Hermann Löns

Hermann Löns

28.08.1866 - 26.09.1914

Deutscher Journalist und Schriftsteller

Hermann Löns (* 29. August 1866 in Culm bei Bromberg in Westpreußen; † 26. September 1914 bei Loivre in der Nähe von Reims, Frankreich) war ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Schon zu Lebzeiten ist Löns, dessen Landschaftsideal die Heide war, als Jäger, Natur- und Heimatdichter sowie als Naturforscher und -schützer zum Mythos geworden.

Leben

Hermann Löns wurde als erstes von 14 Kindern geboren. Seine Eltern waren der aus Westfalen stammende Gymnasiallehrer Friedrich Löns und Clara Löns, geb. Cramer. Eines der Geschwister ist der Hundezüchter Edmund Löns. Als Hermann ein Jahr alt war, wurde der Vater nach Deutsch Krone versetzt. Dieser Ort liegt am südlichen Ausläufer des riesigen Wald- und Heidegebietes „Tucheler Heide“. Dort wurde Hermann eingeschult und besuchte das Gymnasium. 1884 wurde der Vater nach Münster (Westfalen) versetzt, wo Hermann Löns nach weiterem Schulbesuch 1887 das Abitur am Gymnasium Paulinum ablegte. Danach begann er ein Studium der Medizin an der Universität Greifswald. Dort war er Mitglied der schlagenden Studentenverbindung Turnerschaft Cimbria. Da Löns die Studiengebühren nicht aufbringen konnte, wechselte er 1888 nach Göttingen, wo er der Landsmannschaft Verdensia angehörte. 1889 kehrte er auf Wunsch seines Vaters nach Münster zurück, wo er sich in Mathematik und Naturwissenschaften einschrieb. Er verfolgte wissenschaftliche Interessen als Weichtierkundler (Malakologe).

1889 lernte Löns in Münster (Westfalen) die Kellnerin Elisabeth Erbeck (1864–1922) kennen, mit der er 1893 die Ehe einging. Nach fünf Fehlgeburten seiner Ehefrau ließ er sich 1901 von ihr scheiden. Zum Scheitern der Ehe sollen auch Löns' Alkoholexzesse beigetragen haben. 1902 heiratete er in Hannover seine Arbeitskollegin Lisa Hausmann (1871–1955). In ihr fand er eine intellektuell ebenbürtige und selbstbewusste Partnerin, die als Frauenrechtlerin galt. Durch die Heirat bekam Löns Zugang zu höheren Gesellschaftskreisen, denn der Vater seiner Ehefrau, Gustav Hausmann, war ein bekannter Maler in Hannover mit Kontakten zur Künstlerwelt. 1906 ging aus der Ehe ein Sohn, der geistig und körperlich behinderte Dettmer (* 15. Juni 1906; † 1. März 1968), hervor. 1909 verliebte sich Löns in Hanna Fuess, eine 20 Jahre jüngere Cousine seiner Ehefrau. Seinen Vorschlag einer Ménage à trois mit Ehefrau und Geliebter schlugen die Frauen aus. Als Löns 1911 nach Streitigkeiten von seiner Frau verlassen wurde, verweigerte er trotzig Alimentezahlungen. Stattdessen setzte er sich ab und irrte über ein Jahr durch Europa mit Stationen in Berlin, Davos, Innsbruck, Wien, Zürich, Wiesbaden, Münster und Wesel. 1912 kehrte er nach Hannover zurück, um mit der 24 Jahre jüngeren Ernestine Sassenberg (1890–1970) zusammenzuleben. Offiziell war sie seine Haushälterin, wurde aber praktisch zu seiner Lebensgefährtin. Ernestine Sassenberg war bereits in Bückeburg als 17-Jährige bei der Familie Löns als Kindermädchen angestellt.

Berufsleben

Sein Studium gab Löns 1890 vorzeitig auf, was vermutlich auch auf seinen exzessiven Alkoholkonsum zurückzuführen war. Beides führte zum Bruch mit seinen Eltern. 1891 wurde er bei der Zeitung „Pfälzische Presse“ in Kaiserslautern eingestellt, aber bereits ein Jahr später wegen Alkoholneigung und Unpünktlichkeit entlassen. Eine weitere kurze Station war eine Zeitung in Gera.

