Klingelbeutel

Der Klingelbeutel klingelt im Kirchenstuhle:
Almosen den Hungerleidern in unsrer Schule!
Viel hundert Kinder hungern von Tag zu Tage,
Die »Presse« schreibt es, das Faktum ist außer Frage;
Barmherzig war der biedere Bürger von je,
Mit eurem goldenen Herzen, o stillt das Weh!

Den braven Bürger kitzelt's gütig und gruselt's,
In seinem faulen Hirne dämmert's und duselt's.
Am Hungertuche – kaum glaublich scheint die Geschichte –
Vorläufig gebe man ihnen Erbsengerichte!
Drei Deziliter! Hülsenfrüchte sind gut,
Fleischkost, ja, ja, verdickt und verdirbt das Blut.

Nun wird der Rahm der Humanität gebuttert,
Die armen Kinder privatwohltätig gefuttert:
Des echten Christen Wohltat muß sich verzinsen,
Drum opfern mild wir Erbsen, Bohnen und Linsen.
Der Fabrikant bekreuzt sich und denkt: Parbleu!
Helft, helft! Die industrielle Reservearmee!

Ich aber sage euch: Alles muß anders werden,
Ein groß Geräusch wird fahren über die Erden!
Aus allen Winkeln hör' ich es heimlich brausen,
Meine dunkle Seele durchzuckt ein leuchtend Grausen:
Der Klingelbeutel empörter Natur geht um,
Ihren Kreuzer die Dirne opfert und weinet stumm.

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