Freitag
Zu denken in gestandnen Tagen
Der Sorge, die so treulich sann,
Der Liebe, die ihn einst getragen,
Wohl ziemt es jedem Ehrenmann.
Am Lehrer alt, am Schüler mild
Magst du nicht selten es gewahren;
Und sind sie beide grau von Haaren,
Um desto werter ist das Bild.
Zumeist dem Priester wird beschieden
Für frühe Treue dieser Lohn;
Nicht einsam ist des Alters Frieden,
Der Zögling bleibt sein lieber Sohn.
Ja was erstarrt im Lauf der Zeit,
Und wehrt dem Neuen einzudringen,
Des Herzens steife Flechsen schlingen
Sich fester um Vergangenheit.
So läßt ein wenig Putz gefallen
Sich heut der gute Pfarrer gern,
Das span'sche Rohr, die Silberschnallen,
Denn heute gehts zum jungen Herrn.
Der mag in reifen Jahren stehn,
Da ihn erwachsne Kinder ehren,
Allein das kann den Pfarr nicht stören,
Der ihn vorzeiten klein gesehn.
Still wandelnd durch des Parkes Linden,
In deren Schutz das Veilchen blüht,
Der Alte muß es freundlich finden,
Daß man so gern ihn freitags sieht;
Er weiß, dem Junker sind noch frisch
Die lieben längst entschwundnen Zeiten,
Und seines Lehrers schwache Seiten,
Ein Gläschen Wein, ein guter Fisch.
Schon tritt er in des Tores Halle;
Da, wie aus reifem Erbsenbeet
Der Spatzen Schar, so hinterm Walle
Hervor es flattert, lacht und kräht;
Der kleinen Junker wilde Schar,
Die still gelauscht im Mauerbogen,
Und nun den Pfarrer so betrogen,
So überrumpelt ganz und gar.
Das stürmt auf ihn von allen Seiten,
Das klammert überall sich an;
Fürwahr mühselig muß er schreiten
Der müde und geduld'ge Mann.
Jedoch er hat sie allzugern,
Die ihn so unbarmherzig plagen,
Und fast zuviel läßt er sie wagen,
Die junge Brut des jungen Herrn.
Wie dann des Hauses Wirt sich freute,
Der Mann mit früh ergrautem Haar,
Nicht wich von seines Lehrers Seite,
Und rückwärts ging um dreißig Jahr;
Wie er in alter Zeiten Bann
Nur flüsternd sprach nach Schüler Weise,
Man sieht es an und lächelt leise,
Doch mit Vergnügen sieht man's an.
Und später beim Spazierengehen
Die beiden hemmen oft den Schritt,
Nach jeder Blume muß man sehen,
Und manche Pflanze wandert mit.
Der eine ist des Amtes bar,
Nichts hat der andre zu regieren;
Sie gehn aufs neu' botanisieren,
Der Theolog' und sein Scholar.
Doch mit dem Abend naht das Scheiden,
Man schiebt es auf, doch kömmt's heran,
Die Kinder wollen's gar nicht leiden.
Am Fenster steht der Edelmann
Und spinnt noch lange, lange aus
Vielfarb'ger Bilder bunt Gezwirne;
Dann fährt er über seine Stirne,
Und atmet auf und ist zu Haus.
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