1892 ging er nach Hannover, wo ein Jahr später seine Karriere als Journalist bei einer Tageszeitung begann. Zunächst arbeitete er beim neu gegründeten „Hannoverschen Anzeiger“ (Vorläufer der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung) des Verlegers August Madsack. Löns entwickelte sich zum leidenschaftlichen und fähigen Journalisten, der sich vom freien Mitarbeiter zum Chefredakteur hocharbeitete. Allerdings war ihm der Journalistenberuf nur Broterwerb, während ihm die Nebentätigkeit der Schriftstellerei Herzenssache war.

Große Popularität als Zeitungsschreiber erlangte er in Hannover durch seine satirische Lokalplauderei unter dem Pseudonym Fritz von der Leine. 1902 und 1904 wechselte er zweimal zu weiteren Tageszeitungen in Hannover. In dieser Zeit wurde er als erfolgreicher Journalist, Buchautor, Dichter sowie als Naturliebhaber und Heidedichter bekannt. Er genoss breite Anerkennung und verkehrte in angesehenen gesellschaftlichen Kreisen, galt aber wegen seiner weißen Anzüge als Dandy. Von Hannover aus unternahm Löns ab 1893 erstmals Fahrten in die Lüneburger Heide. Um 1900 begann er Gedichte zu schreiben, von denen viele vertont wurden, zur Zeit der Jugendbewegung u. a. von Fritz Jöde, in neuerer Zeit von Knut Kiesewetter und Fiede Kay.

1906 ging Löns nach Bückeburg, wo er als Chefredakteur der Schaumburg-Lippischen Landes-Zeitung arbeitete. Er wollte die hektische Großstadt Hannover verlassen und erhoffte sich in der Provinz mehr Zeit und Ruhe für seine Romanprojekte, was sich als Irrtum herausstellte. In Bückeburg geriet der temperamentvolle Dichter mit den auf das höfische Leben des Fürstentums Schaumburg-Lippe ausgerichteten Vorgaben für seine Arbeit in Konflikt. Er verbrachte einen großen Teil seiner Zeit in der Gaststätte „Zur Falle“ beim Redigieren seiner Manuskripte. Das Gebäude ist noch heute eine Traditionsgaststätte und war früher eine Bank. Das Bankhaus Heyne wurde in den Jahren ab 1799 vom Großvater Heinrich Heines betrieben. Löns schied im Groll aus Bückeburg und verfasste die bissige Satire Duodez, in der er am Beispiel Schaumburg-Lippes über die Kleinstaaterei in Deutschland spottete.

Nach seinem Scheitern in Bückeburg und einer Kündigung 1909 kehrte Löns wieder nach Hannover zurück, wo er ab diesem Zeitpunkt als freier Schriftsteller arbeitete. In den 1910er Jahren verfasste er verschiedene Kurzgeschichten und Erzählungen. Einige seiner bedeutenden Werke verfasste er rauschartig in kürzester Zeit. In einem Schreibwahn schloss er sich in seinem Zimmer ein und arbeitete tage- und nächtelang. Das in Kombination mit seinem Alkoholkonsum führte später zu einem Nervenzusammenbruch und von Mitte Januar 1910 bis Mitte März 1910 zu einem Sanatoriumsaufenthalt in Bad Zwischenahn.

Kriegsfreiwilliger

Kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 meldete sich Löns als Kriegsfreiwilliger. Nur durch Beziehungen gelang es ihm, als Soldat angenommen zu werden, denn er hatte keinen Militärdienst abgeleistet, befand sich in schlechtem gesundheitlichem Zustand und war bereits 48 Jahre alt. Löns kam als Infanterist zum Füsilier-Regiment „General-Feldmarschall Prinz Albrecht von Preußen“ (Hannoversches) Nr. 73. aus Hannover, dem später auch der Schriftsteller Ernst Jünger als Leutnant angehörte. Löns' Beweggründe für die Kriegsteilnahme sind nicht bekannt; zu vermuten sind Patriotismus oder private Gründe. Am 24. August 1914 beginnt für Löns die militärische Ausbildung in der Infanteriekaserne in Hannover am Waterlooplatz, heute Sitz der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mitte.

