Des Freundes Besuch
Horch, horch, was reget sich an der Thür,
Was flüstert draußen so leise?
Mir ist’s, als rufe der Freund nach mir,
Mit zärtlicher bittender Weise.
Ach! still ist’s im Zimmer —
Wenn Lämpchenschimmer
Doch nur das Dunkel durchdränge!
Laß ab vom Gesuche,
Die späten Besuche
Verbot ja die Mutter so strenge.
Doch immer lauter und lauter schlägt
Er an die verschlossene Pforte,
Und immer weiter und weiter trägt
Der Schall die verrathenden Worte.
Ich zittre, ich glühe,
Ich bitte dich, fliehe, —
O fliehe von dannen behende!
Wie könnt’ ich es wagen,
Was sollt’ ich nur sagen,
Wenn hier noch die Mutter dich fände.
Doch noch ist’s so spät nicht und Mondenschein
Blickt her, die Nacht zu zerstreuen —
So komme denn, Lieber, so komm herein,
Und mache mich’s nicht bereuen.
Sey sittig und stille,
Es sey nur dein Wille,
Mit mir noch ein Weilchen zu plaudern.
Schon auf ist die Thüre —
So komm doch, verliere
Die Zeit nicht mit längerem Zaudern.
Wo bist du, Geliebter, wo bist du hin?
Hast du, was ich scherzend gesprochen,
Genommen etwa für ernsten Sinn,
Und hast dich entweichend gerochen?
Du sollst mir verweilen,
Ich will dich ereilen ,
Zurücke den Fliehenden bringen,
Ich will dich versöhnen
Mit zärtlichen Tönen,
Mein Kuß soll dein Zürnen bezwingen.
Du Loser, du Lieber, da bist du ja!
Wie hast du mich Arme geschrecket.
Ach! sicher warst du mir immer nah,
Warst nur zum Belauschen verstecket.
Ich bitte dich, schweige,
Schon fühl’ ich, es steige
Vor Schaam mir das Blut in die Wangen;
So komm denn in’s Zimmer,
Bey Mondenschimmer
Wird minder die Seele mir bangen.
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