Claudia

Durch grüne Auen wollt' ich mit dir schweifen,
Wärst du des süßen Maien frohes Kind,
Und wollte sinnreich nach den Blumen greifen,
Zu flechten dir ein zärtliches Gewind',
Wir Blüten werden all in Liebe reifen,
So spräch' der Kranz, weil wir dir ähnlich sind.
Doch keine Blume ist vor dir entsprungen,
Der ungeteilten Kraft bist du gelungen.

In leisem Schlummer träumend sinnt die Erde,
Wie sie die Junge Zeit erfreuen soll,
Da sieht sie dich, in züchtiger Geberde
Stehst du vor ihr so sinnend, liebevoll,
Und jungfräulich begrüßte Dich ihr Werde,
Der keine Blume noch am Busen schwoll.
Doch bald die Einsamkeit dir zu versüßen,
Läßt als Gespielen sie dich Veilchen grüßen.

So fehlen Blumen, Blume dich zu kränzen,
Die selbst des Jahres frühste Blume blüht,
Doch in des Lebens Garten ohne Grenzen,
In dem der Frühling ewig kehrt und flieht,
Seh' eine edle Blume fern ich glänzen,
Die bis zum Namen selbst dir ähnlich sieht,
Das Herrliche kehrt ewig zu dem Leben,
Und jeder Sommer muß uns Lilien geben.

Dich Römerin, Vestale seh' ich wieder,
Dich Claudia, die treu den Vater ehrt,
Keusch hüllt ein reiner Schleier dir die Glieder,
Die aller Liebe reine Flamme nährt.
Es priesen uns noch keines Sängers Lieder,
Den hohen Sinn, den uns dein Leben lehrt,
Bescheidne, zürne nicht, laß es gelingen,
Die Römerin will der Barbare singen.

Da Claudius, der Feldherr, siegreich kehrte,
Will er, als Sieger soll ihn Roma sehn,
Der in der eignen Tat den Römer ehrte,
Will im Triumphe auch die Tat erhöhn,
Doch ein Tribun, der tiefen Haß ihm nährte,
Will ungepriesen soll sein Werk vergehn:
Es läßt der Mächtige dem Sieger sagen,
Du sollst durch Rom nicht deine Lorbeern tragen.

Doch achtet, trotzend auf des Sieges Flügel,
Der Feldherr nicht des Richters ernsten Stab,
Im Heeresprunk grüßt er die sieben Hügel,
Von seines Wagens goldner Höh' herab,
Und tausendfach in heller Waffen Spiegel
Grünt ihm der Lorbeer, den der Sieg ihm gab,
Es lenket durch des Volkes laute Mitte,
Der Zug zum Kapitole hin die Schritte.

Da öffnet zweien sich des Volks Gedränge,
Erzürnt tritt der Tribun zum Sieger hin,
Ihn, dem er untersagt des Siegs Gepränge,
Will er gewaltsam von dem Wagen ziehn:
Auch Claudia dringt durch der Bürger Menge,
Zu ihrem Vater und umfasset ihn.
Besiegt muß der Tribun zum Volke kehren,
Den sie berührte, muß er zürnend ehren.

Die Jungfrau gab dem Sieger das Geleite,
Der mit dem Adler nun die Taube trug,
So stand sie schüchtern an des Vaters Seite,
Und um die Tochter er den Purpur schlug,
In schönerm Sieg trug sie aus schönerm Streite,
Zum Capitole hin der laute Zug:
So Heldenmut und Schönheit sich gesellten,
Es triumphiert die Holde mit dem Helden.

Wer auf der Erde gleich den Göttern handelt,
Dem öffnet sich der hohen Götter Kreis,
Auf Erden sind sie menschlich einst gewandelt,
Und waren edel, sinnbegabt, und weis',
Zu Göttern hat der Glaube sie verwandelt,
Denn Göttlichkeit ist aller Schönheit Preis,
So wollte Rhea gern, da du gebeten,
In deiner Heimat Götter Mitte treten.

Zu Schiffe auf der gelben Tiber Wogen
Führt man Cybelens Bild von Pessinunt,
Schon nahet sich des Segels voller Bogen,
Der Göttin Ankunft eilt von Mund zu Mund,
Sie zu empfangen kommt das Volk gezogen,
Doch plötzlich faßt den Kiel des Flusses Grund,
Und wie sich auch der Schiffer Arme regen,
Fest ruht das Schiff, und läßt sich nicht bewegen.

Da flehet knieend Claudia am Strande,
Der hohen Götter gute Mutter an,
Löst dann den keuschen Gürtel vom Gewande,
Und zu dem Schiffe führet sie der Kahn,
Den Gürtel knüpft sie an des Kieles Rande,
Und gütig folgt Cybele ihrer Bahn.
Stumm sieht das Volk sie durch die Wellen gleiten
Von Reinen lassen Götter gern sich leiten.

So in des Vaterlandes großer Sitte
Lebt Claudia die Römerin auch groß,
Nun teilst du, Claudia, in unsrer Mitte,
Ein frommes treues Kind des Vaters Los.
Was göttlich noch auf Erden, folgt dem Schritte
Der Jungfrau gern noch in des Hauses Schoß.
Strebt Ihr zu gleichen, der wir uns verbanden,
Ich liebe Sie, die früher ich verstanden.

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