Er wollte direkt an die Front und lehnte den ihm angebotenen Dienst als Kriegsberichterstatter in den rückwärtigen Linien beim Stab ab. Bereits am 2. September 1914, als aus Frankreich eine Ersatzkompanie angefordert wurde, marschierte Löns mit 600 Soldaten von der Kaserne zum Bahnhof Möhringsberg. Am Abend des 7. September überquerte er mit dem 73. Füsilier-Regiment die französische Grenze und erreichte die Gemeinde Anor. Sein Kriegstagebuch wurde erst 1986 zufällig in einem amerikanischen Archiv gefunden. In den stichwortartigen Notizen beschrieb Löns die Grausamkeit des Kriegs und verband diese mit lebhaften Naturbeobachtungen aus dem Schützengraben. Am 15. September notiert er im Tagebuch:

„Überall Feuer, nah und fern. Turteltaube schwingt sich in Baum am Weg, da Granaten sie aus dem Wald verjagt.“

Die verlustreiche Marneschlacht hatte gerade zwei Wochen vor dem Eintreffen von Löns an der Front stattgefunden. Nach knapp einem Monat Kriegsdienst, am 26. September 1914 gegen 5:30 Uhr fiel Löns, vermutlich durch Herzschuss, bei einem Sturmangriff gegen französische Truppen bei der Zuckerfabrik von Loivre im Département Marne, etwa 10 km nördlich von Reims. Erst in der Nacht vom 1. Oktober auf den 2. Oktober 1914 konnte Löns während einer Kampfpause in einem Einzelgrab bestattet werden.

Begräbnisse in Frankreich

Über den Verbleib der sterblichen Überreste von Löns gibt es unterschiedliche Darstellungen. Im Stellungskrieg des Ersten Weltkriegs wurden Gefallene wegen des feindlichen Feuers oft nur notdürftig in Granattrichtern verscharrt. Das war auch bei Löns nach Aussagen seiner Kameraden der Fall. Fünf Tage nach seinem Tod erledigte dies ein Begräbniskommando in dem zum Niemandsland gewordenen Gebiet. Der Kompaniechef fertigte eine Skizze von Löns' ungefährer Grabstelle an und versandte sie an Freunde des Schriftstellers. 1918 wurde ein deutsches Kommando zur Suche nach dem Löns-Grab in die Gegend geschickt. Anhand der Lageskizze errichtete es ein Kreuz mit einer Widmung für Löns – ob es die richtige Grabstelle war, blieb fraglich. 1919 wurden die Gebeine an dem mittlerweile umgestürzten Kreuz ausgegraben und in einem nahe gelegenen Militärfriedhof beigesetzt. In den 1920er Jahren wurden die Überreste in ein Massengrab eines Soldatenfriedhofs in Loivre umgebettet.

Einer anderen Darstellung zufolge wurden die sterblichen Überreste von Löns erst im Januar 1933 von einem Bauern beim Pflügen auf einem Acker bei Loivre gefunden. Die Gebeine wurden sofort in einem Einzelgrab in Loivre bestattet. Beim Skelett fand sich eine Erkennungsmarke, die erst 1934 in Berlin als die von Löns identifiziert wurde. Kritischen Meinungen zufolge gab es auch hier Unstimmigkeiten, da die Marke nicht einwandfrei Löns zugeordnet werden konnte.

Begräbnisse in Deutschland

Nach der (angeblichen) Identifizierung der Erkennungsmarke von Löns 1934 wurden die 1933 in Loivre in einem Einzelgrab bestatteten Gebeine auf Anordnung Hitlers unverzüglich in Frankreich exhumiert und nach Deutschland überführt. Dabei war nicht sicher geklärt, ob diese sterblichen Überreste wirklich die von Hermann Löns waren. Eine (gerichts-) medizinische Untersuchung (z. B. des Zahnstatus) durch Ärzte, die Löns behandelt hatten, wurde nicht durchgeführt.

Die Bestattung des Dichters sollte wegen seines Bezuges zur Lüneburger Heide in diesem Gebiet stattfinden. Das bereitete erhebliche Schwierigkeiten bei der Suche nach einem geeigneten Platz. Das ursprünglich bei den Sieben Steinhäusern geplante Begräbnis kam nicht infrage, da nach damals noch geheim gehaltenen Plänen dort der Truppenübungsplatz Bergen eingerichtet werden sollte. Ein Grab am Wilseder Berg wurde aus Naturschutzgründen abgelehnt, da es sich zu einem stark besuchten Pilgerort entwickelt hätte. Die Löns-Witwe Lisa drohte an, die Gebeine vor dem Hauptbahnhof Hannover auszustellen mit dem Schild: „Wir wollten Hermann Löns in der Heide beisetzen, aber es findet sich dort kein Platz für ihn.“ Mit der Angelegenheit „Löns-Bestattung“ waren neben örtlichen Verwaltungseinrichtungen auch höhere Parteistellen der NSDAP und höchste Vertreter des NS-Regimes befasst, z. B. Hermann Göring, Rudolf Heß, Joseph Goebbels, Reichswehrminister Werner von Blomberg und sogar Adolf Hitler.

