Meine Nachbarin

Meine Nachbarin ist lange blind
Und hat nicht lang zu leben;
Ihre Tochter trägt ein ledig Kind,
Weiss nicht, wem Schuld zu geben.

Das katzebalgt nun Tag um Tag,
Und schimpft sich um die Wette;
Für Scheltwort Scheltwort, Schlag für Schlag –
Die reine Bettlermette.

Dazwischen wächst ein junges Blüh’n –
Man möcht’ es Sumpfdost heissen: –
Die Wangen rot, die Lippen glüh’n,
Die dunkeln Augen gleissen.

Noch fliesst ein Strahl des reinen Lichts
Um ihre helle Stirne –
Noch weiss sie nichts, noch ahnt sie nichts,
Und lacht schon wie die Dirne …

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