An den Leutnant F. H. S.
Bewahrt dein Heimlichsein dir noch das Bild
Des hellen Stromes mit den lockern Booten?
In Stunden, die verworren sind und wild,
Begraben wir den Lenz wie einen Toten.
Zu keiner Rückkehr altem Übermut
Ist dein wie mein Herz einmal noch bereitet,
Es überkam uns früh die große Flut
Mit der, die unser Leben nun begleitet:
Der ewigen Not, die unser Einstmal schlug,
Frohlockend, unsre Blumen auszujäten . .
Und siehst du den gespensterhaften Flug
Der Wolken in den grausen Nebel-Städten?
Die Tage, die von Vogelsang durchschwirrten,
Sind nun von tobenderem Klang verdrängt,
Und unser Dasein -- Dasein wie von Hirten --
Ward auch in frühem Massengrab versenkt.
Wir horchen ängstlich, was der Wind uns raune,
Der zwischen uns die großen Felder trifft:
Ist es des Ares niemals satte Laune?
Steht in den Sternen es in ewiger Schrift?
In Leichtsinn und in Schwermut den Genossen
Sah ich in dir, da du mir nie entflohst,
Nun steigt aus Monden, sind sie auch verflossen,
Dankbar Gedenken uns zu schlichtem Trost.
Ich kam von Trennung zu dem Erdenlicht:
Zuerst bedürfend noch heilsamer Pflegung,
Ward mir ein Helfer manches Angesicht,
Und Balsam manche freiere Bewegung.
Und wie ich schnell sodann bei euch genas,
Ward ich euch bald zu einer schönen Freude,
Und unsrer Freundschaft angenehmes Maß
Erbaute sich ein reinliches Gebäude.
Dann kam die Zeit aus Spielen, Üben, Scherzen,
Da selten nur ein Trübsinn Einlaß fand.
Und fast unmerklich reiften unsre Herzen
Zu innigem und zärtlichem Verband.
Laß mich die Hecken nennen und die Plätze,
Natur, die willig angetragen ward . .
Und wie wir sannen, was uns leicht ergetze,
Gefährten wir von kaum gewußter Fahrt . .
Die Straßen, sich mit Dämmerung bekleidend,
Den Mittag, der auf grünem Lande schlief,
Die Blumen, ein' die andre nicht beneidend,
Die Sonne, die uns strahlte rein und tief,
Und manche Pfade, die in klarer Biegung
Durch Fruchtbarkeiten führten in das Tal,
Wenn vor der abenddunkelen Besiegung
Der Berg erglänzte noch ein letztes Mal.
So war der Lenz, ewigen Glaubens Spender,
Selber so ewig nicht wie er gelind:
Der heitren Jugend kam der rauhe Wender,
Und unsrer Wiesen Herrscher ward der Wind.
Doch glauben wir, getreu dem ernsten Bunde,
Die Kraft von stillem und erhabnem Lied
Und preisen in der nun erhaltnen Wunde
Die Einfachheit des Opfers, das geschieht.
Denn nicht im Feuer und im Wolkenbruche,
Nicht in der Schlachten blutigem Gezerr:
Es lebet Gott in einem schlichten Spruche,
In sanftem Wehen ist der Herr.
Wir singen nicht die rasende Trompete,
Wir nicht Verwirrung und das Schlachtgeschrei,
Gesammelt zu betätigtem Gebete
Der Geist des Volkes heil und heilig sei,
Nicht Schwärme hassend, die er nicht gekannt,
Nicht Stürzende von unerklärten Tiefen,
Nicht Herzen, von der großen Not verbrannt,
Die früher in verlorener Kindheit schliefen.
Doch folgt voll Willen eine jede Schar
Dem Ruf um seinen Schutz und seine Wehr
Zum Opfer für das Land, das sie gebar:
Das mütterliche Deutschland um sie her.
Ja, Deutschland, deiner Not und deiner Feier
Sei diese Klage, dieser Sang erbaut,
Und deines Dichters schmerz-bewegte Leier
Berühre sich mit heimlicherem Laut.
Nicht deine Landschaft grüßen wir, die schöne,
Zur mächtigen Stund', die das Gewicht verschob,
Auch nicht die Kindertreue deiner Söhne,
Sie klinge nicht aus dieses Liedes Lob.
Wir singen heut nicht Liebe deiner Hänge,
Der Plane, Wälder nicht und nicht der Lauben,
Schlug auch der Schmerz Erleben und Gesänge:
Wir wissen deine Hoffnung, deinen Glauben.
O Freund, ich sehe dich in ferner Stadt
Die Seele ernsthaft meinen Versen leihen.
Erinnerung an zartes grünes Blatt
Im Sonnenschein steigt auf aus meinen Reihen.
Was wir verloren haben, ist bestattet,
Nach kurzem Glück der Erde heimgegeben.
Wir werden solchen Frühling, bald verschattet,
Nie wieder auf der weiten Welt erleben.
Denn niemals wird der Winter uns verjähren,
Der so uns traf in unseren Jugend-Lenzen.
Oder gedeiht uns doch in hohen Sphären
Noch Rückkehr zu den ewigen Reigen-Tänzen?
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