Nächtliche Wanderung
Der Mond kommt spät. Er glotzt mir tief
Durch’s Unterholz entgegen;
Sein Antlitz rot, verstört und schief,
Als käm’ er von Trunk und Schlägen.
Ich weiss, es wird durch diesen Grund
Bei Nacht nicht gern gegangen,
Seit sich der alte Vagabund
An jener Kiefer gehangen.
Dort steht sie zackig im fahlen Licht:
Ich meint’, ich wär’ schon weiter!
Sie sagen, man hätte den toten Wicht
Waldauswärts zum Begleiter;
Er ginge zur Seite, schlotternd und blau,
Just wie er sich gehangen;
Der Förster sagt’s und die Wurzelfrau!
– Ich wollt’, er käme gegangen!
Ich weiss nicht, ob er Rede steht
Auf eines Lebendigen Fragen:
Er sollte, so lange er mit mir geht,
Von seinen Fahrten mir sagen!
Was ihn für ein Paar in die Welt gesetzt,
Was er versucht’ und verübte,
Wer ihn verlockt, wer ihn gehetzt,
Und ob ihn je was liebte;
Von seinem guten und bösen Glück,
Von seinem Schweifen und Wandern
In diesem Leben, und nach dem Strick –
Gott gnad’ ihm! – noch im andern!
– Die Hunde bellen im Dorf fernab,
Die Nacht ist still und öde;
Die Toten schlafen ruhig im Grab,
Die Toten stehn nicht Rede.
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