Abdul

Der mächtige Schach Abdul saß
Auf Cores Thron, als in dem Reiche
Das Feuer einer faulen Seuche
Das Volk bey Miriaden fraß.
Der Heilkunst emsigstes Bestreben
Erhielt nicht eines Kranken Leben:
Sie welkten alle wie das Gras.
Um dieses Ungemach zu heben,
Lud einst der Schach den Divan vor.
Allein man schwieg zu seinen Fragen.
Der Mufti kratzte sich das Ohr:
Der Kanzler glaubte viel zu sagen,
Und sagte nichts. Zuletzt ward auch
Der Arzt gefragt: wir wissens alle,
Sprach er mit vorgestrecktem Bauch,
Der Sitz des Uebels ist die Galle:
Die zeugt die Krankheit und den Tod;
Doch wer kann die Natur beschwören? –
Freund, damit hat es keine Noth,
Rief der Monarch, du sollst es hören.
Sogleich erscheinet ein Mandat,
Daß jedem Herrn und jedem Sklaven,
Bey martervollen Lebensstrafen,
Ein Kind, das eine Galle hat,
Zu zeugen, förmlich untersagte. –
Ihr Abdul war ein wildes Thier,
Ein Satan, den die Mordlust plagte!
So fiel mir unser Pfarrer hier
Ergrimmt ins Wort. Ich mußte lachen:
Dem guten Mann kam nicht in Sinn,
Daß er und sein Sankt Augustin
Den lieben Gott zum Abdul machen.

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