Wegen der ungeklärten und peinlichen Angelegenheit des Beisetzungsortes entführten SA-Angehörige den Sarg 1934 in einer Nacht- und Nebelaktion aus der Friedhofskapelle in Fallingbostel und beerdigten ihn an der Straße Soltau-Hamburg an einer Wacholder-Baumgruppe beim Ort Barrl auf einem Privatgrundstück von Gauleiter Telschow. Die mit der SA rivalisierende Reichswehr grub den Sarg rund ein Jahr später wieder aus und bestattete ihn in einer würdevollen Veranstaltung am 2. August 1935 bei Walsrode. Das Datum war bewusst gewählt, denn es war der Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs. Dem Lönsgrab beigegeben wurde eine Kupferhülle mit einem von Hitler unterzeichneten Dokument. Als Begräbnisort fand sich ein Heidegelände bei Walsrode, der Tietlinger Wacholderhain. Den Grund und Boden stellte der Landwirt und Lönsverehrer Wilhelm Asche zur Verfügung. Dort stand bereits ein Löns-Denkmal von 1929.

1962 erklärte der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, dass nicht absolut sicher sei, dass sich im heutigen Grab bei Walsrode die sterblichen Überreste von Hermann Löns befinden.

Heidedichter

Hermann Löns gilt als Heide-Dichter und Heimatschriftsteller. Er selbst war Stadtmensch und Intellektueller. Als Reaktion auf die aufkommende Verstädterung zu Beginn des industriellen Massenzeitalters hing sein Herz am kargen Sandboden der Heide und ihren Bauern. Er wohnte wochenlang in seiner Jagdhütte im Westenholzer Bruch. Von dort ging er auf die Pirsch in Wald, Heide und Moor und verfasste mehrere seiner Werke. Unter anderem In der Jagdbude aus Mein grünes Buch, oder Der Porst aus Mein buntes Buch. Viele Werke beinhalten Tier- und Jagdgeschichten sowie Landschaftsschilderungen. Seine Prosa ist von Natureindrücken geprägt. Dass die Jäger zu Hegern wurden, wird auf die Aktivitäten des passionierten Jägers Hermann Löns zurückgeführt. Seinen Schriften kann man entnehmen, dass ihm lebende Wildtiere wichtiger waren als die tote Jagdbeute. Löns setzte sich 1911 für die Gründung des Naturparks Lüneburger Heide ein, des ersten deutschen Naturparks.

Heute gründet sich der Fremdenverkehr in der Lüneburger Heide auch auf den Mythos Hermann Löns. Nach seinem Tod war Löns nicht vergessen: Seine Natur- und Tiergeschichten wurden gelesen, seine Lieder wurden gesungen, einige Gedichte auswendig gelernt, Jäger, Naturschützer und Wanderfreunde verehrten ihn. Er war ein früher Verfechter des Naturschutzes und war so Wegbereiter des heutigen Umweltschutzes.

Einzelne seiner Werke wurden auch für das Kino adaptiert. Der Heimatfilm „Rot ist die Liebe“ (1956) ist eine Verfilmung seines erfolgreichen Romans „Das zweite Gesicht“. Die Hauptfigur in dem melodramatischen Film, ein Poet und Schriftsteller, weist autobiographische Züge von Löns auf. In der Filmhandlung ist die Hauptfigur zwischen Ehefrau und früherer Freundin hin- und hergerissen und zieht sich in seine Hütte in der Heide zurück.

Der sehr populär gewordene Kinofilm „Grün ist die Heide“ (1951), ebenfalls aus dem Heimatfilmgenre, beruht auf Motiven von Hermann Löns. Weitere Verfilmungen unter diesem Titel, die auch in der Lüneburger Heide spielen, gab es 1932 und 1972. Besondere Bekanntheit erlangten seine vertonten Gedichte, die später als Heidelieder beinahe den Status von Volksliedern erlangten, so wie das Abendlied (Rose Marie) mit der Melodie von Fritz Jöde.

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