Die öffentliche Meinung

Du Zwitterwesen mit dem Januskopfe,
Bald unbestechlich, edel, keusch und zart;
Bald ähnelnd dem vertierten, blöden Tropfe,
Der nimmer ahnt, wie Geist sich offenbart!

Heut bist ein Riese du, der falscher Grösse
Das Schwert zerbricht und Brünne, Schild und Helm;
Und morgen liegst in krüppelhafter Blösse
Schweifwedelnd du im Staub vor einem Schelm.

Du bist ein Herrscher, wunderbar geboren,
Und unsichtbar regierst du Stadt und Land;
Noch selten hast du eine Schlacht verloren,
Und deine Feinde haben harten Stand.
Und doch ein Feigling bist du, der den Schwindel,
Der frech sich spreizt, nicht anzutasten wagt!
Wenn dich, den Fetischdiener, das Gesindel
Nur keck bedroht, so duckst du dich verzagt.

Hier gehst du blind vorbei dem scharfen Denker,
Dein Fussfall dort der feilen Dirne gilt;
Heut hebst den Helden du und Schlachtenlenker,
Und morgen einen Affen auf den Schild.

Querköpfiges Scheusal! deinem Lob und Tadel
Trotz’ ich, und spotte deines Regiments! –
So deklamierte voll Gesinnungsadel
Der neue Kandidat des Parlaments.

Drauf ging er hin und streute der Vereinung
Der Wähler aus sein Kompromiss-Konfekt;
Und am Altar der öffentlichen Meinung
Geopfert lag des Braven Intellekt.

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