Minnelied
Wonne! Seht das Mailicht scheinen,
Scheinen über alles Land!
Hört das Zwitschern in den Hainen,
Die man ehe traurig fand.
Lag nicht ringsum todt die Heide?
Nun ist ringsum Augenweide!
Heut ist mein liebster Maientag.
Heute kommt die Langentbehrte
Zu dem Murmelquell im Thal.
O! die holde Liebenswerthe
Ist wie heitrer Sonnenstrahl.
Der beflimmert alle Reiche;
Also thät die Engelgleiche:
Mein junges Herz durchstrahlte sie.
Wohl ihr! Wohl dem hehren Weibe,
Das so frei von Falschheit lebt,
Züchtig, wie des Mondes Scheibe
Unter Sternenchören schwebt.
Diesem wahrlich! gleicht die Reine;
Ewig wandeln im Vereine
Die Tugenden all all mit ihr,
O! Geböte, die ich meyne,
Hundert Sklavendienste mir,
Tausend – ich versagte keine.
Reichen Lohn weiß ich dafür.
Endlich darf ich von der Guten
Minnelohn und Gnade muthen;
Sie küsse dann den Brautkuß mir.
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