meiden,
Um dein Banner sich zu wahren!
Mag es nie von ihnen scheiden
Nicht in Lust noch in Gefahren:
Selig, selig deine Scharen!
Selig, die Verfolgung leiden!
Und so muß ich selig nennen
Alle, denen fremd mein Treiben,
Muß indes die Wunden brennen,
Fremden Glückes Herold bleiben.
Wird denn nichts von dir mich trennen,
Wildes, saftlos morsches Treiben?
Muß ich selber mich zerreiben?
Wird mich keiner selig nennen?
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